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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Warum hier dann und wann ein Kaninchen schreibt

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Dieses Tier weiß mehr - es ist näher an den Graswurzeln
alls ihr mein kleines, feines und wie ich meine überaus liberales Magazin häufig lest, dann fragt ihr euch vielleicht, was denn hier das Kaninchen tut. Es kommt sehr selten aus seiner Erdhöhle – doch das beantwortet eure Frage nicht, oder?

In der Literatur finden wir das Kaninchen jederzeit wieder. Etwa in „Mein Freund Harvey“ von Mary Chase – ursprünglich als „The White Rabbit“ bekannt. Und ganz selbstverständlich dann, wenn neugierige junge Damen „hinunter ins Kaninchenloch“ hopsen, so wie Alice. Und natürlich wuselt es in „Watership Down“ herum, einem Buch, indem die Kaninchen sozusagen „unter sich“ sind.

Kommen wir also zu meinem schreibenden Kaninchen. Niemand erwartet, dass ein solches Tier perfekt ist. Es muss ja, anders als wir klugen Menschen, die Dinge erst einmal erschnuppern. Die meisten Kaninchen sind etwas ängstlich und ständig zur Flucht bereit – das ist der Hauptgrund für die Tatsache, dass sie wirklich äußerst selten Schriftsteller werden.

Fassen wir das alles zusammen, dann müsste jedem klar werden, dass wir mehr auf Kaninchen hören müssten, weil sie die Nase näher an den Graswurzeln haben.

Und deshalb – ja wirklich, nur deshalb taucht hier ab und an das Kaninchen auf.

Heldenverehrung für den Literatur-Papst?

Wie ihr vielleicht wisst, halte ich Feuilletons für einen notwendigen Teil der Zeitungen, der leider aber elitär durchseucht ist. So musste ich heute lesen:

Für den Freitagabend ist die Kabarettistin Lisa Eckhart ins "Literarische Quartett" geladen, die Sendung, die einst das Lebenswerk Marcel Reich-Ranickis krönte.


Was ist denn das? Elitäre Heldenverehrung für den Mann, der einst als „Literatur-Papst“ gefeiert wurde? Niemand bezweifelt die Verdienste und das Temperament von Herrn Reich-Ranicki. Aber Achtung - wir leben im Jahr 2020, und inzwischen gab es eine Modernisierung des Formats - und neue Gedanken über Literatur, Satire und Eliten.

Fakten gefällig?

Wer nachsehen möchte, wer jemals zu den Gästen gehört und welche Bücher besprochen wurden, der darf gerne nachsehen - Wikipedia hat alles fein säuberlich aufgezeichnet. Übrigens: Meinungsfreiheit gilt für alle - für den Autor Maxim Biller wie für die Autorin Lisa Eckhart.

Meinungsmache?

Ich nehme an, dass der Meinungsbeitrag der „Süddeutschen“ auf Emotionen beruht. Er erschien dort in der Rubrik Medien/Antisemitismus. Leider kann ich dazu nichts sagen, da ich den Artikel dank der Abo-Schranke der „Süddeutschen Zeitung“ nicht lesen dufte.

Kultur ist eben nicht für jeden gedacht, nicht wahr?

Literatur und Liebe

Literaturkritik“ ist nicht nur ein Begriff, sondern auch der Name eines Rezensionsforums. Diesmal hat man einen Schwerpunkt auf „Emotionale Ambivalenzen der Liebe und Sexualität“ gelegt.

Manche werden nun sagen: „Typisch Literaturkritiker – ohne Fremdwörter und intellektuellen Anschein geht es wohl nicht?“ Aber andere werden vermutlich würdigen, dass ein Literaturmagazin überhaupt soclhe Themen anreißt.

Ob es wirklich um „den gefühlsmäßigen Zwiespalt“ geht? Ich habe da meine Zweifel – aber auch der gute Wille soll ja belohnt werden.

Wie Plots wirklich zu bewerten sind

Als Kritiker treffen Sie früher oder später auf das Wort „Plot“, das mir stets etwas befremdlich erscheint. Gemeint ist nicht mehr und nicht weniger als der „Ablauf der Handlung“, ein Begriff, der nicht weniger lapidar klingt als das Wort „Plot“

Der Wert der Plots wird überschätzt

Schreibschulen legen ausgesprochen viel Wert auf Plots, und manchmal wird dabei verkompliziert, vereinfacht oder einfach neu definiert. Wie in der Grundschule wird Ihnen verraten, dass sie ein „stimmiges Handlungsgerüst“ benötigen, das darüber hinaus noch „spannend“ oder „emotional“ sein soll. Ich kann dabei nur still in mich hineinlächeln, wenn ich von „emotionalen Handlungsgerüsten“ lese. Selbst das Wort „stimmig“ befremdet mich – was soll denn dabei eigentlich „stimmen“?

Übrigens sitzen manche Internet-Autoren einem groben Fehler auf: Sie glauben, dass der Plot genau so existierte, wie der Roman schließlich geschrieben wurde. In Wahrheit wurden die Beispiel-Plots zu den „großen“ Romanen nachträglich aus den Texten herausgezogen.

Nur sechs mögliche Plots?

Wer Schrifttum logisch betrachtet, kommt zu dem nüchternen Ergebnis, dass es eine sehr begrenze, Anzahl von Plots gibt. Wissenschaftler der Universität von Vermont haben vor Kurzem 1.700 englischsprachige Geschichten analysiert. Sie kamen nur auf sechs mögliche Plots.

Der neutrale Plot

Lassen Sie uns zunächst ansehen, wie ein neutraler Plot aufgebaut ist. Er besteht aus drei Teilen: (1) Einer Situation. (2) Einer Veränderung. (3) Einem Ergebnis der Veränderung.

Wir können dies auch anhand der Problemtheorie beschreiben:

Unsere Heldin steht vor einem Problem.
Sie versucht eine Lösung
Die Lösung erweist sich als Erfolg.


Die Lösung ist meist vielschichtig

Wenn Sie nicht so nüchtern denken und Fantasie haben, dann werden Sie sofort merken: Die Spannung wie auch die Lust, ja das System des Versagens und Gelingens liegt im Punkt zwei. Denn das, was ich hier mal flapsig als „die Lösung“ bezeichnet habe, ist eine von vielen möglichen Lösungen. „Lösungen“ außerhalb der Problemtheorie bestehen oft darin, irgendeine nahezu beliebige Maßnahme anzuwenden. Innerhalb der Problemtheorie kann die Maßnahme zwar durchdacht sein und zum Ziel führen, aber auch gar nichts bewirken oder das Gegenteil dessen, was sie bewirken sollte. Am Ende kann sich das Problem sogar als unlösbar erweisen.

Wie das gleiche Problem durch unterschiedliche Lösungen verändert wird

Nehmen wir an, Ihrer Heldin fehlt emotionale Zuneigung. Sie wünscht sich dann zumeist Liebe. Sie kann nun einige Verabredungen eingehen, feststellen, was für sie gut und richtig ist und schließlich vor dem Traualtar landen – oder eben auch nicht. Das wäre eine „beliebige Maßnahme“.

Sie kann aber auch ihre emotionalen Vorzüge entdecken, sie vielfältig einsetzen und darüber Liebe und Zuneigung zurückbekommen. Damit kann sie eine lang andauernde Periode der Lust empfinden und vielleicht auch heiraten.

Ebenso kann sie in suchtähnlicher Weise danach streben, sich ihre Wünsche zu erfüllen. Da sich dies als schwierig erweist, versucht sie, mehr und mehr Energie daraus einzusetzen und gerät dadurch immer mehr in einen „Teufelskreis“.

Eine weitere Möglichkeit wäre, die emotionale Zuneigung zu deckeln und stattdessen kühl zu kalkulieren, welche Verbindung ihr die meisten Vorteile bringen würde. Doch wie stillt sie dann ihre emotionale Bedürftigkeit?

Ich denke, nun können Sie mit den Varianten arbeiten, auch ohne jemals etwas von der Problemlösungstheorie gehört zu haben.

Die Theorie der Lösungen und ihre literarische Verwendung

Es gibt natürlich viele, viele andere Themen – aber die Idee, sich an der Problemlösungstheorie entlangzuhangeln, ist nie falsch.

Sehr vereinfacht geht das so:

Problem und Lösung passen überhaupt nicht zueinander. Das kann dennoch etwas Positives bewirken, gar nicht bewirken oder etwas Negatives bewirken.

1, Das Problem passt zwar zur Lösung, der Weg ist aber dornig. Kurz: Zum Ziel führt ein weiter Weg mit Hürden.
2. Das Problem passt zwar wieder zur Lösung, doch die Anstrengungen werden übertrieben und führen ständig in neue Sackgassen. Das heißt: Die Person wird nicht zum Ziel kommen, obgleich sie sich immer mehr anstrengt.
3. Die Umkehrung von (2): Das Problem wird verkompliziert, es gäbe eine einfache Lösung, gegen die aber meist Bedenken bestehen.
4. Das Problem löst sich durch eine ungewöhnliche Maßnahme, beispielsweise durch eine merkwürdige Begegnung oder durch eine an sich paradoxe Maßnahme.
5. Das Problem existiert in dieser Form gar nicht, und alle Lösungen führen in die Irre.

Nun noch mal zurück zu den Leuten von der Uni. Sie haben zwei lineare und vier komplexere Plots festgestellt

Zielerfüllung: aus der Misere zu Wohlstand und Ansehen.
Zielversagen: aus einer guten Ausgangslage in die Misere.
Ikarus: Hoch hinaus wollen und dabei abstürzen.
Ödipus: aus dem Tief auf die Höhen, dann ein neues Tief.
Aschenbrödel: Aufsteigen, wieder absteigen und erneut aufsteigen.
Gefangen: Tief fallen, dann wieder aufsteigen.


Hinweis: Die Übersetzungen sind frei gestaltet.

Wenn Sie mehr wissen wollen, schreibe ich Ihnen geren mehr darüber. Sie können auch bei der BBC darüber nachlesen.