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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Tillich: Es wurde Zeit, aber vermutlich war es vergeblich

Stanislaw Tillich hat hingeschmissen – das ist zunächst eine sehr, sehr gute Nachricht. Denn dass es in Sachsen mit einer überheblichen, eher an der CSU als an der Bundes-CDU orientierten Politik so nicht weitergehen konnte, pfiffen die Spatzen von den Dächern.

Und nun will man seitens der Union nicht schuld am eigenen Desaster sein. Und da man kaum weiter nach rechts rücken kann, es sei denn, man woll die CSU überholen, sucht man Schuldigen. Und die sind natürlich nicht in der eigenen Politik, ja nicht einmal in der eigenen Geisteshaltung zu suchen –sondern bei den anderen. Auf Frau Merkel einzudreschen, gilt ja auch in CDU-Kreisen neuerdings als schick.

Mag sein, dass „Berlin“ umdenken muss, aber zuerst muss die Sachsen-CDU umdenken, die ihr gesamtes politisches Kapital verzockt hat. Zum Beispiel mit dem eingebrochenen Bildungssystem, aber nicht nur das: Es ist das gesamte System politischer Überheblichkeit, das Sachsens Ansehen seit Jahren schadet.

Die sächsische CDU kann die Bürger nicht mehr erreichen – das ist der Hauptgrund für das Versagen der
sächsischen Christdemokraten. Und nun erweist sich, dass sie nicht einmal Pläne zur Stabilisierung der Demokratie in Sachsen hat.

Ein armseliges Zeugnis – leider nicht nur für die CDU, sondern auch für Sachsens Bürger, die Ihre Zukunft verspielen, statt mutig nach vorne zu sehen.

Undankbarer Osten?

Merkwürdig – es gibt kaum Menschen in den fünf neuen Bundesländern, die Westdeutschen für die Wiedervereinigung und das viele Geld, das in den Osten aus dem Westen in den Osten herübergeflossen ist, bedanken. Stattdessen wurden Menschen aus dem Westen von Anfang an als „Besserwessis“ verhöhnt.

Dieser Undank prallt an mir ab, und dies aus gutem Grund: Ich habe während meines Berufslebens einige Kollegen gefördert und musste nach vielen Jahren ebenfalls feststellen: Sie vergessen ihre Förderer. Und wenn ich es sehr genau nehme: Ich denke auch nicht jeden Tag an die Menschen, die mich gefördert haben, so wenig, wie ich immer an die denke, die mir schaden wollten.

Allerdings – da war ja dieser Helmut Kohl, der mit seiner CDU immerhin offiziell als Vater der Wiedervereinigung gilt. Müsste seiner Partei im Osten nicht jede Art von Dankbarkeit zuströmen? Hätten nicht alle die CDU wählen müssen, weil sie den Ex-DDR-Bürgern schließlich die Freiheit zurückschenkte? Oder wenigstens Bündnis 90, wenn man die Sache als Freiheitskampf der DDR-Bürger umwertet? Ich hätte für beide Einstellungen Verständnis.

Aber nein. Am Beispiel Sachsen zeigt sich: Das Volk erweist sich von Anfang an undankbar gegenüber Bündnis 90, (1990 5,9, 2017 4,6 Prozent) und vergisst sehr schnell, wem sie den Erfolg (auch den wirtschaftlichen Erfolg) verdanken. CDU haben 1990 noch 49,5 Prozent gewählt – 2017 waren es nur noch 26,0 Prozent. Stattdessen wählte man bald eine Partei, die sich nach verschiedenen Namen heute, als „Die Linke“ bezeichnet – so, als ob man vom Sozialismus immer noch nicht genug hätte. Den Zenit ihrer Erfolge feierte diese Partei 2009, als man fast ein Viertel der Stimmen in Sachsen einheimste. Und 2017 schwenkt der sächsische Neidbürger plötzlich auf die AfD um und versorgt sie mit 27 Prozent der Stimmen – einer Partei, die weder am Aufbau der Neuen Bundesländer beteiligt war noch ihre Zukunft im Auge hat.

Ich will hier nicht zu weit gehen – ich lebe in einem der neuen Bundesländer und weiß, dass es hier sehr vernünftige Menschen gibt, die wissen, was ihnen selbst, ihrem Bundesland und Deutschland gut tut.

Aber ich weiß auch, dass der viel gebrauchte Satz „Ostdeutschland fühlt, sich abgehängt“ so nicht stehen blieben kann. Ostdeutschland wurde nicht „abgehängt“ – sondern großzügig gefördert. Und wenn man sich „abgehängt fühlt“, sollte man sich zuerst fragen: Warum fühle ich mich eigentlich so?

Eine mögliche Erklärung finde ich hier jeden Tag an den Würstchenbuden und Markständen: Wenn früher „alles vom Staat kam“, dann muss heute auch „alles vom Staat“ kommen. Und das halte ich für das eigentliche Übel – denn Politik erwächst aus dem Handeln des Einzelnen und dafür gilt, was Kennedy einst sagte:

Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!


Der Spruch mag angegraut klingen, aber für jeden Menschen gilt, dass er zuerst für sich sorgen sollte. Wenn er dazu fähig ist, auch für andere, und schließlich für seinen Staat. Nur, wer dazu nicht in der Lage ist, darf die Lösungen seiner Probleme durch den Staat erwarten.