Immer wieder schreiben mir Foren-Leser, sie seine keine „schlechten Menschen“, weil sie Anhänger einer fragwürdigen Ideologie oder auch einer extremen politischen Ausrichtung folgten. Ein Teil dieser Menschen hat – ich staune wirklich – sogar etwas studiert.
Die Frage nach „Gut“ oder „Böse“ stammt aus dem Alten Testament und wird dort vorerst nur erwähnt. Was wir dann erfahren, ist das, was viele als „Sündenfall“ ansehen – das mag erklären, wer kann und mag. Jedenfalls gehört es zur Religionsgeschichte und für viele Menschen auch zum Glauben.
Seither jedenfalls versuchen viele Personen, „Gut“ und „Böse“ zu unterscheiden. Leider vergessen sie dabei, dass es nicht in erster Linie drauf ankommt jemandem oder etwas das Etikett „Gut“ einerseits und „Böse“ andererseits aufzukleben. Vielmehr kommt es darauf an, jemanden oder etwas zu verstehen, bevor das Urteil fällt.
Wenn ich mich recht erinnere (nur für Christen) soll der Religionsstifter sogar gesagt haben: „Wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein.“ Das bedeutet letztlich, die eigenen Schwächen bei der Beurteilung mit einzubeziehen.
Und nun dürfen sich alle wundern, die glauben, ehrenwerter, seriöser oder gar moralischer zu sein als andere. Denn möglicherweise sind sie Heuchler. Und vielleicht finden sie sich auch nur großartig.
Irgendwie versauen viele Zeitungen und Zeitschriften, soziale Netzwerke und auch das Fernsehen alle Themen, indem sie diese auf eine „volkstümliche Unterhaltungsebene“ herunterbrechen.
Als Beispiel nehme ich gerne das Thema „Partnersuche“. Als es gegen die letzte Jahrhundertwende nur noch „Dating“ hieß. Importierte man so gut wie alle Ausprägungen und Inhalte aus den USA, und dazu gehörten auch all diese Dating-Tipps, die besser nur auf Toilettenpapier gedruckt worden wären – dann hätte sie vermutliche nicht jeder Schwachkopf (m/f/d) vom Vorgänger abgeschrieben. Bis heute funktioniert dieses Geschäft ganz vorzüglich, nur dass es jetzt um Dating-Trends geht, die von publicitygeilen Bloggern (m/f/d) in die Netzwerke und von dort in die Presse wandern.
All dies hat jenen geschadet, die nichts als einen Partner oder eine Partnerin wollten. Denn plötzlich gab es „Dating-Regeln“. Die Äußerlichen stammten ebenfalls aus den USA, die Innerlichen wurden alsbald von „Psychologen“ nachgereicht. Sie enthielten wenige Fakten, aber ein unendliches Potenzial an Geschwafel. Man tat so, als ob man etwas wisse. In Wahrheit wurden ein paar reichlich angejahrte Tests auf dem Gebiet der Personalrekrutierung (HR, Human Ressources) auf Paarbeziehungen angewandt. Damit wäre man kläglich gescheitert, wenn es nicht einen Trick gegeben hätte, den auch Nicht-Psychologen recht gut kennen. Sie empfehlen Menschen, es einmal mit ganz bestimmten, „handverlesenen“ Personen zu versuchen. Soweit das Online-Dating, das nach wie vor am erfolgreichsten ist. Dazu kamen noch ein paar Theorien, die deutlich haarsträubender waren – ich will euch nicht damit langweilen.
Vorgeführt werden wie die Zirkustiere?
Mittlerweile hatte auch das Fernsehen die Faszination des „kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht“ entdeckt. Immer schrägere Formate wechselten sich mit den eher betulichen „Dates“ der braven Bürger ab, die im Fernsehen „vorgeführt“ werden wie die Zirkustiere. Und es ist noch nicht vorbei. Immer wieder wird etwas neu aufgelegt, mal auf der Sexschiene, mal auf der Resterampe, mal auf spießbürgerlichen Grundlagen.
Ich frage heute mal: Wollen wir das wirklich? Sollen wir uns von diesen falschen Informationen, diesen dummen Sprüchen und gestelzten Dialogen, diesen Selbstdarsteller(innen) mit großer Schnauze oder „peinlichen Schweigern“, wirklich beeinflussen lassen?
Was dort genährt wird, ist die Vorstellung, es gäbe den perfekten Partner, man habe ihn nur noch gefunden. Oder die perfekte Partnerin.
Nein, das sollten wir nicht. Partnersuche ist in Wahrheit etwas völlig anderes – und etwas sehr Intimes, das durch jede neue „Datingshow“ abgewertet wird. Und die Regeln? Die machen wir uns selbst, denn eines steht fest: Nur nach unseren Regeln werden wir glücklich und erfolgreich sein. Und was uns dabei zur Verfügung steht, sind die Menschen, die es gibt. Und noch etwas: Ja, ich kann wirklich verstehen, wenn einige davon abgelehnt werden. Aber ich kann nicht verstehen, wie man sich für so großartig halten kann, es nicht wenigstens mit dem /der einen oder anderen zu versuchen.
In meiner Jugend las ich, dass es sich bei den „Heiligen Drei Königen“ weder um Könige, noch um Heilige handelte – und es waren nicht einmal drei. Mich wunderte dies kaum, denn die Geschichte, die ich zuvor in der Schule gehört hatte, war einfach zu märchenhaft, um wahr zu sein – und in den Bilddarstellungen waren sie ja tatsächlich „Könige“. Einer sah durch und durch europäisch aus, auch wenn er aus dem „Morgenland“ kam, der zweite wirkte leicht arabisch angehaucht und der Dritte war offenkundig dunkelhäutig. Nach der Vorstellung der damaligen Zeit waren die Menschen im Orient eben dunkelhäutiger als in Europa. Später wurde seine Hautfarbe dunkler, weil man ihm ein Ebenholzgesicht gab. Die Darstellungen entsprachen der Fantasie eines Künstlers, der als „Bertram von Minden“ bezeichnet wird (1410).
Aus dem "Buxtehuder Marienaltar"
Nun, es waren nicht drei, sondern es handelte sich um eine Gruppe von Universalwissenschaftler dieser Epoche. Man könnte sie als Wahrsager, Sterndeuter oder Magier bezeichnen. In jedem Fall aber waren sie Geschöpfe ihres Autors, und zu dritt waren sie nach späterer Auffassung, weil sie Gold, Weihrauch und Myrrhe schenkten.
Die Namen wurden den „drei Königen“ zugewiesen, also Caspar, Melchior und Balthasar.
Die Figuren in den Darstellungen der alten Zeit trugen tatsächlich Kronen – daraus ergab sich, dass es sich um „Könige“ handelte. Und sie wurden häufig so dargestellt, wie es der Autor wollte: Sie huldigten einem Kinde.
Die drei Könige sammeln in Basel für einen guten Zweck
Für mich sind diese Männer, auch wenn sie weder heilig noch der noch Könige waren, immerhin Personen, die selbstlos geschenkt haben. Und noch heute rufen ihre Ebenbilder jedes Jahr zu Spenden für „den guten Zweck auf“, und die „Fürstinnen und Fürsten“ unserer Zeit beugen sich zu jenen nieder, denen das Leben weniger Glück schenkte.
Wenn das die Botschaft ist, dann sollen sie bleiben, die Könige, die in Wahrheit „Wahrsager“ gewesen sein mögen – wenn es denn eine Wahrheit darüber gibt.
Bild oben: das vollständige Altarbild befindet sich heute in der Kunsthalle Hamburg.
Bild unten: Aufnahme vom Autor, Basel (CH)
Ich habe mit großem Interesse gelesen, dass die katholische Kirche versucht,
.... wissenschaftliche Erkenntnisse zum Geschehen auf der körperlich-hormonalen Ebene ...
in die katholische Ethik einzubeziehen. Allerdings wird kurz danach argumentiert, dass die „Theologie des Leibes“ dabei in jedem Fall zu berücksichtigen sei.
Nun ist es ein enormer Fortschritt, dass die katholische Kirche wenigstens die „körperlich-hormonalen“ Effekte anerkennt. Aber mir scheint, dass die „Theologie des Leibes“ sozusagen eine „Parallelkultur“ bildet, die sich wissenschaftlich in keiner Weise begründen lässt und streng theologisch, so weit mir bekannt, ebenso wenig.
Nun könnte man sagen: „Was geht mich das an - ich bin ja kein Katholik.“ Aber damit bin ich nicht allein. Denn wenn die Behauptung aufgestellt wird, es gäbe eine „Theologie des Leibes“, dann würde sie für alle Menschen gelten, die in den gesellschaftlichen Traditionen des „christlichen Abendlandes“ aufgewachsen sind - und also für alle „Ureinwohner“ Europas und vieler anderer Länder.
Der erste Blick in meinen RSS-Briefkasten verdutze mich: Da stand allen Ernstes die Überschrift „Nur die Psychoanalyse löst unsere Probleme“. Wie schön, wie einfach. Aufschlussreich ist möglicherweise, welche Stichwörter der Artikel verwendet:
Freud, Sigmund (1856-1939), Zizek, Slavoj, Lacan, Jacques, Mitscherlich, Alexander, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Psychoanalyse, Verhaltenstherapie, Sex, Frankfurter Universität, Tilman Habermas, Johann Wolfgang Goethe, Sigmund Freud Institut, Alexander Mitscherlich, Psychoanalyse.
Darf man fragen, liebe WELT, lieber Herr Žižek, woher Sie die Beweise für diese kühne These nehmen? Außer, dass Sie als Autor bestimmte Feindbilder haben, verrät uns auch die Welt (ohne Abonnement) nicht, welche Gründe es geben mag, die Psychoanalyse so zu verehren.
Was wir Nicht-Abonnenten lesen duften, ist, dass ein Krieg tobt. Psychoanalytiker auf der einen Seite, Verhaltenstherapeuten und Gehirnforscher auf der anderen. Und ein paar Ideologinnen werden auch noch eingemixt: die wahrhaftig grauenhaften und erbärmlichen Thesen von alten weißen Männern.
Zweifel trotz des großen Namens
Könnte es vielleicht sein, dass sich in der Psychoanalyse zu viel „Beiwerk“ angesammelt hat, das keiner Überprüfung standhalten würde? Oder dass biologische Fakten von der Psychoanalyse als ausgewiesener „Geisteswissenschaft" konsequent ignoriert werden?
Nein, ich konnte den Artikel nicht „ganz“ lesen - die „Welt“ verhindert ja, dass er öffentlich zugänglich ist. Immerhin ist der Herr Žižek, wie ich gelesen habe, eine namhafte Größe in der Philosophie des 20. Jahrhunderts und ein rhetorisch sehr begabter Mann.
Nun - je länger ich an diesem kurzen Artikel saß, fragte ich mich: Ist das Thema nicht irgendwie lächerlich?
Zitat: Auszug aus der Adressierung der "WELT" an den Leserkreis, der angesprochen werden soll.