Einige Menschen in Deutschland – vor allem in den neuen Bundesländern - fühlen sich, als „würden sie nicht wahrgenommen“.
Doch seit wann ist dies der Fall?
Zunächst einmal: In den neuen Bundesländern herrscht die Auffassung vor, der Staat müsse, solle und könne alles richten.
Das kann er nicht. Und jeder, der noch einen Funken Verstand hat, weiß dies: Nur in totalitären Regimen regelt „alles“ der Staat - aber auch hier nicht zu aller Zufriedenheit.
Linke und rechte Gruppen verunsichern die Bevölkerung
Nun sind wir wieder soweit: Linke wie rechte Parteien und Bündnisse versuchen, dem Bürger einzureden, dass der Staat die Möglichkeit hat, alles zu verändern – ohne die Freiheiten einzuschränken. Und viele haben vergessen: Freiheit gibt es nicht umsonst. Sie will verteidigt werden.
Die deutsche Bundesregierung bemüht sich nach Kräften, den Unzufriedenen zu erklären, warum alles gerade jetzt so ist, wie es ist. Wer es noch nicht bemerkt haben sollte: Wir leben in einer Krisenzeit, und Deutschland ist nicht der Verursacher. Eigentlich müssten die Demokraten in unserem Land zusammenhalten.
Doch wir haben eine Krise der Demokratie. Sie wurde Teil herbeigeredet, andernteils auf dem Hintergrund von Ideologien befeuert. Aber sie müsste nicht sein, wenn jeder Deutsche ein „gelernter Demokrat“ wäre.
In den letzten zwei Wochen war ich hin und wieder in einer Realität, die mir relativ unbekannt war.
Die reale Welt
Dabei erfuhr ich, wie die Menschen hier mit ihren kleinen und großen Problemen umgehen: Einkommen, Mindestlohn, Schichtarbeit, wahrgenommene und nicht-wahrgenommene Chancen. Optimismus und Pessimismus, vor allem eigene Verantwortung. Um es in aller Kürze zu sagen: Ja, ich habe die Botschaften verstanden.
Die üblichen Schwierigkeiten des Berufsalltags
Und – ja, es gab auch Probleme, von denen ich schon mal gehört hatte: Codes ließen sich nicht einlesen, Geräte bockten, wenn sie miteinander synchronisieren sollten. Und ich erlebte selbst eine katastrophale Aufbereitung einer IT-Fehlermeldung. Letztlich auch ein Dauerthema: problematische Kommunikation – immer noch, immer wieder, fast überall.
Die Interpretationen der Zukunft
Alles eine Frage der Interpretation? Nein, nicht nur. Weiterhin sind die Menschen, die aktiv im Arbeitsleben stehen, optimistisch. Ganz anders als in den Umfragen. Wer jung ist, hofft auf die eigene Kraft und sieht die Zukunft in hellem Licht. Und diese Hoffnung ist nicht vergeblich, jedenfalls nicht mit ausgezeichneter Bildung, mehreren Fremdsprachen und Aufenthalten jenseits der Grenzen … kurz: Bildung und Mobilität zahlen sich aus.
Überall fehlt es an Personal
Und ja: Es gibt zu wenig Personal. In fast allen Branchen. Von der Gastronomie über die Pflege bis hin zum Baugewerbe. Fast alle sehen dies ein, denn wer aktiv im Beruf steht, egal an welcher Stelle, erlebt es ja täglich.
Das Fazit: Unzufriedenheit und lautes Klagen sind zweierlei
Und mit diesem Eindruck bin ich dann wieder in meine bekannte Realität zurückgekehrt. Ihr mögt daraus schließen, was ihr wollt, und ich sage es so:
Die Unzufriedenen sind nicht diejenigen, die sich beklagen. Es sind ganz offensichtlich andere. Und nach reiflichem Überlegen denke ich, dass die Neider und Aufwiegler eher zu den bessergestellten Personen im sozialen Spektrum gehören.
„Erst wollten se uns erzählen, dass wir viel zu wenig arbeiten und jetzt sagen se, dass wir weniger arbeiten sollen.“
Die Aussage eines älteren Herrn folgte offensichtlich einem Leitartikel der Leipziger Volkszeitung von heute. Sie berichtete über den Trend vieler Mitbürger, „verkürzt“ zu arbeiten. Nicht, weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen.
Vom ersten Tag an in den neuen Bundesländern fiel mir auf, dass immer von „se“ die Rede ist, so als ob es eine Obrigkeit geben würde, die dergleichen bestimmt. Und übrigens: Zwischen dem, was „se“ sagten und dem was „se“ heute sagen, liegen mehr als 30 Jahre.
Für einige Menschen im sogenannten „Ostdeutschland“ ist offenbar spurlos vorübergegangen, dass sich immer irgendetwas bewegt. Gleich, ob „se“ irgendetwas machen oder nicht.
Apropos Leipziger Volkszeitung - dort öffnet sich offenbar gerade wieder das Sommerloch, denn einen ähnlichen Artikel verfasste man schon im August 2021.
Manchmal sehe ich Spuren der Ost-West-Denkweise bei den Menschen jener Länder, die sich gerne als „der Osten“ darstellen.
Nun ist „der Osten“ für allen irgendwo anders. Zum Beispiel in Mpumalanga. Als alter Hansestädter habe ich noch etwas über „die Levante“ erfahren – das hat ungefähr die gleiche Bedeutung. Politisch hieß das „Nahost“, und „sollte es noch weiter östlich sein“, dann war es eben Fernost.
Der Osten? Den gibt es nicht wirklich
Nein – hier ist mitnichten der Osten. Ja, er kommt hier überhaupt nicht vor. Dieses Ostdeutschland ist Teil der westlichen Kultur, mit allem, was sie dankenswerterweise oder auch leider ausmacht. In ihr vermischen sich germanische, romanische und weitere Einflüsse, die sich im Lauf der Jahre zu dem zusammengemischt haben, was sie heute sind: westliche Lebensweisen.
In ihnen sind alle Menschen frei und gleich, können leben, wo sie wollen, mit wem sie wollen und wie sie wollen. Das ist westliche Kultur – und das ist mindestens ein Merkmal der Freiheit.
Neidhammel und Neidschafe
Ja, ich bin mir bewusst, dass Deutschland (auch die alte Bundesrepublik) eine besondere Spezies beinhaltet: die Neidhammel. Und damit es nicht immer der arme Hammel ist, der da gescholten wird: Und Neidschafe. Die Sätze purzeln nur so: „Warum hat dieser oder jener mehr als ich?“ „Warum gibt man jenen und nicht mir?“. Keiner dieser Sätze hat irgendeinen Nutzen.
Der Staat muss nicht für alles sorgen
Manchmal schwingt ein Hauch Sozialismus mit: „Der Staat muss dafür sorgen, dass …“ Es könnte zutreffen, aber zunächst sind die Bürger verpflichtet, für ihr Wohlergehen zu sorgen – jedenfalls in der westlichen Kultur.
Die Angst vor der freien Presse
Interessante ist, dass die neue, freie, unabhängige Presse oft diffamiert wird. Im Sinne mancher Deutscher hier in den neuen Bundesländern ist die Pressefreiheit schuld. Wie kann es sein, dass die Redaktionen entscheiden, was geschrieben wird? Einer der ersten Sprüche, die ich hier hörte, war: „Jetzt werden schon Kinder indoktriniert, indem die örtliche Zeitung kostenlose Exemplare an Schulen verteilt.“
Oh nein, diese Kinder wurden nicht indoktriniert. Sie lernen, wie eine freie Presse funktioniert. Und wie sie selber die Presse- und Informationsfreiheit für sich nutzen können.
Und damit haben sie inzwischen den entscheidenden Schritt gemacht: ein Stück Freiheit schätzen zu lernen.
„Jetzt nach 30 Jahren müssen wir das endlich ändern“, solche Sätze kann man überall in den „neuen Bundesländer“ hören - und nicht nur von AfD-Anhängern, sondern von Besserwissern aller Art. Was dieses „Das“ ist? Irgendetwas, das aus dem Westen kam. Etwas Schlechtes, versteht sich.
Ein einig Volk von Gleichgesinnten
Stammtischbrüder wissen natürlich auch, wie die Fußball-Europameisterschaft hätte gewonnen werden können, und sie wissen natürlich, wie dieser Trainer aus dem Schwabenland alles hätte besser machen können. Und warum alle Politiker sowieso Luschen sind, und die Kandidaten für die Kanzlerschaft im Besonderen. Und warum Umweltschutz ganz schlecht für die Landwirtschaft ist. Von den Corona-Experten unter den Bürgern im Osten ganz zu schweigen. Die Meinungsfreiheit? Sie wird immer dann eingeschränkt, wenn irgendein Verschwörungstheoretiker, Impfgegner oder sonstiger Fanatiker seinen Müll nicht mehr veröffentlicht bekommt. Ansonsten interessieren Meinungs- und Pressefreiheit hier niemanden. Hier kann man ja sagen, was man will. Und wei der Wessie mit am Tisch sitzt und zuhört - ei, da kann man gleich noch ein bisschen in Richtung „Westdeutschland“ austeilen - so durch die Blume.
Manches ist im Osten wie im Westen
Das alles gibt es „im Westen“ auch. Es ist der übliche Stammtischmix: Die Menschen sind keinesfalls ungebildet, leisten auf ihren jeweiligen Fachgebieten möglicherweise sogar Erstaunliches - aber hier werden sie zur Masse. Hören jenen zu, die das große Wort schwingen. Pflichten ihnen bei, weil es bequemer ist, also tatsächlich eine individuelle Meinung zu vertreten.
Für mich nicht schlecht: Ich kann ein wenig in des Volkes Seele hineinsehen. Und am Ende ist alles sowieso klar - nein, niemand am Tisch würde das Risiko eingehen, sich selbst für die Buhmännerjobs anzubieten. Die Eignung als Politiker, Schriftsteller, Redakteur, Sanierer ... nein, sie sind es nicht. Sie warten, bis es andere tun, um sie dann zu kritisieren.