Skip to content
Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Ausgegrenzt?

Dieser Tage hörte ich, dass Ungeimpfte sich „ausgegrenzt“ fühlen. Dazu habe ich nichts zu sagen, außer: Jeder, der eine abweichende Meinung vertritt, wird nach der allgemeinen Volks- und Küchenmeinung „ausgegrenzt“, möglicherweise gar verachtet. Das muss jeder ertragen und mit sich selbst ausmachen. Wir sind nun mal ein Volk von Neidhammeln – die einen neiden den anderen das wenige „Mehr“ an Freiheit, und wieder andere neiden ganz anderen ihr Ansehen – vom Geld ganz zu schweigen.

Liebe Freundinnen und Freunde, das ist keine Ausgrenzung. Für manche typischen Ostdeutschen bin ich bereits „ausgegrenzt“, weil ich die Werte vertrete, die ich aus der Heimat mitgebracht habe, die ich durch Geburt erwarb. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und einfach aufgehört, darüber zu diskutieren. Leider fordern kulturelle und politische Heißsporne seit einiger Zeit, die im „Osten“ Geborenen sollten eine „ostdeutsche Identität“ bewahren. Das ist nichts als Ideologie.

Ausgegrenzt? Auf keinen Fall. Wer anders denkt, muss ertragen, dass er als „Andersdenkender“ bezeichnet wird. Und damit ist er keinesfalls „ausgegrenzt“.

Was uns betrifft – oder Ausländer sind immer so ausländisch

Was uns betrifft – oder: Ausländer sind immer so ausländisch. Ja dürfen die denn das?

Was betrifft uns eigentlich? Wo hinein müssen wir unseren Rüssel hängen und Diskussionen lostreten?

Für die einen sind es „die Asylbewerber“, für die anderen ist es „der Islam“ der nach Deutschland kommt und dann entweder dazugehört oder auch nicht. Und für die Dritten sind es Ansichten und Lebensweisen, die nicht zu Deutschland gehören und deshalb – möglichst gar juristisch – unterbunden werden müssen.

Merkwürdigerweise „betrifft“ es Menschen, die gar nicht betroffen sind. Sie fühlen sich betroffen, weil sie Deutsche sind, weil sie Christen sind oder weil sie einfach nicht zulassen wollen, dass Menschen aus dem Orient oder sonst wo her anders denken und dieses andere Denken auch noch für richtig halten. Das Neue: Es sind viele Intellektuelle unter ihnen. In ihrem Inneren kann nicht sein, was anders ist, auch wenn sie sich nach außen als liberal darstellen.

„Solange sie uns nicht schaden“. würde der liberale Geist noch sagen, und der konservative Geist würde ergänzen … „besonders, wenn sie uns nützen.“ Doch dann folgt nahezu auf dem Fuß: „Es wäre natürlich besser, wenn sie sich vollständig integrieren würden.“

Wollen wir, dass Menschen in unser Land kommen, die anderen Religionen anhängen, andere Lebensweisen praktizieren und unsere Normen tolerieren, aber nicht als ihre eigenen ansehen? Falls ja, dann müssen wir ihre Andersartigkeit anerkennen und nur noch darauf achten, dass unser Rechtssystem dadurch keinen Schaden erleidet. Das ist übrigen schon seit Jahrzehnten so, bevor jemand die Asyldebatte lostrat.

Falls wir das nicht wollen, müssen wir uns auf unser Deutschsein zurückziehen und niemandem mehr einreisen lassen. Und das ist weder sinnvoll noch klug. Und überhaupt ziemlich schädlich für Deutschland.

Anders denken, anders sein

Der Bann des einseitigen Denkens - von der Grundschule bis ins Alter?
Wer im Mainstream denkt, denkt stromlinienförmig. Er glaubt, auch Jahre nach der Grundschule, dem Abitur oder gar dem Studium an die Grundsätze, die ihm diese alte Tanten und Onkels verklickert haben. Er denkt sozusagen an diesen Thesen entlang, sieht Nebenwege als gefährlich an (Rotkäppchen-Syndrom?) und hält das Anlegen von Scheuklappen für eine Tugend.

Ach, das sind ganz gewöhnliche Menschen? Und wenn es denn Zombies wären, Untertanen des großen Voodoo-Zaubers, der die „Nichtabweichung“ als Norm festlegte, um das Denken unmöglich zu machen?

Die Warnung der Mainstream-Zombies an die Abweichler

Wenn wir nicht denken, wie sie denken, und wenn wir munter und mutig Nebenwege gehen, dann warnen sie uns: Unser Weg würde uns, früher oder später, in die Irre führen. Etwa, wenn wir modellhaft annehmen, dass es einen Unterschied zwischen analogen und digitalen Denkprozessen geben würde. Hätten wir zu anderen Zeiten gelebt, hätten uns ähnliche Anhänger eines ähnlichen höheren Wesens schon dafür verbrannt, dass wir die Erde für eine Kugel und nicht für den Mittelpunkt des Universums gehalten hätten. Nun gut, wenigstens diesen Irrtum geben sie zu. Ihre Hauptschuld an den Hexenverbrennungen allerdings nach wie vor nicht.

Glaubenssätze - rechts, links und leider auch in der Mitte

Wie kann ich mit Menschen offen kommunizieren, die Glaubenssätze skandieren (die gibt es links und rechts und sogar in der Mitte)? Dabei habe ich noch nicht einmal die Menschen mitgezählt, die sich im Gutmenschenkorsett als edel präsentieren – bei ihnen könnte ja noch Hoffnung bestehen.

Vor vielen, vielen Jahren, kurz nach dessen erscheinen, hatte ich Paul Watzlawicks „Die Möglichkeit des Andersseins“ auf meinem Schreibtisch liegen. Jemand trat hinter mich und fragte, mit tadelndem Unterton: „Und das nehmen Sie für sich in Anspruch?“

Ja, das nahm ich für mich in Anspruch. Es war 1977, also vor fast 40 Jahren. Und daran hat sich nichts geändert. Und immer, wenn ich einen Zombie mit zubetoniertem Hirn sehe oder höre, dann, denke ich: Es ist gut, nicht so geworden zu sein.

Und das anders Sein, das anders Denken, das hat etwa mit dem Weltbild zu tun: Wenn wir annehmen, dass es fest und unverrückbar ist, dann haben wir längst zu denken aufgehört. Wenn wir aber annehmen, dass der Wandel beständiger ist als das einmal Festgeschriebene, dann haben wir eine Chance, unser Leben den wechselnden Gegebenheiten abzupassen. Sehen Sie, das war schon alles, was ich Ihnen heute zu sagen hatte.

Und ein Nachwort: Das Rotkäppchen-Syndrom wäre die Furcht davor, andere und sich selbst zu gefährden, wenn man vom Weg abweicht.