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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Danke, Hamburg

Klar: die Uhren ticken in Hamburg anders als anderswo. Man wählt in erster Linie den ersten Bürgermeister, dann seine Partei. Aber man weiß auch, wovon man lebt: Von der Weltwirtschaft ebenso von der eigenen Wirtschaftskraft.

Insofern verwundert es kaum, wenn „links“ nicht wirklich toll abschneidet und die „AfD“ mal gerade "eben so" in die Bürgerschaft einzieht. Hamburg hat seine Regierungsform gefunden: Rot und Grün sind gemeinsam gut für alle Hamburger - wer sie nicht will, gehört seit gestern zu einer Randgruppe.

Die SPD hat nicht verloren, die CDU noch mehr als die Presse berichtet

Wer da argumentiert, die SPD hätte verloren, sollte mal sein Gehirn putzen und nachsehen, wie die Ergebnisse für die SPD über die Jahre aussahen - dann steht die SPD nämlich ausgezeichnet da, denn sie war (2008) schon mal bei 34 Prozent. Klarer Wahlverlierer sind zwar auch andere, aber bei der CDU wird es besonders deutlich: 2004 hatte sie einmal 47 Prozent, 2008 noch 43 Prozent und heute (nach vorläufigem Ergebnis) noch gegen 11 Prozent. Sie hat also weniger als ein Viertel der Stimmen geholt, die sie schon einmal hatte. Das lässt sich nicht alleine durch den Thüringen-Malus erklären, der ein einer weltoffenen Stadt wie Hamburg besonders zu Buche schlägt.

Bundes-CDU weiterhin auf Arroganz-Linie

So richtig „genickt“ wirkte gestern nur der örtliche CDU-Kandidat. Die Berliner Union faselt weiter von ihren Grundsätzen und verschweigt, dass sie nicht handlungsfähig ist und zudem mit AKK in die falsche Lostrommel gegriffen hat. Ja, das soll sich ändern. Doch solange weiterhin von der „DNA“ gefaselt wird und ein Teil der CDU-nahen Presse bis heute nicht begriffen hat, dass sie die CDU herunterlobt, indem sie sagt „das ist richtig, was ihr jetzt macht“, wird die Partei auf Dauer überall an Stimmen verlieren. Die FDP dümpelt gerade noch an der Fünf-Prozent-Hürde herum. . Nach Presseberichten ist nicht ganz sicher, ob es bei den Wahlergebnissen einen Übermittlungsfehler gab.

Wahlanalyse: Tagesschau
Ältere Daten: Unter anderem in Wikipedia.

CDU in Hamburg beharkt den Bürgermeister

Ach, das Schnattern hat kein Ende – das Schnatterfernsehen, die Schnatterpresse und die Schnatterköpfe – und eine CDU-Fraktion in Hamburg,, die nun auch den Bürgermeister zum Rücktritt auffordert.

Ach, liebe Christdemokratische Union in der Hansestadt, hattet ihr nicht einst den Herrn Ole von Beust als Bürgermeister? Immerhin sagte die MoPo vor einiger Zeit:

Wer aber heute mit etwas Abstand darüber nachdenkt, was in neun Jahren Ole eigentlich gut war, der kommt nach einigem Grübeln zu dem erschreckenden Ergebnis: Viel fällt einem da nicht ein... Seine Fehler aber werden noch in Generationen zu spüren sein.


Ob Fehler oder nicht … die CDU hatte ihren Bürgermeister. Und er hätte die Probleme anpacken können, die ja auch damals schon bestanden. Und jetzt hat die Stadt einen anderen Bürgermeister – und da darf man wohl erwarten, dass sich diese CDU als Teil der Hamburger Bürgerschaft erweist und zunächst einmal das tut, was nötig ist – zur Sache kommen und konkrete Pläne schmieden. Abgesehen davon ist es nicht nur unverschämt, seitens der CDU-Fraktion den Rücktritt des Bürgermeisters zu fordern, sondern auch unhanseatisch. Denn wenn man selbst keine besseren Lösungen hat, sollte man gefälligst still sein und in sich gehen.

Besserwisser am Ende des G20-Gipfels

Ei ei, da haben wir sie alle wieder: die Besserwisser, die jetzt überall aus den Löchern kommen und sagen: „Seht, seht, ich habe es schon immer gewusst ….“. Und wenn man gerade mal in Rauflaune ist, dann ist der einzige Prominente schuld, der mit großer Wahrscheinlichkeit nicht an der Misere schuld ist: der Hamburger Bürgermeister. Ohne ansahen der Person, ohne Ansehen der Partei: Der war es ja wohl am allerwenigsten, den an den Pranger gehört.

Rücktrittsforderungen von ungewohnter Seite

Besonders interessant dazu ist eine Stellungnahme der „Gewerkschaft der Polizei“, die heute vom MDR verbreitet wurde, ausnahmsweise mal im Wortlaut:

Angesichts der schweren Ausschreitungen in Hamburg rund um den G20-Gipfel hat die Deutsche Polizeigewerkschaft dem Ersten Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) den Rücktritt nahegelegt. Vorsitzender Rainer Wendt (1) sagte: "Wenn Scholz keinen Plan hat, wie er linke Gewalt künftig verhindern will, muss er seinen Hut nehmen.“


Konnte irgendjemand ahnen, was geschehen würde?

Dem entgegen steht, dass sich gerade die Polizei zuvor nicht recht bewusst war, was in Hamburg auf sie zukommen würde. Und dazu wiederum ist zu sagen, dass vermutlich niemand ahnen konnte, mit welcher Vehemenz und Brutalität die Randalierer vorgehen würden. Hinterher ist man – wie bekannt – immer schlauer.

Flotte Sprüche von der FDP – was soll das?

Ins gleiche Horn stieß auch die FDP, deren Vize-Bundesvorsitzende und Hamburger Landeschefin Katja Suding flugs erklärte, das Sicherheitskonzept der Behörden sei vollkommen gescheitert – und im nächsten Atemzug den Bürgermeister dafür anprangert und nicht etwa die Einsatzleitung der Polizei. Und - es war nicht der Bürgermeister, Frau Suding, der Hamburg „weltweit blamiert und in Verruf gebracht“ hat – das ist so stark vereinfacht, dass man solche Sätze als FDP-Politikerin einfach nicht in den Mund nehmen sollte.

Die Hardliner der CDU wachen auf – und machen Wahlkampf

Ach ja, und dann wachen auch die Speerspitzen gegen Links in der CDU und der CSU wieder auf, die den Feind schon immer nicht rechts, sondern links vermuteten. Auch sie wissen jetzt mal wieder alles besser, was ich (wie auch die Einlassungen der FDP) mal als Wahlkampf ansehe.

Hamburg hatte den „Schwarzen Peter“ beim G20

Bleibt die Frage, ob es richtig war, den G20-Gipfel in Hamburg stattfinden zu lassen und nun den Scherbenhaufen auf die Hamburger Landesregierung und/oder auf die Polizei abzuschieben.

Und der friedliche Protest gegen den Gipfel selbst? War der etwa so sinnvoll, wie im Vorfeld behauptet wurde? Und gingen die vernünftigen Argumente nicht am Ende unter, wenn sie denn überhaupt gehört wurden?

Hamburger sollten jetzt zusammenstehen

Die Hamburger sollten jetzt zu ihrem Bürgermeister stehen und sich zusammenraufen – auch über die Parteigrenzen hinweg – um das Geschehen klug zu analysieren und nicht in der Öffentlichkeit herumzubolzen oder gar von einer „tiefen Spaltung“ der Hamburger Bürger zu sprechen.

(1) Falls Sie nicht wissen, wer Rainer Wendt ist: CDU/CSU-Mitglied ... den Rest sagt Ihnen Wikipedia.

Gewalt-Demos schaden Hamburg und Deutschland

Das Demonstrationsrecht in Ehren – es muss verteidigt werden, denn es gehört zur Demokratie. Allerdings muss sich auch die Demokratie verteidigen. Denn die legale Staatsmacht nicht mehr anerkannt wird, kann niemand mehr in Frieden leben.

Hilfreiche, kontroverse Standpunkte sind bei Demos gefragt

Nun ist es sicherlich hilfreich, in Massen aufzutreten und zu sagen: „Hey, ihr 20 – Umweltschutz geht vor, egal, was ihr sonst noch glaubt.“ Und es ist erklärlich, dass der Erhalt sozialer Errungenschaften eingefordert wird.

Gegen den Kapitalismus zu sein ist billige Demagogie

„G20“ ist ein Reizwort für viele, insbesondere aber für jene, die vor allem „gegen den Kapitalismus“ sind. Auch das ist erlaubt, obgleich es nicht von Klugheit zeugt, denn vom Kapitalismus profitieren wir alle – sogar die Gegner. Ob dies „Die Linke“, die SPD oder die grüne Partei nun wahrhaben will oder nicht – es ist so.

Reden hilft mehr als zu demonstrieren

Doch „G20“ ist auch gut und sinnreich, denn man redet dort miteinander. Und reden ist immer noch besser als einander zu ignorieren oder zu hassen. Und insoweit leisten die Leute „drinnen“ ganz offenkundig mehr als die Leute, die lautstark demonstrieren. Kritische, kontroverse Gespräche zu führen ist – das dürfen Sie mir glauben – viel schwieriger als bei einer Demo mitzumarschieren.

Schaden für Hamburg und die Bundesrepublik Deutschland

Das Schlimmste aber ist: Selbst wenn die Anliegen der Demonstranten ehrlich und aus innerster Überzeugung vorgetragen wurden – sie hätten wissen müssen, dass sie die gewaltbereiten G20-Gegner anziehen. Und damit haben sie, ohne es vielleicht zu wollen, ihrer eigenen Sache geschadet. Die Bilder, die um die Welt gingen, schaden uns allen, vor allem aber haben sie dem Ansehen der Stadt Hamburg und dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland geschadet - möglicherweise sogar nachhaltig.