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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Besserwisser am Ende des G20-Gipfels

Ei ei, da haben wir sie alle wieder: die Besserwisser, die jetzt überall aus den Löchern kommen und sagen: „Seht, seht, ich habe es schon immer gewusst ….“. Und wenn man gerade mal in Rauflaune ist, dann ist der einzige Prominente schuld, der mit großer Wahrscheinlichkeit nicht an der Misere schuld ist: der Hamburger Bürgermeister. Ohne ansahen der Person, ohne Ansehen der Partei: Der war es ja wohl am allerwenigsten, den an den Pranger gehört.

Rücktrittsforderungen von ungewohnter Seite

Besonders interessant dazu ist eine Stellungnahme der „Gewerkschaft der Polizei“, die heute vom MDR verbreitet wurde, ausnahmsweise mal im Wortlaut:

Angesichts der schweren Ausschreitungen in Hamburg rund um den G20-Gipfel hat die Deutsche Polizeigewerkschaft dem Ersten Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) den Rücktritt nahegelegt. Vorsitzender Rainer Wendt (1) sagte: "Wenn Scholz keinen Plan hat, wie er linke Gewalt künftig verhindern will, muss er seinen Hut nehmen.“


Konnte irgendjemand ahnen, was geschehen würde?

Dem entgegen steht, dass sich gerade die Polizei zuvor nicht recht bewusst war, was in Hamburg auf sie zukommen würde. Und dazu wiederum ist zu sagen, dass vermutlich niemand ahnen konnte, mit welcher Vehemenz und Brutalität die Randalierer vorgehen würden. Hinterher ist man – wie bekannt – immer schlauer.

Flotte Sprüche von der FDP – was soll das?

Ins gleiche Horn stieß auch die FDP, deren Vize-Bundesvorsitzende und Hamburger Landeschefin Katja Suding flugs erklärte, das Sicherheitskonzept der Behörden sei vollkommen gescheitert – und im nächsten Atemzug den Bürgermeister dafür anprangert und nicht etwa die Einsatzleitung der Polizei. Und - es war nicht der Bürgermeister, Frau Suding, der Hamburg „weltweit blamiert und in Verruf gebracht“ hat – das ist so stark vereinfacht, dass man solche Sätze als FDP-Politikerin einfach nicht in den Mund nehmen sollte.

Die Hardliner der CDU wachen auf – und machen Wahlkampf

Ach ja, und dann wachen auch die Speerspitzen gegen Links in der CDU und der CSU wieder auf, die den Feind schon immer nicht rechts, sondern links vermuteten. Auch sie wissen jetzt mal wieder alles besser, was ich (wie auch die Einlassungen der FDP) mal als Wahlkampf ansehe.

Hamburg hatte den „Schwarzen Peter“ beim G20

Bleibt die Frage, ob es richtig war, den G20-Gipfel in Hamburg stattfinden zu lassen und nun den Scherbenhaufen auf die Hamburger Landesregierung und/oder auf die Polizei abzuschieben.

Und der friedliche Protest gegen den Gipfel selbst? War der etwa so sinnvoll, wie im Vorfeld behauptet wurde? Und gingen die vernünftigen Argumente nicht am Ende unter, wenn sie denn überhaupt gehört wurden?

Hamburger sollten jetzt zusammenstehen

Die Hamburger sollten jetzt zu ihrem Bürgermeister stehen und sich zusammenraufen – auch über die Parteigrenzen hinweg – um das Geschehen klug zu analysieren und nicht in der Öffentlichkeit herumzubolzen oder gar von einer „tiefen Spaltung“ der Hamburger Bürger zu sprechen.

(1) Falls Sie nicht wissen, wer Rainer Wendt ist: CDU/CSU-Mitglied ... den Rest sagt Ihnen Wikipedia.

Manager und Machterhalter – Teil zwei

Warum Manager Änderungen als Gefahren ansehen

Alles, was ich von Managern weiß, habe ich von Managern gelernt. Und dies wird sie schockieren: Eine gewisse geistige Beschränktheit ist oftmals nicht unbedingt von Nachteil – das hat mir ein sehr erfolgreicher Unternehmer verraten, der einmal über seien Ausbildung plauderte. Andere, so sagte er, hätten viel mehr Intelligenz besessen und eine große Vielfalt an Entwürfen vorlegen können – während er schon Schwierigkeiten gehabt habe, einen einzigen vorzustellen.
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Das ist nicht „im Prinzip falsch“, sonder im Grunde goldrichtig: Die ursprüngliche Idee muss durchgesetzt werden – und wenn sie richtig war, dann erblüht das Unternehmen. Noch vor Kurzem hat jemand ein Buch darüber geschrieben. Es heißt „The One Thing“ und sagt genau das: konzentriere dich auf ein Ziel, und führe deinen Plan konsequent durch.

Schwachstelle Vertrieb: Auch Luschen reklamieren Erfolge für sich

Schade nur, wenn der Weg in die Irre führt. Der Vertriebsmanager, der so handelt, und der weder Fantasie noch Kreativität sein Eigen nennt, ist nur solange erfolgreich, wie der ursprüngliche Plan standhält. In Krisen treibt er seine Mitarbeiter an, sie müssten „mehr desselben“ tun – und nicht etwa kreativer werden. Er tut dies, weil er selbst nicht imstande ist, kreativ zu denken. Der Unternehmer sollte sich vor allem dies vergegenwärtigen: Der Verkauf kann boomen, weil man einen so guten Verkaufsmanager hat, obwohl man einen so schlechten Verkaufmanager hat und sogar unabhängig davon, ob er gut oder schlecht ist.

Bei dem klugen Paul Watzlawick, der mit der Wirtschaft wenig am Hut hatte, könnten diese Manager etwas lernen: „Mehr desselben“ kann funktionieren, aber sollte es nicht zum Erfolg führen, ist „etwas anderes“ angesagt. Und letztlich gibt es Probleme (auch im Vertrieb), die unlösbar sind.

Änderungen werden meist als Gefahren angesehen

Nun weiß jeder (oder sollte es wissen), dass eine Krise immer dann droht, wenn sich ein Markt verändert – vor allem einer, den man für stabil hielt. So wie der Kameramarkt in den 1960er Jahren: Das Volk kaufte billige, qualitativ oft fragwürdige Kleinbildkameras mit Durchsicht-Sucher – doch wer wirklich fotografieren wollte, war auf der Suche nach einer Spiegelreflexkamera. Die hielt man rar und teuer, weil sie für einen Nischenmarkt gedacht waren, der dem Normalverdiener verschlossen blieb. Es gab weder nennenswerte technische Neuentwicklungen noch Ideen zur Preissenkung, und die Mehrheit der Fotohändler glaubte ohnehin, dass sich mit dem 35mm-Film keine hochwertigen Aufnahmen erzielen ließen. Und Wechselobjektive? Die waren unerschwinglich. Erst nachdem die Japaner den Markt aufmischten, eine Fülle von Patenten anmeldeten und zeigten, was japanische Feinmechanik und Optik zu leisten vermochte, wachte man auf – viel zu spät.

Damals waren es die deutschen Manager, die sich an die bekannte Devise hielten: „Änderungen müssen bekämpft werden“ – Parallelen zur Automobilindustrie der heutigen Zeit sind nicht von der Hand zu weisen. Aber – Änderungen setzten sich früher oder später durch. Man muss kein Ingenieur sein, um festzustellen, dass ein Elektromotor wesentlich einfacher zu entwickeln und zu produzieren ist als ein Dieselmotor mit Getriebe. Diese Fahrzeuge könnten also einmal sensationell billig angeboten werden, wenn sie denn in Massen produziert würden. Und so ein Fahrzeug fährt sich einfach himmlisch – solange man keine Überlandstrecken bewältigen muss.

Solange Manager denken: „Änderungen sind gefährlich für mich und meine Position“ – solange werden sie versuchen, Änderungen zu verhindern. Sie behindern damit nicht nur die Leistungsfähigkeit der Unternehmen, für die sie tätig sind, sondern schaden gegebenenfalls auch der deutschen Wirtschaft. Änderungen sind Chancen – das sollte eigentlich die Devise sein.

Die gefährlichste Änderung für Manager: Organisationsänderungen

Die größte Änderung aber ist nicht die Neuausrichtungen in der Technologie, der Produktion oder im Vertrieb – denn davon sind Manager bestenfalls betroffen, wenn sie zu Fehlentscheidungen neigen. Die für Manager gefährlichste Herausforderung sind Änderungen in der Organisation. Mehr als einmal hörte ich: „Diese Leute von der IT maßen sich an, meine Organisation zu zerstören“. Nein, das taten sie nicht. Sie deckten vielmehr die Schwachstellen auf, die ein effizientes Arbeiten verhinderten – und stellen damit die Manager bloß, die diese Schwachstellen niemals bemerkt hatten. Bottlenecks, mehrfache und ineffiziente Bearbeitung des gleichen Vorgangs, Informationsschwächen, Kompetenzgerangel und Kommunikationsmängel – all das wurde einfach übersehen.

Nun – ich bin längst raus aus diesem Geschäft. Aber ich fürchte, dass sich nicht viel geändert hat, solange unsere Manager Änderungen für Gefahren halten.

Gewalt-Demos schaden Hamburg und Deutschland

Das Demonstrationsrecht in Ehren – es muss verteidigt werden, denn es gehört zur Demokratie. Allerdings muss sich auch die Demokratie verteidigen. Denn die legale Staatsmacht nicht mehr anerkannt wird, kann niemand mehr in Frieden leben.

Hilfreiche, kontroverse Standpunkte sind bei Demos gefragt

Nun ist es sicherlich hilfreich, in Massen aufzutreten und zu sagen: „Hey, ihr 20 – Umweltschutz geht vor, egal, was ihr sonst noch glaubt.“ Und es ist erklärlich, dass der Erhalt sozialer Errungenschaften eingefordert wird.

Gegen den Kapitalismus zu sein ist billige Demagogie

„G20“ ist ein Reizwort für viele, insbesondere aber für jene, die vor allem „gegen den Kapitalismus“ sind. Auch das ist erlaubt, obgleich es nicht von Klugheit zeugt, denn vom Kapitalismus profitieren wir alle – sogar die Gegner. Ob dies „Die Linke“, die SPD oder die grüne Partei nun wahrhaben will oder nicht – es ist so.

Reden hilft mehr als zu demonstrieren

Doch „G20“ ist auch gut und sinnreich, denn man redet dort miteinander. Und reden ist immer noch besser als einander zu ignorieren oder zu hassen. Und insoweit leisten die Leute „drinnen“ ganz offenkundig mehr als die Leute, die lautstark demonstrieren. Kritische, kontroverse Gespräche zu führen ist – das dürfen Sie mir glauben – viel schwieriger als bei einer Demo mitzumarschieren.

Schaden für Hamburg und die Bundesrepublik Deutschland

Das Schlimmste aber ist: Selbst wenn die Anliegen der Demonstranten ehrlich und aus innerster Überzeugung vorgetragen wurden – sie hätten wissen müssen, dass sie die gewaltbereiten G20-Gegner anziehen. Und damit haben sie, ohne es vielleicht zu wollen, ihrer eigenen Sache geschadet. Die Bilder, die um die Welt gingen, schaden uns allen, vor allem aber haben sie dem Ansehen der Stadt Hamburg und dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland geschadet - möglicherweise sogar nachhaltig.

Zahlenspiele oder reale Erwerbsarmut?

Durch meine Tätigkeit im IT-Bereich und meine langjährigen Betrachtungen statistischer Daten bin ich skeptisch gegenüber Zahlenwerken – besonders dann, wenn sie vor Wahlen präsentiert werden.

Nun also hat die Hans-Böckler-Siftung, die den Gewerkschaften nahesteht, eine Studie veröffentlicht, in der auch Deutschland erwähnt wird – und zwar mit einem Anstieg der statistischen Erwerbsarmut um 100 Prozent, wenn man 2004 mit 2014 vergleicht. Verständlich, dass die Böckler-Stifttung dabei verschweigt, dass die Arbeitslosenquote 2014 bei 4,9 Prozent lag, während sie 2004 noch etwa 10,5 Prozent betrug.

Die Forscher der Böckler-Stiftung behaupten, dass „Förderprogramme mit Qualifizierungs- und Weiterbildungsangeboten „ positive Auswirkungen auf das Einkommen hätten und damit der Erwerbsarmut entgegenwirken würden. Da Interessante daran: Diese Angebote gibt es allerdings im Übermaß – und der Sinn dieser Maßnahmen? Mal wird er bezweifelt, dann wieder gelobt – und wirklich handfeste Zahlen sind nur scher erhältlich. Auch dies hat Gründe, die in der Statistik liegen. Und ind er Frage, ob ein Arbeitsloser wegen der Qualifizierung, trotz der Qualifizierung oder unabhängig von der Qualifizierung (also aus anderen Gründen) vermittelt werden konnte. Einer Schätzung zufolge nützt Weiterbildung, aber eben nicht so stark, wie angenommen (Zitat):

Weiterbildung hebt die Beschäftigungschancen von Frauen um 20 Prozent und von Männern um 12 Prozent.


Diese Zahlen beweisen, dass Weiterbildung nützt –aber keine Wunder bewirken kann. Fragt sich also, was uns die Böckler-Stiftung wirklich sagen will.

Daten, Fakten, Meinungen: Quelle (Böckler) , Interpretation (Böckler), Pressebericht (Beispiel).