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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Besorgen, besorgend, besorgt

Besorgen, besorgend, besorgt - und angeblich "besorgte" Bürger

Ach ja, das Besorgen. Eigentlich heißt es „Sorge tragen für“, und damit „versorgen“ im Sinne von „für etwas verantwortlich sein, für etwas zuständig sein“. So musste also früher jemand sein Land besorgen oder ein Haus. Wenn etwas „besorgt“ ist, dann ist es getan – was heute nur noch in dem unverschämt-frotzeligen Männerjargon „die braucht jemanden, der es ihr mal richtig besorgt“ rüberkommt (1). Sehr zum Leidwesen der Frauen, die nun gar nicht glauben, dass dies aus Sorge geschieht und solche Sätze mit recht verdammen.

Ach, besorg' mir doch mal ...

Besorgen – das steht auch etwas abwegig für „beschaffen“. Meist legal in dem Sinne: „Ach, besorg doch noch mal 100 Gramm Hackepeter“, aber auch in illegalem Sinne, wenn etwas nicht legal erworben, sondern „irgendwie beschafft“ werden soll. Dann wird es „besorgt“.

Wer ist "besorgt"?

Wer sich Sorgen um seine persönliche Zukunft, sein Volk oder gar die Welt macht, der kann auch sagen, er sei „besorgt“ – nur nützt ihm das herzlich wenig. Besorgt zu sein, heißt ja, in Sorge um etwas zu sein, was sehr wahrscheinlich gar nicht eintrifft, aber schlimmstenfalls eben doch eintreten könnte. Jeder Junge und jedes Mädchen hat schon gehört, dass sie die Eltern „Sorgen machen“. Mal, weil sie einfach Eltern sind, dann, weil das Kind sich in die vermeintlich falsche Richtung entwickelt, und mal, weil die schulischen Leistungen zu wünschen übrig lassen. Von der „schiefen Bahn“ einmal ganz abgesehen.

Besorgt zu sein ist verständlich, aber keine sinnvolle Eigenschaft

„Besorgt“ zu sein ist also zwar belastend, aber eigentlich keine sehr positive Eigenschaft, ja, nicht einmal eine wünschenswerte. Menschen, die mitten im Leben stehen, ja, das Leben gar gestalten, sind nicht „besorgt“. Es ist wie mit der Zukunft: Sie gehört nicht den „Besorgten“, sondern denen, die mutig voranschreiten und die teilhaben wollen an ihrer Entwicklung.

Besorgte Bürger - Labervögel an Wurstständen?

Wenn ich von „besorgten Bürgern“ höre, dann sind es nicht diejenigen, die das Leben gestalten und ausgestalten, mit Leben füllen und der Welt Innovationen, Lust oder Glück schenken. Es sind für mich alte Männer und Frauen, die an Würstchenständen herumstehen und in Kneipen herumhängen, weil sie nichts Besseres zu tun haben – und weil sie ihr Leben eigentlich längst gelebt haben und vor allem keine Änderungen mehr wollen. Das ist verständlich, und sie können sie gerne tun – solange sie sich nicht „besorgte Bürger“ nennen. Denn dazu müsste sie nicht besorgt sein, sondern aktiv und aus Überzeugung für den Erhalt der Demokratie und der Freiheit sorgen.

(1) In historischen Quellen ebenfalls vorhanden, also nicht aus neuester Zeit.

Was die Anti-Aufklärungs-Fraktion wirklich will

„Demo für alle“ und „besorgte Bürger“ verschleiern, wer wirklich hinter diesen Aktionen steht; die Rechtskonservativen im Volk, im Adel, im Klerus und in intellektuellen Kreisen vereinen sich zum Kulturkampf.

Ein Lieblingsgegner - sonst nichts als heiße Luft

Sie haben viele Gegner. Aber leider macht es ihnen einer besonders leicht: die Gender-Fraktion, die sich selbst als Wissenschaft begreift und die nicht wenige kritische Menschen als Ideologie ohne jede wissenschaftliche Grundlage ansehen. Fielen diese als Gegner weg, so würde sich bald herausstellen, dass der konservative Haufen, der da jetzt protestiert, nicht als heiße Luft im Gepäck hat.

Klar, dass man bei dieser Konstellation scharfe Worte finden kann und damit auch Eltern gegen die Schule aufbringt. Aber was steht dahinter?

Die Ideologie und was wirklich nötig ist

Im Grunde eben auch eine Ideologie, die mit Sexualkunde kaum etwas zu tun hat.. Die Sexualerziehung soll dazu dienen, das Wissen über die eigene Sexualität zu verbreiten. Aber auch, um die Jugendlichen dabei zu unterstützen, die eigene Sexualität als etwas Normales, Gutes und Wünschenswertes anzusehen. Und genau dagegen richtet sich die Kritik in Wahrheit.

Die Wahrheit? Da soll ein konservatives Weltbild zur Norm werden

Und was ist die Wahrheit? Man will das Bild einer Konservativen, weitestgehend auf einer christlichen Ehe basierenden Sexualität vermitteln, in der Frau und Mann „in Liebe und Verantwortung zum Gelingen des menschlichen Lebens beitragen.“ Nein, das ist nicht falsch – aber es ist ein abgehobenes, unrealistisches und konservatives Weltbild, das dem Jugendlichen für den Moment in dem er es hört, gar nichts nützt. Beklagt wird auch, das niemals von der „Selbstbeherrschung“ die Rede ist, die „zur Reifung der Sexualität dazugehört“. Das hieß früher „Kein Sex vor der Ehe“ und ist mit Sicherheit auch weiterhin so gemeint.

Das Prinzip, Lust, Zärtlichkeit, Liebe und Erotik als Energiequellen des Lebens zuzulassen, muss den Rechtskonservativen, ihren klerikalen Helfern und anderen Kämpfern so ein Dorn im Auge sein, dass sie dafür die gesamte Sexualerziehung infrage stellen.

Religiöses - Die Schöpfungsgeschichte kennt keine Enthaltsamkeit

Hat man den Menschen als ganzes Wesen, als ein wundervoll gelungenes Wesen aus der Schöpfungskraft und der Natur wirklich im Auge, wenn man so redet? Ich bin kein Katholik, aber ich glaube zu wissen, dass der Sexualität nichts Unreines anhaftet, und ich kann in der Genesis nachlesen, wie der Gott der Juden und Christen die Menschen erschaffen hat: Von Enthaltsamkeit hat er jedenfalls nichts gesagt.

Niemand darf dem Menschen sein Glück verwehren

Und aus der heutigen Sicht auf die Gesellschaft? Wer glücklich werden will, darf nicht mehr als nötig dabei eingeschränkt werden. Und die meisten Menschen werden auch dadurch glücklich, dass sie als Frau und Mann zusammenleben – ob mit oder ohne Trauschein. Und einige (viele sind es nicht) schwanken zwischen der Lust, die ihnen das eine oder das andere Geschlecht geben kann – und das müssen sie auch „dürfen dürfen“. Und manche schwanken nicht nur, sondern definieren sich sogar so. Und das muss eben nicht nur legal sein, sondern auch im Hirn der Massen seinen Platz finden, sonst grenzt man diese Personen aus der Gesellschaft aus. Und dabei habe ich noch nicht einmal im Ansatz von den relativ wenigen Homosexuellen eines Jahrgangs gesprochen.

Nein – das Streben nach Glück – und zwar so, wie es sich jeder selbst definiert – darf nicht unterdrückt werden. Wer glaubt, sein Glück als katholischer Priester zu finden, wird ja auch nicht beschimpft, weil er dadurch für Ehe und Familie nicht infrage kommt. Und niemand würde auf die Idee kommen, die Schule dafür verantwortlich zu machen.

Also: Wie wäre e es, ein bisschen auf dem Teppich zu bleiben und Sexualkunde, egal wie sie angelegt ist, als etwas ganz Normales anzusehen?

Hinweis: Grundlage der Kritik war ein Vortrag von Professor Manfred Spieker , einem heute 72-jährigen deutschen Sozialwissenschaftler.