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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Probleme lösen

Wie löst man eigentlich Probleme? Als ehemaliger VHS-Dozent für Problemlösungsstrategien werde ich gelegentlich noch danach gefragt.

Probleme mit den Problemen

Nun ist es nur leider so: Jede ernsthafte Problemlösungsstrategie beginnt mit der Frage: Handelt es sich überhaupt um ein Problem? Und da gehen die Meinungen bereits weit auseinander.

Für mich ist es klar:

Ein Problem ist ein Zustand, der sich nicht mehr selbst reguliert, sondern bei dem ein Eingriff erforderlich ist, um zur Selbstregulation zurückzukehren.

Oder mit andren Worten: Selbstregulation ist der Normalzustand, Eingriffe sind die Ausnahme.

In meiner Definition wird vermutlich klar, dass es nicht allein um „angestrebte Situationen“ geht, also um schwererreichbare Ziele oder gar nur unerreichbare Wünsche.

Probleme müssen beschreibbar sein, um sie zu lösen

Deshalb verlangt der Problemlöser, dass ein Problem beschrieben werden kann. Problem, die nicht beschrieben werden können, fallen automatisch aus dem Konzept.

Ich will an dieser Stelle keinen Vortag halten, sondern gleich darauf eingehen, wie wahrscheinlich es ist, Lösungen zu finden.

Nach Watzlawick gibt es drei Arten von Problemlösungen:

- Mehr desselben
- Etwas anders
- Unlösbarkeit.


Man kann nun aber noch eines hinzunehmen: einmal das Gegenteil. Man nennt das „streng wissenschaftlich“ gesprochen „Paradoxe Intervention“, und das würde im Volksmund heißen: „Versuch, es falsch zu machen – dann wird es richtig.“ Also nenne ich noch:

- Die paradoxen Lösungen

Aus der Praxis kann ich euch zwei weitere Phänomene nennen:

- Die spontane Lösung.
- Die zufällige Lösung bei der Analyse.


Das Fazit - wie wir Probleme lösen können

Ich fasse das Gesagte einfach zusammen:

Generell hat Watzlawick recht: Wir versuchen, Probleme zu lösen, indem wir „mehr desselben“ tun oder aber „etwas anders“ machen. Das „mehr desselben“ steht in Hunderten von Erfolgsratgebern. Allerdings hat die Sache einen erheblichen Haken: Je mehr wir tun, ohne auf die Selbstregulation zu achten, umso mehr müssen wir „Nachregulieren“. Das heißt, dass wir auf Dauer mehr und mehr tun müssen, um den Zustand stabil zu halten. Das ist ungeheuer anstrengend.

„Etwas anderes“ umfasst alle Lösungen, die wir mithilfe neuer Wege versuchen. Dazu müssen wir unser Problem entweder analysieren, oder ohne Analyse einen neuen Weg einschlagen. Ist unser Problem Verbissenheit, so hilft oft schon, einer paradoxen Idee zu folgen. Sollte das Problem ein Engpass sein, so hilft es uns, den „Bottleneck“ zu umgehen.

Die einfachen Lösungen treten ein, wenn die Selbstregulierungskräfte nur vorübergehend gestört waren. Wir sagen dann vielleicht „oh, letzte Woche hatte ich mich in etwas verrannt – ich weiß auch nicht, was mich dazu trieb.“ Lösungen, die schon bald erkennbar werden, entstehen durch den „Zwang zur Digitalisierung“ – das ist ein Element der Problemanalyse. Dabei fordern wir den „Problemeigentümer“ auf, den Istzustand der Situation zu beschreiben, die er ändern möchte. Wenn ihm das erfolgreich gelingt, wird die Hürde aufgehoben zwischen „Wie sieht das Problem in meiner Fantasie aus und wie, wenn ich es beschreibe?“

Das alles kann man viel ausführlicher beschreiben. Es ist wirklich kein Hokuspokus, sondern etwas sehr Konkretes.

Problemlösungen werden in Schulen nicht gelehrt

Problemlösungen werden in Schulen nicht gelehrt - warum nicht? Fragt doch bitte mal eure zuständigen Minister. Ich kann euch nur sagen, wie es funktioniert. Und ja, ich habe es einige Jahre gelehrt. Aber es ist - ich gebe es zu - lange her.

Vor einigen Tagen wurde ich gefragt, was wir in der Schule nicht lernen. Ich glaube, mich an niemanden erinnern zu können, der gesagt hätte: „Oh, wir haben gelernt, Probleme zu lösen.“ Manchmal sagen Menschen, sie hätten durchaus gelernt, Konflikte zu lösen oder bei Konfliktlösungen zu moderieren. Aber das ist nicht exakt das Gleiche.

Die Technik der Problemlösung wird oft in die Nähe von Hokuspokus, Besserwisserei oder Scheinwissenschaften gestellt. Das mag so sein, weil Problemlösungstechniken nicht auf Psychologie basieren.

Das angebliche Geheimnis der Problemlöser

Ihr „Geheimnis“ ist schnell enthüllt:

- Erstens muss es sich wirklich um ein Problem handeln.
- Das eigentliche Geheimnis liegt darin, richtig zu fragen.
- Durch manche Fragen entstehen bereits Rückkoppelungen.
- Die Rückkoppelungen können bereits zur Lösung führen.
- Wenn nicht, müssen die Ergebnisse bewertet werden.

Der Rest liegt dann in einem Schema zur Entscheidung, manchmal auch einfach in der Entscheidung selbst, wenn sich aus der vorausgegangenen Analyse mehrere Lösungen ergeben. Oftmals ergeben sich unmittelbare, nahcdem die Fragen gestellt wurden, bereits Lösungsansätze. Hier eine Art „Kochbuch“ in aller Kürze:

Das Kochbuch der Problemlösungen - stark vereinfacht

Ein Problem besteht in einer Abweichung von einem erwünschten Zustand. Das heißt, ich benötige den Zustand, wie er IST und den Zustand, wie er sein SOLL.

Der Zustand, der IST, soll mit allen Mitteln befragt werden. Also „wann, wie, wo, in (mit) welcher“ und ähnlichen Fragen. Das „Geheimnis“ liegt darin, möglichst viele solcher Fragen zu formulieren. Sodann stellt man den Zustand fest, der sein SOLL. Schließlich ermittelt man die Differenz.

Spontanlösungen

Ich will hier kein Buch schreiben, aber enthüllen, dass ein großer Teil der Probleme, die richtig erkannt werden, sich bereits während des Frageverfahrens lösen. „Oh, daran hatte ich ja noch gar nicht gedacht“, ist einer der typischen Sätze, die ich hörte, als ich noch Problemlösungsverfahren unterrichtete. Die Lösung ergibt sich in diesen Fällen aus der Rückkoppelung: Fragen, die noch nie gestellt wurden, erzwungen manchmal Antworten, sobald sie im Raum stehen.

Vermutung "technokratisch" vorzugehen

Ich muss gestehen, dass diese Technik ursprünglich auf Verfahren oder Prozesse im technischen Bereich angewendet wurde. Dennoch können es auch Personen verwenden – denn es handelt sich um ein sogenanntes „allgemeines Problemlösungsverfahren“. Das heißt auch: Fachkenntnisse nicht gefordert. Das mag manche verblüffen – und vielleicht sorgt dieser einzige Satz im Konzept der Problemlöser auch dafür, dass „Fachleute“ darüber die Nase rümpfen.

Wie löst man eigentlich Probleme?

Ich bin sehr glücklich, vor Jahren (nein, vor Jahrzehnten) eine wirksame Problemlösungsstrategie erlernt zu haben. „Probleme lösen“ wird ja werde an der Universität gelehrt noch ist es das, was man eine „exakte Wissenschaft“ nennt. Problemlöser gelten deshalb oft als Scharlatane, und vielleicht sind es einige von ihnen sogar.

Das Grundprinzip ist einfach und bei allen Methoden ähnlich:

1. Zunächst wird festgestellt, ob es sich überhaupt um ein Problem handelt.
2. Dann wird das Problem analysiert. Dies ist der aufwendigste Teil vor der Lösung.
3. Zumeist gibt es mehrere Ursachen, die dann noch bewertet werden müssen. Möglicherweise ist eine Entscheidungsanalyse nötig.
4. Schließlich werden Lösungsansätze vorgeschlagen und mindestens einer davon umgesetzt.
5. Nach einiger Zeit wird geprüft, ob die Lösung gefunden wurde.

Die Kennerschaft bei der Problemlösung liegt nicht, wie viele meinen, in der intimen Kenntnis des Problems. Sie liegt vielmehr darin, möglichst wenig vorauszusetzen und das Problem „zum Sprechen zu bringen“, das heißt konkreter: Viele kluge Fragen zum Problem zu stellen, die es zu beantworten gilt.

Manche Probleme sind sehr einfach zu lösen: zum Beispiel, wenn Sie genau wissen, wann und wie Sie etwas verändert gaben (oder es sich verändert hat). Dann setzen sie einfach den Zustand wieder ein, der zuvor herrschte (falls die noch möglich ist).

Rechte einfach zu lösen sind auch Probleme, die auf Engpässen beruhen. Sie müssen dann nur den Informationsfluss (Dokumentenfluss oder ähnlich) untersuchen und schauen, ob es eine Engstelle gibt (Bottleneck). Ist der beseitigt, löst sich das Problem von selbst.

Populär und ebenfalls sehr einfach (aber nicht gefahrlos) ist alle bereits versuchten Lösungen zu ignorieren und völlig andere Wege zu gehen (die aber leider auch erst gefunden werden müssen). Man nennt das auch Ausschlussverfahren.

Sinnlos hingegen ist, Probleme lösen zu wollen, die unlösbar sind. Dabei brechen Sie sich die Flügel – es lohnt sich also nicht einmal, damit zu beginnen.

Eines der lustigsten Fragestellungen: Sie sollen ein Problem lösen, das bereits gelöst ist. Das heißt: jeder sogenannte Lösungsansatz verschlimmert oder verkompliziert das Problem.

Zuletzt die sicherste Möglichkeit, kläglich zu versagen: Sei wenden auf ein komplexes Problem eine einfache Lösung an, die sich anderwärts bereits „bestens bewährt“ hat.

Andere Verfahren: Unterricht, für Lehrer. (Das hier geschilderte Verfahren ist ähnlich dem Problemanalyse- Schema)

Probleme haben heißt keine Lösungen zu haben

Das Problem liegt in der Mitte
Es gibt einen Satz, den ich vielen Diskussionen um vermeintliche persönliche Probleme hinzufügen könnte:

Sie haben Probleme, sobald sie keine Lösungen mehr haben.


Das Dümmste, was Sie jetzt tun können ist – Sie werden es nicht glauben – nach „Lösungen zu suchen“. Und falls sie die Dummheit noch steigern wollen: Lesen Sie Ratgeberliteratur.

Sie können nicht „nach Lösungen für Ihr Problem suchen“, denn das Problem ist in Ihnen entstanden, weil sie keine Lösungen mehr hatten. Wenn sie vorher also keine Probleme hatten, dann hatten Sie vorher eben noch Lösungen. Die Frage ist also nicht: Wo nehme ich die Lösungen her? Sondern: Wie sind mir die Lösungen abhandengekommen? Und natürlich auch: Wie gewinen ich meine Lösungsfähigkeit zurück?"

Ein Beispiel aus dem häuslichen Bereich

In Ihrer häuslichen Praxis machen Sie das genauso: Ihre einzige Beleuchtungsquellen im Schlafzimmer versagt den Dienst. Dann gehen Sie vermutlich so vor:

1. Sie schrauben die alte Glühbirne heraus und eine neue herein.
2. Falls das Problem damit nicht behoben ist, suchen Sie den Sicherungskasten und versuchen, die Sicherung wieder zu aktvieren.
3. Falls dies auch nichts nützt, lassen Sie die Anschlüsse und Leitungen von einem Elektriker überprüfen.

Die Lösung liegt also nicht irgendwo – sie liegt in dem System, das bei Ihnen „Elektrik im Schlafzimmer“ heißt. In den weitaus meisten Fällen fällt ihr Problem in die Lösung (1) oder (2). Sie haben das Problem gelöst, indem sie es systematisch und logisch angegangen sind.

Sehen Sie? Die weitaus meisten Probleme lösen Sie, indem Sie systematisch vom wahrscheinlichsten Ort oder Zeitpunkt der Entstehung ausgehen. Das war vermutlich ein Knall oder etwas Ähnliches. Jedenfalls handelt es sich zumeist um eine Veränderung.

Bei emotionalen Problemen mag dies ein wenig schwerer sein – zugegeben. Aber es ist deswegen nicht völlig anders.

Sehen Sie – in der Ratgeberliteratur finden Sie Lösungen, die für andere zu andere Zeiten und unter anderen Umständen galten – falls Sie dort überhaupt Lösungen finden. Oder die Autorinnen/Autoren versuchen, sie mit Mystik, Aberglaube und Psychologie zu beeindrucken.

Die Lösung für Ihr Problem finden Sie aber nur in sich selbst.