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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Geschwätzige Wertgeschätzte und Gewertschätzte

Fangen wir mal mit der Vorsilbe „ge-„ an. Sie drückt nach allgemeiner Auffassung „den Beginn, das Ende oder die Punktualität einer Handlung aus“. Das macht die Erklärung nicht einfacher. Wer eine Maus fangen will und dabei Erfolg hat, hat sie letztlich gefangen. Eine Dame, die von einem Herrn begehrt wird, bildet sich ein, geliebt zu werden. Ob es der Beginn einer sinnlichen Liebe, deren Ende oder nur die Punktualität (Eigenschaft) der Lage ist? Möglicherweise besteht ein Unterschied zwischen „er hat mich in dieser Nacht ungewöhnlich intensiv geliebt“ und „er gab mir das Gefühl, geliebt zu werden“.

Überhöhte Höflichkeit - die wertgeschätzte Frau, der wertgeschätzte Herr

Und wie war das mit der Frage, gewertschätzt zu werden? Oder eben wertgeschätzt zu werden?

Schauen wir uns, woher der Begriff kommt. Wir erkennen schnell: Es ist eine stark überhöhte Höflichkeitsformel in der Anrede einer Person. Die „werte“ Person wurde dann mit Begriffen wehrt-geschaͤtzter Freund oder werthgeschätzte Freundin bezeichnet.

Es kann aber auch eine Ausrede sein, um die wahren Gründe einer Entscheidung zu verbergen. Beispielsweise wenn jemand behauptet, eine andere Person „wertzuschätzen““, aber in Wahrheit verborgene Gründe hat, ihn dennoch nicht zu akzeptieren:

Er versicherte, dass er sie wertschätze, dass er aber der Heirat mit seinem Sohn nicht zustimmen könne.

Werte werten - das "Wertschätzen"

Also: Wertschätzen und Wertachten sind die Begriffe, die wir zuerst behandeln sollten. In ihnen verbirgt sich auch ohne den hervorgehobenen „Wert“ etwas Wertvolles. Wer jemanden achtet, der erkennt die andere Person an. Wer sie darüber hinaus schätzt, der hat zumindest eine innere Beziehung zu den Gedanken oder Gefühlen dieser Person.

Wertgeschätzt - ein unscharfer Begriff, der Bildung vortäuschen soll

Nun haben wir also eine „geschätzte Person“, die zudem noch mit einem Wert befrachtet wird, die „wertgeschätzte Person“. Und schon ergibt sich die Frage: Um welche Werte geht es eigentlich?

Die Antwort ist leider: um etwas völlig Unscharfes. Eine Quelle verrät uns, dass die Wertschätzung auf Zugewandtheit, Interesse, Aufmerksamkeit und Freundlichkeit beruht. Anders wäre es, wenn ein Mensch sagt: „Ich schätze ihn (sie), weil er/sie mir in einer Notlage half.“ Oder weniger spektakulär: Ich schätze diese Person, weil sie stets freundlich und zuvorkommend ist.“

Eine „gewertschätzte Person“ oder eine „wertgeschätzte Person“ gilt demnach eine Person, die für den Urheber der Aussage eine gewisse Bedeutung hat.

Weg mit "gewertschätzt" und "wertgeschätzt"

Allemal einfacher und verständlicher wäre: „Ich schätze dich wegen …“, oder “überwiegend schätzen ihn die Leser/innen seiner Werke, weil…".

Erkennst du den Unterschied? „Wertschätzen“ ist ein Sammelbegriff für allerlei unscharfe Eigenschaften – und die abgeleiteten Begriffe gewertschätzt oder wertgeschätzt bedeuten daher sehr wenig.

Wortungetüme gäbe es viele ...

Fall du dies alles nicht akzeptierst, weil du selber ein Freund / eine Freundin der „Bildungsbürgersprache“ bist. Versuche bitte mal, das Wort „Liebe“ in „geliebtschätzt“ oder „liebgeschätzt“ umzuwandeln und diesen Wörtern dann eine Bedeutung zu geben.

Quellen:
Die meisten Beispiele wurden Grimms Wörterbuch (1) entnommen und teilweise etwas bearbeitet, um sie lesbarer zu machen.
(1) Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. Lfg. 4 (1959), Bd. XIV,I,II (1960), Sp. 492, Z. 3.
Weitere Informationen DWDS
Zur Rechtschreibung und Konjugation.: Duden.

Das Sagbare

Sagbar soll sein, was einen Wert hervorbringt, also was erwähnenswert ist oder ganz einfach wichtig zu wissen ist. Ein möglicher anderer Ausdruck dafür wäre „erklärbar“. Etwas, das sich mit Worten erfassen lässt, das ist „sagbar“.

Dummerweise ist das Wort in die Gosse gefallen, dort, wo man alles für „sagbar“ hält, was inzwischen völlig wertlos ist. Die Literatur ist auch nicht besser – sie sollte wissen, was sagbar ist und nicht vom hohen Ross herunter nach Fremdwörtern suchen, um dies zu sagen: Es gibt nichts Unsagbares.

Das Sagbare, das Unsagbare und das Unsägliche

Wir verlassen jetzt den hyperintellektuellen Teil unseres Landes und wenden uns den Graswurzeln zu. Dort wird das Sagbare vom Unsagbaren abgesondert wie das Eiweiß von dem Dotter. Sagbar ist demnach, was jemand mit eigenen Worten beschreiben kann, also möglichst etwas, wovon er etwas versteht. Um es noch zu erwähnen: Manchmal sagt jemand etwas unter erröten oder sonst wie schamhaft, weil das Sagbare für ihn unsäglich ist.

Das Unsagbare hingegen ist fast bedeutungsgleich mit dem Unsäglichen, dem Ungeheuerlichen oder dem „Fremden“. Es gibt einige angeblich bedeutungsgleiche Wörter für „unsäglich“, aber die meisten weisen darauf hin, dass diese Wörter etwas ausdrücken sollen, was sich nicht ausdrücken lässt. Beispiele wären „entsetzlich“, „unbeschreiblich“ oder „ungeheuerlich“.

Gute Beispiele?

Wer gute Beispiele für die Anwendung von „unsagbar“ oder „unsäglich“ sucht, findet sie fast ausschließlich in alten Lexika, so wie hier:

Das träge Leben des Mannes wechselt mit den größten Strapazen: Er durchzieht die Wüste unter den unsäglichsten Entbehrungen Hunderte von Meilen weit und erträgt Hunger, Durst und die Sonnenglut mit stetem Gleichmut.

Oder:

Der unsagbare Mystizismus der Atmosphäre eines Ankleidezimmers.

Was zu sagen bleibt

Die unsägliche Mühe, die ich mir auferlegte, um das Sagbare und das Unsagbare zu erklären – hat sie sich gelohnt?

Das, liebe Leserinnen und Leser, überlasse ich nun ganz euch.

Quellen: Grimms Lexikon, Retrolib und weitere Quellen.

National bleibt National - egal, was du dran hängst

Es ist egal, ob du rechtsnational, linksnational, nationalliberal, nationalkonservativ oder sonst etwas mit „National“ bist - „National“ zu denken schränkt immer ein, und es ist der erste Schritt dazu, radikal zu werden. Wenn du dein Land wirklich magst, dann bist du weltoffen und liebst das Land, das dir als Heimat bekannt ist. Vielleicht solltest du mal bedenken, dass es Zufall ist, in welchem Ort, Landstrich oder in welcher „Nation“ du geboren wurdest.

Sind Sie Westdeutscher?

"Sind Sie Westdeutscher?" ist ein fiktives Gespräch zwischen einem Thüringer und mir. Dieses Gespräch hat nicht genauso stattgefunden. Aber Fragmente daraus sind durchaus authentisch.

„Sie sind wohl nicht von hier?“

„Nein, bin ich nicht.“

„Ich merke das an Ihrer Sprache … sind Sie aus Westdeutschland?“

„Nein, mein letzter Wohnsitz in Deutschland war zuvor in Süddeutschland.“

Der Fremde schaut verwirrt.

„Und wo da?“

„In Südbaden – an der der Schweizer Grenze.“

Der Fremde kramt weiter im Gehirn, man sieht es ihm an. Wo, zum Teufel, ist Südbaden?

„Sie sprechen aber nicht … Süddeutsch?“

„Nein, und ich spreche auch kein Alemannisch – so nennt man den Dialekt dort.“

„Dann stammen Sie doch aus dem Westen…?“

„Nein, aus dem Norden. Ich wurde in Norddeutschland geboren.“

Der Fremde ist weiterhin verwirrt.

„Dann sind Sie doch Westdeutscher, oder?“

„Nein, ich bin geborener Bremer, Hanseat und Norddeutscher. Deutscher bin ich vor allem auf Ämtern und im Ausland – ansonsten bin ich überzeugter Europäer.“

Und genau so ist es auch.

Wir sind nicht nur „ein Volk“ - wir sind viel mehr

Angesichts der oft gutgläubigen Protestierer, die heute wieder an diesen angebliche „Spaziergängen“ teilnehmen wage ich zu sagen: „Ja, wir sind ein Volk.“ Aber - ihr seid es nicht allein, denn das Volk besteht aus einer Vielzahl von Menschen.

Wenn ich euch an die Nationalhymne erinnern darf: Dort heißt es „Einigkeit und Recht und Freiheit“ - und zwar für alle - diejenigen, die heute mit euch „spazieren gehen“, aber auch für diejenigen, die es nicht tun.

Gemeinsam Werte stärken

Dieses Volk besteht nicht aus Ost und West, nicht aus Links und Rechts und im Grunde schon gar nicht aus unüberbrückbaren Gegensätzen. Dies ist ein wundervolles Land in Europa, und die Menschen in Deutschland können stolz auf das sein, was dieses Land ausmacht. Wir bestärken die Werte des Humanismus, und sie ergänzen sich bestens mit einigen christlichen Vorstellungen. Jeder man daraus das Weltbild wirken, das er mag. Das ist Demokratie, das ist Liberalismus, das sind Werte, die uns verbinden.

Deutsch sein und Deutschland repräsentieren

Wir sind nicht ausschließlich „Deutschland“. Wir sind auch EU, und wir haben Freunde in aller Welt, die ähnlich denken wie wir, weil sie ebenfalls in der humanistischen Tradition stehen. Wir sind deshalb ein weitaus größeres Volk als jener Teil, der in Deutschland lebt.

Versuche mehr zu erfahren als "Deutscher in Deutschland" zu sein

Wer als Deutscher in Deutschland lebt und nie irgendwo sonst Deutschland vertrat, sei es in beruflicher oder politischer Mission, der weiß nur, was Deutsche in Deutschland über Deutsche denken. Was du als Deutscher wirklich bist - im Guten wie im Bösen - weißt du erst, wenn du im Ausland warst und dort die Interessen eines deutschen Unternehmens oder einer deutschen Einrichtung wahrgenommen hast.

Wenn du die Chance jemals haben solltest: Nimm sie wahr. Wenn du sie niemals gehabt hast: Hol sie nach. Dein Bild dieser Welt wird sich verändern, und du weißt dann, was du wirklich bist: Ein deutscher Europäer, dessen Fähigkeiten geschätzt werden und dessen Werte auf Einigkeit und Recht und Freiheit beruhen. Oder auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.