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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Endlich wieder ein Konzert - Roby Lakatos

Roby Lakatos auf der Bühne, mit seinem Gitarristen
Roby Lakatos ist ein Phänomen - und nicht nur er, sondern auch sein Ensemble, das sich überwiegend aus erfolgreichen Solisten zusammensetzt, die ihrerseits wieder eigene Ensembles leiten.

Bei Roby Lakatos gibt es keine Festlegung auf ein Genre - er spielt „Gipsy Music“, Musical-Melodien, Filmmusik und klassische Konzerte. Musiker seiner Art nannte man früher einmal „Teufelsgeiger“, weil man glauben konnte, dass ein Mensch den Bogen niemals so schnell führen konnte. Tatsächlich stammt Roby Lakatos aus der Dynastie des legendären Geigers János Bihari, auf den sich heute die Laktos-Dynastie beruft, zu der auch der bekannte Saxofonist Tony Lakatos zählt.

Ich sah und hörte das Roby Laktos Ensemble zusammen mit dem Philharmonische Orchester Altenburg-Gera unter der Leitung von Péter Dobszay unter freiem Himmel. Die Kombination „Symphonieorchester - Gipsy Band“ ist für hiesige Ohren noch immer ein bisschen „gewagt“, denn das Bildungsbürgertum trennt nach wie vor scharf in „klassische Musik“, „Musical“, Jazz und Unterhaltungsmusik. Doch erst, wenn die Grenzen fallen, wird deutlich, dass der Kern jeder Musik in den Emotionen liegt, die sie auslöst. Besonders bei den Gipsy-Musikern verblüfft der schnelle Umstieg von einem Genre auf das Nächste, der sich beinahe übergangslos vollzieht.

Das Publikum wirkte gelegentlich etwas verstört. Ein Gipsy-Geiger mit einer akademischen Ausbildung? Ein Ensemble, das aus musikalisch bestens ausgebildeten Könnern besteht? Mancher wusste nicht so recht, wie er den Abend einordnen sollte.

Roby Lakatos und Janö Lisztes

Neben Roby Lakatos spielten andere überragende Solisten, wie der Zymbal-Spieler Jenö Lisztes. Dieser wurde vor allem durch seine Interpretation des „Hummelflugs“ weltberühmt, die er auch hier in Thüringen bravourös vortrug. Besonders „jazzig“ kam der Keyboarder Robert Szakcsi Lakatos herüber, der bereits auf dem bekannten Montreux Jazz Festival brillierte.

Das Fazit? Sowohl die Solisten wie auch das Ensemble boten eine herausragende Leistung, und zusammen mit dem Symphonieorchester entstand ein lustvoll ausgelegter Klangteppich, der das Publikum letztlich doch noch begeisterte.

Wenn Säle klingen und Kritiker schwafeln

Dieser Tage schrieben viele Leute, die glauben, sei seinen klug, über die Akustik. Genau genommen darüber, ob die Akustik der Elbphilharmonie nun ausreicht, um einen Sänger und ein Orchester so zur Geltung zu bringen, dass der Humaninhalt der Saalbestuhlung vor Freude Bocksprünge macht. Oder so ähnlich. Jedenfalls erweisen sich Kulturredakteure plötzlich als ausgewiesene Fachleute für Akustik und Architektur, vor allem über deren Zusammenklingen.

Woran der Musikgenuss scheitert

Mich erinnert dieses Geschwafel lebhaft an die Diskussion der sogenannten „Musikexperten“ über die „besten Hi-Fi-Anlagen“, von denen der eine immer noch besser wissen wollte, wie sie „klängen“ als der nächste. Das Problem dabei ist, dass sie eigentlich gar nicht klingen sollen, sondern gefälligst das Zeug wiedergeben, was vorne reingeht. Dann kommt der Hörraum. Und dann der Menschen. Und das sind die beiden wirklich kritischen Faktoren, an denen der Genuss scheitern könnte.

Geräusche und Schwingungen treffen auf das Medium "Luft"

Das Problem ist immer dasselbe: Schall kommt ans Medium Luft, und da kann der Konzertsaal noch so doll konstruiert sein – wir hören überall etwas anderes. Wir sitzen mal vor dem Orchester, mal links oder rechts davon, mal mittig, mal rechts unten oder rechts oben, und mal dahinter. Und ich garantiere: Auf keinem Platz hört (oder fühlt) sich das klassische Orchester gleich an. (Ich saß heute Parkett, vierte Reihe rechts, hinter den zweiten Geigen – nicht in der Elbphilharmonie.)

Doch noch wichtiger ist, dass es so etwas wir „Objektivität“ beim Gehör gar nicht gibt. Und da schreibt ein Redakteur der ZEIT etwas sehr Hübsches, das sich die „großen Männer“ der Kritik mal hinter die Ohrwascheln schreiben sollten:

Denn Musik … findet letztlich im Kopf statt. Das Zusammenspiel verschiedener Schallquellen, die Schwingungen in den Raum und letztlich ins Gehör schicken, umgeleitet von gezielt platzierten Reflexionsflächen – all das endet als Nervenreiz in der Großhirnrinde, wo sich in Sekundenbruchteilen entscheidet, ob Anlass zur Ausschüttung von Glückshormonen besteht oder nicht.


Dem ist nun wirklich gar nichts hinzuzufügen.

Also: Auf keinem Platz, auf dem ihr jemals sitzen werdet, hört sich ein Orchester „gleich“ an, und für jedes Ohr und von jedem Standort aus klingen die Instrumente ein wenig anders.

Ach ja, und die Akustik: Wände können reflektieren und absorbieren, mehr nicht. Punkt.

Ein Nachtrag: Ich sitze sehr selten rechts hinter den zweiten Geigen - der Zufall wollte es heute so. Klar klingt das "ganz anders" als sonst - aber das wissen die Konzertbesucher eigentlich ganz gut. Und das Konzert war wirklich außerordentlich gut. Sollte ich mich da fragen, wie es geklungen hätte, würde ich im Parkett fünfte Reihe Mitte gesessen haben?
Nachtrags zwei: Der Kritiker der LVZ verriss den Dirigenten des Konzerts, das ich besuchte.