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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Wohlhabende Familien dürfen sich die Taschen füllen - aber andere dürfen sich auch freuen

Nun gibt's also doch keine Quadratmeterbeschränkung für das Baukindergeld. Also, wohlhabende Familien: Füllt euch die Taschen! Auch wenn's nur fünf oder zehn Prozent des Geldes ist, was ihr für euer Luxusappartement oder vielleicht gar für eine kleine Villa braucht, nehmt's mit. Die Regierung will es euch schenken.

Soweit der Sarkasmus. Er ist absolut berechtigt, weil der Staat einmal mehr Familien fördert, die keine Förderung benötigen. Und weil das so ist, kann man diese Behauptung getrost in die Tonne treten:

Mit dem geplanten Baukindergeld will die Koalition vor allem jungen Familien den Erwerb von Wohneigentum erleichtern.


Die gute Nachricht: Im Osten ist vieles möglich

Allerdings – und nun kommt der gute Teil der Nachricht: Tatsächlich können sich junge Familien im Osten – wenn die Stadt nicht zu groß ist – nun tatsächlich Wohneigentum leisten. Was überwiegend daran liegt, dass hier ohnehin keine Wohnungsnot herrscht und sich Spekulation daher nicht lohnt.

Wer also hat den echten Vorteil? Wahrscheinlich doch die Familie im Osten mit zwei Kindern, die der Staat mit den gleichen 24.000 Euro bezuschusst, wie die Familie in Köln, Hamburg oder München, die sich eine Immobilie für eine Mio. Euro leistet. Denn einmal können es 24 Prozent sein – und einmal 2,4 Prozent der Anschaffungskosten.

Sozial ist es trotzdem nicht – und Banken beleihen Immobilien in der Regel nicht zu 100 Prozent. Doch wenn die Eltern und Großeltern mitmachen, Sohn oder Tochter gegebenenfalls sogar Handwerker(in) ist, dann ist das Baukindergeld eine einmalige Chance für jede junge Familie, zu Eigentum zu kommen.

Baukindergeld – großzügiges Geschenk an gut Situierte?

Wir können kaum verhindern, dass die Reihen immer Reicher werden. Doch, was ist mit jenen, denen es sehr gut geht und die sich wahrlich nicht beklagen können? Müssen wir wirklich denjenigen Bürgern Geld schenken, denen es außerordentlich gut geht?

Angesicht der neuen Diskussion über das Baukindergeld darf man wohl noch einmal diskutieren, ob es ein Wahlgeschenk der CDU/CSU an die die sogenannten „Besserverdienenden“ war, also den Wählern, die zwischen CDU und FDP schwanken.

Als die Union ihr müdes und weitgehend blutleeres Wahlprogramm vorlegte, hieß es seitens der SPD noch:

Die CDU verteilt ihr Baukindergeld mit der Gießkanne, erreicht damit aber nicht diejenigen, die wirklich Hilfe beim Wohnungskauf brauchen.


Und genau dies beschloss dann die Koalition - zwar mit einer Deckelung, aber die lag viel zu hoch. Denn laut Koalitionsvertrag darf eine Familie mit zwei Kindern ein zu versteuerndes Einkommen von 105.000 Euro (1) haben – das ist ein wirklich großes Einkommen, wenn man es auf den Bruttolohn hochrechnet. Und eine gebrauchte Immobilie kostet nicht überall in Deutschland eine halbe Million Euro – es gibt sie in weiten Teilen der Republik schon für unter 100.000 Euro. Rechnet man nun das Baukindergeld für zwei Kinder dagegen, so entspricht dies 24 Prozent des Kaufpreises (2), plus einer sehr günstigen Tilgung, die sich daraus ergibt.

Nun will der Finanzminister verhindern, dass sich reiche Familien mit zwei Kindern das Baukindergeld sichern, die riesige Wohnungen von über 120 Quadratmeter Wohnfläche kaufen oder bauen wollen – richtig so, aber viel zu spät nachgedacht. Denn eigentlich sollte das Geld ja nicht den Menschen zugutekommen, die ohnehin in Saus und Braus leben, sondern den wirklichen „mittleren“ Einkommen, um für sie selbst genutzten Wohnraum zu schaffen.

Geldgeschenke an Begüterte? Es scheint sich einmal mehr zu bewahrheiten: Die CDU fördert ihre Klientel durch Wahlgeschenke, die im Grunde genommen umbezahlbar sind und nicht wirklich sinnvoll erscheinen.

Dabei ist das Baukindergeld eine gute Sache, denn es hilft vor allem den weniger Begüterten, Eigentum zu schaffen – und dies zu extrem günstigen Bedingungen.

Nun kräht die FDP (man höre) für die „armen Leute“, indem sie ihren Haushaltsexperten Otto Fricke dies verkünden lässt:

Wie soll man der vierköpfigen Familie mit 120,1 Quadratmeter Wohnfläche in einer alten Bergmannssiedlung im Ruhrgebiet erklären, dass sie leider komplett rausfällt und die Familie aus München im teuren Glockenbachviertel mit 119 Quadratmetern dagegen gefördert wird?


Halt mal – wie war das? Macht die FDP plötzlich in Sozialromantik mit der „Bergmannssiedlung“? Da lass ich mich doch gleich mal auf einen Vergleich ein: Die Eigentumswohnung in Gelsenkirchen dürfte bereits für gegen 100.000 Euro zu haben sein – man muss ja nun wirklich nicht nach einer suchen, die 121 Quadratmeter Wohnfläche hat, oder? Das bedeutet für den Käufer nach Abzug eines kleinen Eigenkapitals und des Baukindergelds, dass er vermutlich monatlich weniger an die Bank zurückzahlt, als er bisher Miete zahlte.

Anders im „Glockenbachviertel“. Dort könnte eine ähnliche Wohnung (falls sie überhaupt zu haben ist), gegen 750.000 Euro kosten. Dann wären 25.000 Euro allerdings ein Zigarettengeld, das man „gerne mitnimmt.“

Die Familie in der „Bergmannssiedlung“ wäre also immer im Vorteil, das Problem ist allerdings, dass es auch die Wohlhabende verschenkt, die es nicht wirklich brauchen. Egal, wie man es rechnet: Dar Kardinalfehler der Koalition lag schon darin, die Verdienstgrenze auf 75.000 Euro plus 15.000 Euro Kinderbonus pro Kind anzusetzen. Nach unbestätigten Presseberichten könnten damit "96 Prozent" (3) aller Familien in den Genuss des Wahlgeschenks kommen. Da wird der Finanzminister mit seiner möglichen Beschränkung auf 120 Quadratmeter auch nichts mehr viel ausrichten.

Hinweis: Alle Zahlenangaben ohne Gewähr.
(1) 75.000 Euro plus zwei mal 15,000 Euro für beide Kinder.
(2) 1.200 Euro pro Jahr und KInd für 10 Jahre.
(3) Nach einem Bericht des FOCUS.