Skip to content
Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Algengeblubber: die Woche bei Sehpferd – aktuell und retro

Ende der Woche? Endlich! Das Retro-Magazin „Sehpferd bloggt“ ist im alten Stil mit alten Themen frisch geputzt worden. „Das wird nie etwas“, haben die Freunde gesagt. Heute macht man doch auf FACEBOOK oder oder auf TWITTER oder meinetwegen noch gerad mal TUMBLR, aber so etwas Altmodisches wie ein Blog …

Also: was war? Einheit. Und ein Volk, das sich nicht mehr einig ist, seit es vereint ist. Man denke: Das Volk im Osten mauert gegen eine Kanzlerin, die aus dem Osten kommt, und pfeift einen Bundespräsidenten aus, der aus dem Osten kommt? Wahrscheinlich ist demnächst der Ostwind dran oder das Osterei. Die Frau Familienminister hat sich gerade in die Sexismusdebatte eingemischt – ach, wie wichtig, Frau Minister. Sonst nichts zu tun?

Frauen sind edel, hilfreich und gut und kaufen sich ab und zu mal eine Domina, Hure oder eine andere erotische Dienstleistung. Stand in einem feministischen Magazin, sonst hätten die Sehtiere gar nicht gewagt, es zu bringen.

Ob manchmal nicht auch ein Kuscheltier gereicht hätte, wenn frau (oder man) Lust auf Zärtlichkeit und vertrauliche Gespräche hatte? Klar können Kuscheltiere sprechen. Und Blumen. (Können Sie bei Lewis Carroll nachlesen). Sie müssten einfach mal lernen, anders zu denken – quer oder besser noch diagonal.

Im Bereich der Krimi genannten Sozialklamotten gab es diesmal bärtige Kerle und reichlich eigenartige Kommissarinnen. Wahrscheinlich hat manche Arbeiterin am Fließband ein besseres Verhältnis zur Realität als die TATORT-Frauen.

In Leipzig sind zwei Junglöwen ausgebrochen. Der Zoodirektor behauptet, sie seine über den Wassergraben gehüpft –sehr unwahrscheinlich. Aber nun soll er verbreitert werden.

Wichtig: warum wir Probleme haben und keine Lösungen. Interessiert vermutlich keine Sau, ist aber eine meiner Kernkompetenzen – nicht für Säue, versteht sich.

Apropos: Wir haben Meinungsfreiheit! Und zwar nicht nur für die „privilegierte Medienfuzzis“ – na, das beruhigt doch.

Was mich schon eher beunruhigt, sind Hotlines. Statt „von ihren Kunden zu lernen“, was wirklich sinnvoll wäre, blubbern sie uns mit Blödsinn dicht. Oh, darüber könnte mich mehr schreiben. Aber die Clowns bei den Hotlines interessiert das vermutlich einen Scheiß.

Der Rest ist Retro – und etwas Eigen-Sinn.

Die Ode an den Kaffee stammt von einem britischen Gasthausschild, die Keuschheits-Aufgabe als Belohnung für Wähler stammt aus einer uralten Wahl, ein österreichischer Sex-Sender ist längst Geschichte, und Seepferd-Fans sind keine Sehpferd-Fans. Bleibt ein Geheimnis, was Sache ist, wenn jemand „Brexit“ schreit, und warum ein Fleck auf dem Tisch auf das Lokal hinweist, in dem der Wein serviert wurde. Schon die Sehjungfrau beguckt? Oder wollten Sie schwanger von einem Smartphone werden? Blubb, blubb ...

Die Radfahrerpeitsche

Radfahrerpeitschen-Werbung
So mancher Fußgänger mag keine Radfahrer – und dies aus gutem Grund. Sie fahren überall – dort, wo sie sollen, dort wo sie dürfen, und vor allem dort, wo sie eigentlich nicht fahren dürften. Was läge da näher, als die Kerle abzustrafen und sich eine Radfahrerpeitsche anzuschaffen?

Na, überrascht? Das sollten Sie nicht sein. Denn eine Radfahrerpeitsche wurde in den Urzeiten des Zweirads tatsächlich als Fahrradzubehör zum Selbstschutz verkauft. Dazu gab es natürlich auch „Peitschenhalter“, denn das gute Stück musste ja immer griffbereit sein.

Und damit man auch noch den Schießprügel mitnehmen konnte, durfte der Gewehrhalter nicht fehlen, alternativ auch als Säbelhalter erhältlich.

Das Tier des Tages: Taubenschwänzchen

taubenschwänzchen von vorne im schwirrflug


Vom Schwänzchen ist nichts zu sehen: Aber ich habe diesen Mittelmeerbewohner, der meine Sommerflieder umschwirrt, noch nie aus dieser Perspektive gesehen. Für Interessierte: Er setztsich nicht auf die Pflanze, sondern schwirrt wie ein Kolibri,

Postfaktisch – die Eliten predigen den Dummen Unsinn

fakt oder gefühl?
Postfaktisch“, erklärt uns Wikipedia, bezeichne eine „Epoche“, „in der sich die Menschen angeblich nicht allein mit Fakten beeindrucken lassen wollen.“

Beeindruckend, nicht wahr? Und was wollen sie? Sie wollen ihre eigenen Gefühle sprechen lassen. Das „Nachtatsächliche Zeitalter“ setzt stattdessen angeblich auf Gefühle, und zwar auf keine guten Gefühle. Und natürlich ist es kein Zeitalter, sondern eine relativ dreiste Behauptung über eine Tendenz, die möglicherweise gar nicht existiert.

Gab es ein „faktisches“ Zeitalter?

Haben sich „die Menschen“ jemals auf Tatsachen berufen, wenn sie geliebt haben oder gehasst haben, geknechtet wurden oder die Herrschaft gewannen? Und um mal auf das Restvolk des „Real Existierenden Sozialismus“ zu kommen: Wies ist denn dieses DDR-Volk mit Tatsachen umgegangen? Will da wirklich jemand heute ernsthaft von „postfaktisch“ sprechen? Nein, das ist kein Vorwurf an die Menschen der Ex-DDR, sondern an alle, die den Ausdruck verwenden.

Und die "Wissensgesellschaft"?

Da wäre noch die angebliche „Wissensgesellschaft“ – auch so ein Dummwort. In Wahrheit verfügten damals (sagen wir mal um 1960 bis 1990) sehr wenige Menschen über ein wirklich fundiertes, zutreffendes Wissen, und sie haben sich dann zu Eliten erhoben, die das (wenige und meist veraltete) Wissen zu Standards aufmotzten.

Neidische Eliten?

Irgendwie, so scheint mir, sind die alten Eliten ein bisschen neidisch auf all jene, die nun Google haben und sich das einst elitäre Wissen mit ein paar Mausklicks aneignen können. Dazu benötigt man natürlich ein bisschen mehr als Suchmaschinenkenntnisse, aber es ist dennoch deutlich einfacher und jedermann zugänglich.


Und wie war das nun mit „Postfaktisch“? Nein, kein Postpacktisch, wie er in jetzt in der Filiale eines Lebensmittelhändlers steht. Das Wort heißt „postfaktisch“ – wirklich. Und es wird von den alten Eliten benutzt, um dem Bildungsbürger (und dem Dummen) die Welt zu erklären.

Na ja, ich zitiere mal die NZZ und ihren Kolumnisten Eduard Kaeser. Dabei kommt der Frust der Eliten über das verloren gegangene Wissensprivileg bestens heraus (Zitat):

Bewirtschaftung von Launen: Das ist die politische Verlockung des postfaktischen Zeitalters. Ihr kommt die Internetgesellschaft als «Nichtwissenwollengesellschaft» entgegen. Wir fragen nicht, wie man objektives Wissen gewinnt und wie es begründet ist. Wir googeln. Wir haben die Suchmaschine bereits dermassen internalisiert, dass wir Wissen und Googeln gleichsetzen.


Die Suche nach der „reinen Wahrheit“, also nach dem „überprüfbar Faktischen“ ist so schwierig, dass sie nicht nur das Volk gelegentlich überfordert, sondern leider auch die Wissenschaftler. Das mag einen Physiker nicht sonderlich tangieren, einen Soziologen oder Psychologen aber schon. Diese Leute arbeiten immer mit waghalsigen Hypothesen, und leider wird bis heute jeder Schrott veröffentlicht. Und weil das Volk „die Wissenschaft“ als Ganzes ansieht, misstraut sie dem, was von Journalisten darüber verbreitet wird. Und sie Misstrauen (mit Fug und Recht) auch der „Bullshit-Geselslchaft“, die lachhafte Mantras ins Volk schleudert.

Da kann man beklagen, dass dieses Volk so empfänglich für negative Emotionen, dummdreiste Behauptungen oder den Blödsinn ist, den uns Ideologen von rechts (und natürlich auch von links) ständig vermitteln wollen.

Sicher – und man sollte es auch beklagen. Aber nicht mit neuer Verblödung beginnen, wenn man es tut. Und „postfaktisch“ ist Volksverblödung.