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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Alternative Meinungen als Schlagwort

Die einschlägigen Buchläden sind voll von Esoterik, Querdenkerliteratur und anderem Unsinn. Inzwischen gibt es sogar in seriösen Buchhandlungen so ein Eckchen, in dem dieses „verquere“ Denken eine Heimat gefunden hat.

Die Verschwörer schwanken: Die einen sich noch bei alternativen Meinungen, die andren beschwören schon alternative Fakten. Beiden ist eines gemeinsam: Das, was sie sagen, behaupten und verbreiten, ist die Organisation der Unwahrheit. Manchmal unbeabsichtigt, wie ich ihnen zugutehalten will.

Alternative Meinungen und das Gift, das darin liegt

Das Problem: Sobald ich sage, ich hätte eine Alternative, bedeutet das für gebildete Menschen: Ich habe eine Möglichkeit, die alle anderen ausschließt. Wenn ich so vermessen bin, dies auch Meinungen anzuwenden, das heißt, dies: Meine Meinung ist besser als die aller anderen, und deshalb schließt sie alle anderen Auffassungen aus. Wenn ich so denke, dann werte ich also alle anderen Meinungen als „minder wichtig“ oder „völlig falsch“ ab.

Wer abweichende Meinungen verbreitet, sieht darin meist einen Sinn. Er kann sich abheben, und vielleicht hat er auch recht. Aber eine „abweichende“ Meinung ist nicht „alternativ“, sondern nur anders. Ich vertrete selbst durchaus „abweichende“ Meinungen, wenn ich darin einen Sinn sehe und hinreichend Belege dafür habe.

Denkfaulheit und dürftige Informationen

Und bevor du mich für einen dieser „Angepassten“ hältst, die ARD und ZDF folgen wie brave Hündchen – nein, das tue ich nicht. Ich verfüge über verlässliche, internationale Informationsquellen aller Art. Und die sogenannten „Mainstream-Meinungen“ entstehen auch gar nicht „durch das Fernsehen“, sondern durch Menschen, die denkfaul sind.

Religionen und andere Wege zur Einseitigkeit

Wer nun glaubt, ich würde von „Corona“ reden – nein, das ist nur einer der Auslöser für das allgemeine „Besserwissertum“. Die Menschen, die etwas „völlig anderes“ für die Wahrheit hielten, gab es schon immer. Und sie bedienten sich sehr selten bei der Wissenschaft, sondern aus Religionen, Pseudoreligionen, Aberglaube und anderen unüberprüfbaren Meinungsbildern.

Der Weg aus der Falle: Was ist eigentlich "euer Eigen" an eurer Meinung?

Und für euch ein Tipp: Wenn ihr eine Meinung habt – dann überprüft doch erst einmal, wie groß euer Eigenanteil daran war.

Leistet ihr euch euer Leben noch?

Die LVZ ist bekannt für Überschriften, die vor allem „Ostdeutsche“ ansprechen. Das ist kein Wunder, weil sie in Leipzig erschient. Doch gestern habe ich mir die Augen gerieben - da las ich in bester Boulevardzeitungsmanier:

„Ist das Leben noch bezahlbar?“

Solche saloppen Sprüche kann man vielleicht am Stammtisch ablassen, aber als Überschrift?

Es bleibt nicht dabei, denn nachdem man dort über Kaffee (das sächsische Nationalgetränk), Bier (nicht ausschließlich sächsisch, aber sicher unheimlich wichtig) und Nudeln wie auch Gemüse sprach, wurde der Satz noch einmal ähnlich wiederholt:

Können wir uns unser Leben noch leisten?

Worum es geht, sind die Preise. Sie ziehen zweifellos an, und das ist auch verständlich, denn die Produktionskosten sind in der Pandemie gestiegen. Und ja, man wird sich überlegen müssen, wie man erstens die Teuerung stoppen kann und zweitens, wie man sinnvoll helfen kann.

Ostdeutsche Sichtweisen, Polemik und Realitäten

Und natürlich steht es jedem Redakteur frei, dafür „die Ampel“ verantwortlich zu machen, die in den ostdeutschen Bundesländern ohnehin wenig Ansehen genießt, weil sie dort als nicht „rot“ genug gilt. Und um sie verantwortlich zu machen, reichen der LVZ schon Feststellungen wie „die Preisspirale dreht sich immer weiter nach oben“.

Krisen dieser Art gab es seit 1950 immer wieder, so 1973 mit einer Teuerung von 7,1 Prozent, 1974 mit 6,9 Prozent (Kabinett Brandt) , und in den Jahren 1975 und 1981(Kabinett Schmidt) mit über sechs Prozent. Die letzte größere Teuerung ergab sich im Vereinigten Deutschland in den Jahren 1992/1993 (Kabinett Kohl). Die gegenwärtige Teuerung wird vor allem auf die Corona-Krise und die Energie-Krise zurückgeführt.

Wer sich in dieser Situation fragt, ob „wir uns das Leben noch leisten können“ ist von der Polemik nicht weiter entfernt als ein Federstrich.

Zitate aus der Print- und Onlineausgabe der LVZ/OVZ vom 12.02.2022 - leider werden bei der LVZ auch allgemein interessierende Artikel benutzt, um für Abonnements zu werben.. Damit wird den normale Internetbenutzern die Informationsmöglichkeit entzogen. Das Fragment kann hier eingesehen werden: LVZ