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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Wer droht wem mit einer „Klima-Hölle“?

Zunächst ein inzwischen populär gewordenes Zitat eines angeblich „wert-konservativen“ Politikers: (Zitat aus der WELT)

Wir sollten unseren Kindern nicht mit der Klima-Hölle drohen.


An diesem Satz ist jedes Wort falsch.

Wir? Wer ist denn „wir“?

Einen der wesentlichen aktuellen Verursacher für den Missbrauch des Wortes „wir“ ist zweifellos Angela Merkel. Sie meinte damals „wir als Volk“. Aber „das Volk“ fühlte sich aber offenbar nicht angesprochen, ebenso wenig wie Administration. Jeder, der seither „wir“ für „das Volk“ gebraucht hat, machte denselben Fehler. Auch dieses Mal. Wer ist diesmal „wir?“. Ein Volk, das „seine Kinder“ bedroht? Wie albern.

„Unseren Kindern?“

Der griffige Ausdruck aus der Mottenkiste – nicht nur der Konservativen: „Unsere Kinder“ . Wenn etwas bedroht ist, dann ist es das Leben auf diesem Planeten – und nicht nur das „unserer Kinder.“ Wobei der Appell völlig absurd ist: Die gegenwärtige Bewegung zum Klimaschutz kommt ja aus der Jugend und richtet sich an die Erwachsenen –vor allem aber gegen konservative Politiker.

Drohen?

Niemand bedroht die Jugend – wie bereits gesagt, ist sie der Initiator, die Quelle des Protestes gegen Zögerer, Abwiegler und Aussetzer.

Und die Hölle?

Inwieweit Klimaveränderungen die Menschen bedrohen, ist Sache seriöser Forschung – und sie hat nicht mit der Hölle zu tun. Abgesehen davon sind die Initiatoren und Vertreter des Prinzips „Hölle“ wohl eher im konservativen religiösen Bereich zu finden. Die Jugend ist viel zu schlau, um sich von Höllen bedrohen zu lassen.

Die CDU in ultrakonservativ - Werteunion

Ich bin immer kurz vor dem geistigen Erbrechen, wenn Menschen über „echte Werte“ sprechen. Werte sind im Grunde immer etwas wert – nur könnte es eben sein, dass Werte dem einen etwas anderes wert sind als dem anderen.

Und da sind sie nun, die „echten Werte“. Sie seien „seit Generationen erprobt“ sagt die Werteunion, eine Art ultrakonservativer Flügel der CDU, der sich selbst – wie könnte es anders sein –als „Wertkonservativ“ bezeichnet.

Rechnen wir mal: Wenn jemand heute in den “Besten Jahren“, also vielleicht 45 ist, dann wurde er 1973 geboren, seine Eltern also gegen 1940 (ich vereinfache das mal), seine Großeltern gegen 1910 und seine Urgroßeltern gegen 1880. Nun sammeln wir mal die Werte von 1900 bis zur Geburt unseres Protagonisten ein. Man muss kein Historiker sein, um zu erfahren, dass die „Werte“ eben KEINEN Bestand hatten. Und dies völlig zu Recht.

Doch stattdessen lesen wir:

Echte Werte finden wir in den Traditionen unserer Heimat wieder: der biblischen Offenbarung; dem Humanismus und der Aufklärung; der Kulturnation Deutschland mit ihrer Philosophie, ihrer Dichtung, ihrer Kunst und ihrem Brauchtum. Das heißt für uns: Ein Wertefundament, das christlich, freiheitlich und patriotisch ist!


Also mal von Anfang an: Die Bibel entstammt dem Orient (auch die Offenbarung) den Humanismus und die Aufklärung nehmen viele für sich in Anspruch – und sie sie hat mit konservativem Denken mithin wenig zu tun. Ohne Zweifel ist Deutschland eine Kulturnation, die allerdings überall Anleihen gemacht hat, um so bedeutend zu werden, wie sie zweifellos ist. Und wer überhaupt das Wort „Kultur“ ind den Mund nimmt, ist durchaus aufgefordert, seine Ansichten zu präzisieren. Erst dann würde klar, welche Auffassung hinter den Schlagworten steht.

Wenn es darum geht, Tacheles zu reden, werden die Damen und Herren vom rechten Flügel der CDU natürlich deutlicher. Da fällt dann plötzlich das Wort „Frühsexualisierung“, die Abtreibungsgegnerschaft wird deutlich manifestiert, und eine Ehe besteht aus „Mann und Frau“, die eine Familie als Keimzelle bilden.

Das alles kann man natürlich meinen und glauben – Gedanken sind frei. Nur – und da liegt die Krux – greifen diese Konzepte die Werte Andersdenkender an. Und falls sie wirklich umgesetzt würden, wären wir wieder auf dem Strand, der unterschwellig auf der Webseite der Werteunion durchscheint: bei Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Franz-Joseph Strauß. Allein dies halte ich für einen Affront gegen eine „evolutionäre Entwicklung“.


Zitat: Werte Union

Für Katholiken ist die Freiheit nach wie vor eine Gefahr

Die Freiheit ist höchst gefährlich – für alle, die damit nicht umgehen können. Da Jugendliche mit der Freiheit nicht umgehen können, muss der Begriff der Freiheit für sie umdefiniert werden. Das jedenfalls meinen ultrakonservative Kreise, und sie bekamen jetzt ihr Buch zum Thema. Die extrem-katholische Presse bejubelte das Buch bereits.

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Wer so etwas wirklich glaubt, will die Freiheit des Seins konditionieren, das heißt, er will der Freiheit neue Fesseln anlegen, die nichts mehr mit liberalem Denken zu tu haben. Mir scheint, ein neues Buch der belgischstämmigen Autorin Therese Hargot verfolgt dieses Ziel. Ich sage: Wehret den Anfängen. Heute wir versucht, den freien Zugang zu sexuellen Informationen beschneiden– und morgen ist es vielleicht die Gedankenfreiheit selbst, die als gefährlich angesehen wird. Die Katholiken und andere Konservative klatschen erst einmal Beifall. Ihnen passt die ganze Chose nicht – und sie wollen tatsächlich den Begriff der Freiheit umdefinieren.

Der Autor dieser Zeilen weiß (wie auch all die anderen, die mit dem Thema umgehen), dass Freiheit erlernt werden muss. Wer Freiheit mit Beliebigkeit verwechselt, ist einfach dumm – das betrifft leider auch manche Akademiker, die’s besser wissen sollten.

Tatsache ist: Wer frei entscheiden will, muss nicht nur (wie Konservative meinen) in der Lage sein, zwischen „ungünstig“ und „günstig“ zu entscheiden. Doch weitaus schwieriger ist die Entscheidung zwischen „günstig“ und „günstig“. Werde ich Buchhalter oder Ingenieur? Fotograf oder freier Schriftsteller? Das sind einige der Entscheidungen, und nicht alles kann man vielfach erproben. Doch die Sexualität kann jede Frau und jeder Mann für sich frei definieren – für einige Zeit oder lebenslang – und es ist nicht falsch, zu erproben, welcher Weg zum Glück führt. Und ebenso frei sind wir all darin, den Stellenwert der Emotionen, die mit der Sexualität einhergehen, hoch oder niedrig anzusetzen. Klar entstehen dabei auch Konflikte – und auch mit denen müssen wir umgehen lernen.

Dies alles bedeutet nichts mehr als „erwachsen zu werden“. Eine neue Definition von Freiheit ist dazu nicht nötig.