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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Sagt, ihr Wahlkämpfer – wie haltet ihr es mit der Religion?

Das Wahlross schreibt hier über einige Kernthemen für Deutschlands Zukunft - diesmal über die Frage, wie sich die christliche Religion auf die Wahlentscheidung auswirken könnte. Möglicherweise gar nicht?

Die politischen Prediger sagen nun wieder, was sie immer behauptet haben: Wir sind das Abendland, das durch die Geschichte, Kultur und die „Werte tief vom christlichen Glauben geprägt“ seien. Wem das Abendland eine Nummer zu groß ist, der bezieht sich auf „unsere“ Prägung durch das Christentum.

Religion und Kultur


Die Religion, die aus dem Orient kam - prägend für Deutschland?

Das Wahlross erlaubt sich den Hinweis, dass die erwähnte Religion aus der Levante (1) stammt, also keinesfalls abendländischen Ursprungs ist. Was heute als Christentum bezeichnet wird, ist in Rom entstanden – so weit dazu.

Die westliche Welt beruht auf mehreren Überzeugungen

Wie dem auch sei – die westlichen Überzeugungen stehen auf vielen Pfeilern. Es handelt sich nur zum Teil um Religionen, andernteils aus Überzeugungen, die Europa prägten. Etwa dann, wenn wir von einer freien, gleichen und solidarischen Gesellschaftsordnung sprechen.

Freie Religionsausübung steht in der Verfassung

Die freie Religionsausübung steht in der Verfassung, Artikel 4 – sie muss deswegen nicht besonders betont werden. Damit entfällt auch eine detaillierte Ausführung der Parteien, dass sie „dazu stehen“.

Glaube und Kultur nicht gleichsetzen

Oftmals wird in Deutschland „die Kultur“ mit „dem Glauben“ gleichgesetzt – das haben wir in der Vergangenheit oft gehört, es gäbe in Deutschland eine christliche, alternativ auch eine jüdisch-christliche Leitkultur. In Wahrheit besteht die Kultur aber aus vielen Komponenten, die sich nicht eindeutig auf das Christentum oder auf das Judentum beziehen.

Es mag durchaus sein, dass der „rheinische Katholizismus“ dazu geführt hat, die Parteien mit dem „C“ im Namen nach dem Gebetbuch zu wählen. Heute allerdings fragen mehr Menschen nach den weltlichen Plänen den Parteien – auch bei der CDU/CSU. Das ist insofern ein Fortschritt, als die Sachthemen damit an Bedeutung gewinnen.

Das Wahlross rät: Schaut auf die Programme der Parteien und vor allem auf die Zukunftsperspektiven. Die meisten Wählerinnen und Wähler wollen noch sehr lange in der Zukunft leben – und ihre Kinder und Enkel auch.

(1) Levante – ehemalige Bezeichnung für die Länder des östlichen Mittelmeers.

Wo ist eigentlich der "Osten"?

Manchmal sehe ich Spuren der Ost-West-Denkweise bei den Menschen jener Länder, die sich gerne als „der Osten“ darstellen.

Nun ist „der Osten“ für allen irgendwo anders. Zum Beispiel in Mpumalanga. Als alter Hansestädter habe ich noch etwas über „die Levante“ erfahren – das hat ungefähr die gleiche Bedeutung. Politisch hieß das „Nahost“, und „sollte es noch weiter östlich sein“, dann war es eben Fernost.

Der Osten? Den gibt es nicht wirklich

Nein – hier ist mitnichten der Osten. Ja, er kommt hier überhaupt nicht vor. Dieses Ostdeutschland ist Teil der westlichen Kultur, mit allem, was sie dankenswerterweise oder auch leider ausmacht. In ihr vermischen sich germanische, romanische und weitere Einflüsse, die sich im Lauf der Jahre zu dem zusammengemischt haben, was sie heute sind: westliche Lebensweisen.

In ihnen sind alle Menschen frei und gleich, können leben, wo sie wollen, mit wem sie wollen und wie sie wollen. Das ist westliche Kultur – und das ist mindestens ein Merkmal der Freiheit.

Neidhammel und Neidschafe

Ja, ich bin mir bewusst, dass Deutschland (auch die alte Bundesrepublik) eine besondere Spezies beinhaltet: die Neidhammel. Und damit es nicht immer der arme Hammel ist, der da gescholten wird: Und Neidschafe. Die Sätze purzeln nur so: „Warum hat dieser oder jener mehr als ich?“ „Warum gibt man jenen und nicht mir?“. Keiner dieser Sätze hat irgendeinen Nutzen.

Der Staat muss nicht für alles sorgen

Manchmal schwingt ein Hauch Sozialismus mit: „Der Staat muss dafür sorgen, dass …“ Es könnte zutreffen, aber zunächst sind die Bürger verpflichtet, für ihr Wohlergehen zu sorgen – jedenfalls in der westlichen Kultur.

Die Angst vor der freien Presse


Interessante ist, dass die neue, freie, unabhängige Presse oft diffamiert wird. Im Sinne mancher Deutscher hier in den neuen Bundesländern ist die Pressefreiheit schuld. Wie kann es sein, dass die Redaktionen entscheiden, was geschrieben wird? Einer der ersten Sprüche, die ich hier hörte, war: „Jetzt werden schon Kinder indoktriniert, indem die örtliche Zeitung kostenlose Exemplare an Schulen verteilt.“

Oh nein, diese Kinder wurden nicht indoktriniert. Sie lernen, wie eine freie Presse funktioniert. Und wie sie selber die Presse- und Informationsfreiheit für sich nutzen können.

Und damit haben sie inzwischen den entscheidenden Schritt gemacht: ein Stück Freiheit schätzen zu lernen.

Generationen, der Westen und die Wessies

Habe ich mich verhört? Da saßen zwei Damen in geblümten Kleidern und sprachen über das, was Menschen so umtreibt: der Generationenwechsel, zum Beispiel.

Es sei ja wohl so, dass die kommende Generation einige Dinge anders oder besser machen wolle als die Generation der Eltern.

Die Nachfolgegeneration - der Westen, 1950er Jahre

Und ja - das war einmal so. Und zwar um jeden Preis. Man nannte sie die „Beat Generation“, in Deutschland manchmal auch die „Exis“ - das Wort findet man heute fast nirgendwo mehr. und die Konkurrenten, die „Rocker“ machten gerne am Kleinholz, um der „Vorgängergeneration“ zu zeigen, wie stark sie sind - was denn wieder zum Wort „Halbstarke“ führte.

Ja, ja - wir waren es, die „Parasiten des Jazzkellers“. Übrigens gab es in feinen Stadtteilen meines Geburtsorts durchaus Knaben und Mägdelein, die absolut auf der Linie ihrer Väter und Mütter lagen. Sie strotzen vor Klassenbewusstsein und haben oft nicht einmal gemerkt, dass ihre Väter vor allem gute Nazis waren.

Die Weitergabe und Erneuerung des des Guten und die bösen Wessies

Zurück zu den beiden Damen - wenn ich mich nicht verhört habe, dann sagten sie einander zunächst, was ich bereits schrieb: Ja, es gab einmal Generationskonflikte - auch im ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaat. Das war für mich nicht neu, nur verliefen sie offenbar anders als „im Westen“. Doch aus ihrer Sicht kamen dann die bekannten und immer wieder gerne „verbuhmannten“ Besserwessies. Und ab dann war es offenbar nichts mehr mit der Erfahrungsweitergabe und/oder der Rebellion gegen die Elterngeneration.

Einen Moment dachte ich nach - könnte dies vielleicht eine Satire gewesen sein? Nein, offenbar nicht.

So einfach kann man es sich natürlich auch machen. Werte- und Handlungsweitergabekette unterbrochen durch Fremdeinwirkung.

Aber es ist immer noch möglich, dass ich mich verhört habe.

Kulturmonat Februar

Ach, glaubt nur nicht, ich stehe jeden Tag auf, um mir was zum Motzen an der Christdemokratie zu zu suchen. In der Zeit, als die CDU Thüringen und halb Deutschland auf den Kopf gestellt hat, war ich immerhin einmal im Theater, ein Mal auf einer Beerdigung und zwei Mal in einem Klassik-Konzert.

Die Beerdigung war wenig beeindruckend. Der Trauerredner verlas eine Rede, bei der offenkundig nur den Namen austauschen musste, so banal klang sie. Aber dennoch sind Beerdigungen immer ein Anlass, sich selbst im Spiegel des Lebens zu sehen.

Highlight war Mendelssohns Konzert für Violine, Klavier und Orchester d-Moll in einer Bearbeitung für Mandoline, Klavier und Orchester. Ebenfalls sehr beeindruckend: der ewige Fremde, ein Monodrama für einen Schauspieler und Orchester nach einem Text von Joshua Sobol mit der Musik von Ella Milch-Sheriff, die nahtlos in Beethovens vierte Symphonie überging. Fals ihr mich nach Beethoven fragt: Warum soll ich über etwas jemanden oder etwas reden, zu dem alle gesagt ist?

Dem Kritiker hatte es nicht gefallen, aber das Feuilleton ist ohnehin ein Problem: Ach, der Herr Sowieso hat es nicht so perfekt gekonnt wie der Herr Anderwärts. Mich nervt so etwas - das kann man meinetwegen von Tonträgern sagen, aber von Konzerten? Zählt da nicht der Moment des Kunstgenusses, jetzt und hier?

Das Theater? Man muss Gerhard Hauptmann mögen und der Berliner Dialekt tolerieren, wenn man „Die Ratten“ sieht, und beides fiel mir schwer.

Soweit also mein Februar. Mal sehen, was der März bringt.
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Nach der Wahl in Sachsen

Nach Sachsen kann ich von hier aus theoretisch zu Fuß gehen. Gestern bin ich aber durchgefahren, und habe die zahllosen Wahlplakate der AfD am Straßenrand hängen sehen. Die Themen, die sie ansprachen, waren nahezu alle weder auf die Landespolitik bezogen, noch waren sie wirklich relevant.

Wenn Opa nicht mehr Diesel fahren darf ...

Ob Opa den Diesel noch fahren kann, bis er irgendwo auf einem sächsischen Feldweg stehen bleibt? Ob der Jäger den Wolf holen darf? Ob sich diese bösen Ausländer (aka Brüssel) in die die angestrebte deutsch-nationalistische Politik einmischen dürfen? Oder: wann endlich Gleichheit zwischen Ost und West hergestellt wird? Nein, nicht zwischen Nord und Süd – bei der AfD geht es zurzeit um die „Ostdeutsche Nationalität“, und nicht um das Grundgesetz. Das wird immer nur erwähnt, wenn irgendein Herr Studienrat (der muss nicht einmal der AfD angehören) dem blöden Wessi zeigen will, dass der Osten alles könnte, wenn ihn nur der Westen, die EU und der Einfluss der „Amerikaner“ dauernd hindern würden. Und, wenn endlich alle gleich werden würden. Wie das aussehen soll? Ach so. Frag nie einen überzeugten Ostdeutschen, was er selbst dafür tun will, dass es dem gesamten Deutschland besser geht.

Nach der Wahl - Themen, zu denen der AfD nichts einfällt?

Kein Zweifel: Seit gestern Abend weiß ich: Noch haben die Bürger Sachsens Vernunft gezeigt und die CDU etwas nach vorne gebracht. Das ist das Positive. Nun müssen Sachsens Einwohner nur noch zeigen, dass sie es wirklich ernst meinen mit der Demokratie: Es gilt, die Pressefreiheit, den Geist des Liberalismus und die Freiheit von Kunst und Kultur tapfer zu verteidigen. Wenn der Herr Gauland sagt, „Wir bestimmen die Themen im Lande“, dann muss die Presse, aber auch jeder einzelne Bürger dafür sorgen, dass die Themen nicht von der AfD, sondern von der Vernunft bestimmt werden. Das ist möglich, wenn man andere Themen in den Vordergrund bringt – solche, die wirklich über Generationen hinweg zählen.

Oh – es gibt sie, die Mängel in Ostdeutschland. In der Infrastruktur, in Schulen, bei den Arztpraxen. Wo die Patienten wie die Hühner gepfercht sitzen, mehrerer Stunden warten müssen und wo es zugeht wie einst in Lambarene. Das muss nicht sein.

Oh, es gibt keinen Bäcker vor Ort mehr? In den meisten Fällen wird es daran liegen, dass keiner der jungen Leute mehr Bäcker werden will.

Wer eher eine Analyse als eine Meinung sucht, findet sie im Handelsblatt.