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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Der Anspruch auf die Gefühle anderer - ein neuer Trend?

Gefühle? Nun ja ...
Wissenschaftler glauben, einen Trend an Geschiedenen entdeckt zu haben und behaupten:

Die Ergebnisse untermauern weltweite Trends, die auf eine zunehmende Bedeutung von gefühlsmäßigen und psychologischen Aspekten in Beziehungen hindeuten.


Damit fallen diese dänischen Psychologen in den Tenor einer ganzen Gruppe von Psychologen, Soziologen und Philosophen ein, die den Verlust von Liebe, Nähe, Gefühlen und dergleichen als „psychologisch“ definierbare Werte beklagen. Messen lassen sich diese Werte allerdings nicht, und schon gar nicht in der Reinform, nämlich als „Gefühle“.

Man kann auch sagen: die konkreten Probleme, die Paare im 19. Und 20. Jahrhundert hatten, haben sich zu einem einzigen Problem verdichtet: einem Mangel an dargebrachten Gefühlen.

Wie kommt das?

Ansprüche auf Gefühle - ein Trend?

Man kann viel forschen, doch eines steht fest: Die Ansprüche an den „psychischen Teil“ der Beziehungen sind gestiegen, und der „Anspruch auf Gefühle“ spielt dabei eine entscheidende Rolle. Je höher aber die Erwartungshaltung ist, umso schwerer sind Ansprüche erfüllbar. Das ist ungefähr so wie beim Kauf eines Eigenheims: Letztlich streckt sich das Paar nach der Decke, also der Wirtschaftskraft. Wenn die frei stehende Villa in der Nähe des Seeufers nicht erschwinglich ist, tut es auch das Reihenhaus mit kleinem Gärtchen. Merkwürdigerweise glauben viele aber, die Emotionskonten des Partners seien immer prall gefüllt, und man könne dort jederzeit Abbuchungen vornehmen.

Die Psychobranche: allzeit Rat und Tat

Wer nicht an die Erfüllbarkeit der Emotionsansprüche glaubt, wird an die Psychobranche verwiesen: Dort gibt es Seminare, Kurse, DVDs und Bücher zum Thema „Gefühle erlernen“, also dazu, die Emotionen in bestimmte Bahnen zu lenken. Was letztlich heißt: "Du emotionsarmer Mensch, du weißt gar nicht, was dir gut tut: Wir aber wissen es und können dich auf ganze neue Ebenen hieven." Wobei ich immer wieder amüsant finde, dass die Kunden der Esoteriker dazu gedrängt werden „Gefühle zuzulassen“.

Den Ansprüchen der anderen gerecht werden?

Und dann? Dann werden wir den „Ansprüchen gerecht werden“ oder nach „absolvierter Beziehungsarbeit“ wieder mit unseren Partnern glücklich?

Mich erstaunt daran, welchen Ansprüchen wir dauernd gerecht werden „müssen“, und was wir sonst noch alles tun sollten, um perfekte Menschen zu sein.

Gefühl abnuckeln - ein Menschenrecht?

Könnten wir uns nicht einfach fragen, welche Rechte andere haben, an unseren Gefühlen zu nuckeln oder ungefragt Taler von unseren Emotionskonten abzubuchen? Oder welches Recht sie haben, an unsere Gefühle „Ansprüche“ zu stellen?

Ich als dazu gerade einen Artikel über offenkundig emotionsstarke Tiere, die ansonsten eher als Rossnaturen gelten: Pferde. Sie lesen Emotionen aus unserer (und ihrer) Körpersprache, handeln dann sofort danach und vergessen das Ganze hinterher wieder. Ob es uns Menschen nutzt?

Bestimmt mehr als Psychologie, Esoterik und Hokuspokus.

Das Ende des Regenbogens

Der Regenbogen über den Dünen

At the end of a rainbow,
You'll find a pot of gold


Sid Jacobson

Am Ende des Regenbogens findest du einen Topf voller Gold. Also niemals, weil du auf keinen Fall das Ende des Regenbogens erreichen wirst.

Und wo ist der Topf mit dem Gold?
Diesen Regenbogen fand ich in diesem Jahr auf der Insel Fanø.

Ein Oberhemd anprobieren

Dieser Tage wurde ich an eine deutsche Untugend erinnert. In Deutschland liegen Hemden säuberlich verpackt in Regalen, und viele Verkäufer/Verkäuferinnen zieren sich, wenn man als Kunde ein Oberhemd oder Freizeithemd anprobieren will.

Klar: Man müsste es ja entpacken, etliche Papp- und Kunststoffstücke entfernen, pieksende Nadeln herausnehmen und einige Klammern entfernen. Und am Ende – ach, was ist, wenn der Kunde das Oberhemd verweigert?

Ja, was ist dann? Das ist, verdammt, euer Risiko.

In vielen Ländern wird man vor dem Kauf gefragt: „Möchten Sie das Hemd nicht lieber probieren?“ Und ich muss sagen: Bei den Unterschieden im Schnitt und in der Passform (slim fit, modern fit, regular fit, comfort fit) kann man ohnehin kaum noch sagen, was so richtig „passt“. Zudem sind Hemden noch nach „Kragenweiten“ sortiert, was wieder verwirrt: Ein Hemd mit Kragengröße 42 trägt sich möglicherweise wie ein Sack – wenn die Konfektionsgröße eher „M“ ist.

Jedenfalls wurde ich dieser Tage wieder gefragt – auf einer kleinen Insel im Ausland. „M“ passte vorzüglich, der Kragen natürlich nicht: Aber ich trage zum Freizeithemd ja keine Krawatte – was soll’s also?

Ich wäre wirklich froh, wenn sich auch in deutschen Warenhäusern und bei Herrenausstattern herumsprechen würde, dass Hemden anprobiert werden sollten.

Intimität

Über Gefühle zu schreiben ist schwer – nicht nur in Kurzgeschichten und Romanen, sonder sogar in Zeitungsartikeln und Internetbeiträgen.

Wenn ich euch fragen würde: „Wie lange dauert es, eine gedankliche oder gefühlsmäßige Intimität aufzubauen?“, dann würde ich von den Vorlauten unter euch Antworten bekommen, die einen Zeitrahmen bieten. Vielleicht von ein paar Wochen bis zu mehreren Jahren. Die Nachdenklichen hingegen würden fragen: „Welchem Zweck soll die Intimität denn dienen?“ Und die Klugen würden sagen: „Zunächst müsste ich meine Intimität ja abbauen, um sie zu teilen – und dafür müsste ich einen Grund haben.“

Da haben wir es, das Wischiwaschi: Die „Intimität“ ist ohne Zweifel das „Innere“, das „Eigene“, das normalerweise nicht geteilt wird: Dabei ist es zunächst völlig gleich, ob wir von Geist, Emotion oder Körper sprechen.

Intimität teilen - nicht ohne Absicht

Und nun sehen wir klarer: Menschen benötigen einen Grund, um das Privateste, Verborgenste und Eigenste zu teilen.

Handelt es sich um Gedanken, so sind sie immer dann intim, wenn sie sich nicht teilen lassen. Wenn wir einem anderen Menschen einen solchen Gedanken mitteilen, dann haben wir einen Grund. Wir wollen beispielsweise wissen, ob es Menschen gibt, die ähnlich denken. Das ist ein Risiko, aus dem der Ruin oder der Ruhm erwachsen kann. Haben wir Glück damit, unsere Gedanken zu teilen, so haben wir „Gleichgesinnte“ gefunden.

Das intime Gefühl ist analog dazu ein Gefühl, das der Inhaber niemandem offenbart, es sei denn, um es zu klären. Das tut er aber nur, wenn ein Anlass dazu besteht. Im Grunde gibt es nur drei Anlässe: Wenn das Gefühl ihn so sehr bedrückt, dass er es „teilen“ will: dann geht er zum Psychoanalytiker. Ist er hingegen nur neugierig, dann sucht er bedächtig nach Menschen, die ähnlich fühlen. Hegt er nun aber legale intime Gefühle zu einer Person, beispielsweise, weil er sich in sie verliebt hat, dann muss er sich dieser Person offenbaren.

Ich denke, ich muss nicht erläutern, wieso dies alles für körperliche Gefühle ebenso zutrifft, insbesondere, wenn diese sexueller Natur sind.

Halten wir fest: Intimität ist das Eigene – der Teil von Geist, Psyche und Körper, den wir nicht mit jedem anderen teilen. Sollten wir es dennoch tun, so benötigen wir einen Anlass.

Wenn alle Regungen zu Gefühlen werden

Kürzlich las ich in einem esoterisch angehauchten Beitrag:

Unter emotionaler Intimität versteht man ein Gefühl der Nähe zu einer anderen Person.


Das „Gefühl der Nähe“? Nähe und Distanz, etwas zuzulassen oder zu verweigern sind sehr ursprüngliche Säugetiereigenschaften- und sie bestimmen weitgehend unsere sozialen Kontakte. Das „Gefühl der Nähe“ zählt also zum Repertoire unseres Verhaltens. So gesehen, ist es werde positiv noch negativ – es existiert einfach.

Wenn wir das Wort „Gefühl“ sehr weit dehnen, kann es unser gesamtes Verhalten umfassen – aber dann sind eben alle menschlichen Regungen „irgendwie Gefühle“. Und das Intime? Das teilen wir nur dann, wenn wir dazu bereit sind.