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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Öffnungsdiskussionsorgien und eine zukunftslose Kanzlerin

Vor dem Tadel sollte das Lob kommen, und da muss gesagt werden, dass die eher kühle, distanzierte Art der Kanzlerin ein Segen für dieses Land war - und die, obgleich sich die Boulevardpresse eher einen „emotionalen Kanzler“ gewünscht hätte - wie in Österreich.

Verfestigung der Gegenwart - aber keine erkennbare Zukunftsperspektive

In einer Rede der Bundeskanzlerin zu den wenigen Erleichterungen wurde bereits deutlich, dass die Kanzlerin an der Verfestigung der Gegenwart stärker interessiert ist als an der Zukunft: Erst mal alles loben, was zum Kreis der „Systemrelevanten“ gehört, dann die Bürger loben, die unter den Einschränkungen leiden und was sonst so üblich ist, wenn man nicht viel zu berichten weiß. Dann ein paar „Öffnungen“. Wenig Öffnungen und nach wie vor viele Einschränkungen - aber immerhin betont die Kanzlerin stets, dass es mehr Freiheiten gäbe als anderwärts: Die Parks seien noch nicht geschlossen. Mon Dieu, was für eine Erleichterung, vor allem, wenn man das Wort „noch“ beachtet.

Die Zukunft? Die Kanzlerin hat (soweit ich mich erinnere) kein einziges Mal auch nur einen Ansatz einer Idee verkündet, wie denn die Zukunft - unsere Zukunft - aussehen könnte. Was zu der Annahme führen muss, dass die Regierung überhaupt keine Pläne hat, sondern auf das Virus starrt wie das Kaninchen auf die Schlange: in untätiger Erstarrung.

Heraus mit den Plänen - und zwar zügig

Was ist mit dem Volk, was mit der Wirtschaft? Solle oder dürfen wie nicht erfahren, wie die Zukunft unserer Länder, Städte und Gemeinden, aussehen könnte? Wenn man keine Pläne hat, soll man bitteschön den eigenen politischen Bankrott erklären - wenn man aber welche hat, dann gehören sie an die Öffentlichkeit.

Öffnungsdiskussionsorgien und freie Meinungsäußerung

Nein, Frau Merkel, das sind keine „Öffnungsdiskussionsorgien“ - das ist das gute Recht freier Menschen, über ihre Zukunft zu diskutieren. Und sie dürfen dabei mit ihren Ansichten durchaus über das hinausgehen, was der Regierung Merkel gerade in den Kram passt. Man nennt das Demokratie.

Corona-Politik: Versuch und Irrtum vor Publikum

Das Gute zuerst: Die letzten Tage beweisen, dass sich die Politik nicht vermittels der Virologen „herausreden“ kann. Die hatten nämlich eindeutig an die Politik verwiesen.

Jene gebärdete sich vorsichtig - und jeder eiert ein bisschen herum: Hier die Massengesundheit, die man wohl im Mund führen muss, wenn man die Freiheiten so massiv einschränkt, dort die Gewissheit, dass die Wirtschaft an der Krise eher nachhaltig geschädigt würde als das Gesundheitssystem. Man will nicht daran „Schuld“ sein, wenn das Virus sich erneut Bahn bricht - sei es durch den Übermut der Bürger oder durch die Öffnung der Ladengeschäfte.

Was bislang so schrecklich daran gewesen wäre, Läden zu öffnen, die deutlich weniger frequentiert werden als die Bäcker und Supermärkte, kann abermals niemand beantworten. Man schielt auf die Quadratmeter. Möglichst wenig Kunden sollen sich auf sehr viel Raum verteilen - na schön. Die Haare schneiden lassen können wir uns erst (vielleicht) in absehbarer Zeit. Und ob jemand die Füße pflegen oder die Fingernägel nachfeilen darf?

Am schlimmsten trifft es zweifellos alle, die mit Gastronomie, Hotellerie oder Tourismus zu tun haben. Ein großer Teil dieser Unternehmen wird wirtschaftlich nicht überleben, zumal man diesen Branchen seitens der Regierenden nicht einmal eine Perspektive gab.

Versuch und Irrtum als Politik?

Das Motto der Kanzler und der Ministerpräsidenten scheint auf „Versuch und Irrtum“ zu basieren. Die bescheidenen Versuche in Ehren - doch was passiert eigentlich, wenn sie sich irren sollten?

Die Kanzlerin jedenfalls, so geschickt sie auch argumentierte, hinterließ bei der Pressekonferenz einen etwas gequält-positiven Eindruck. Etwas Optimismus hätte ihr (und uns) wirklich nicht geschadet.

Die Krise - Vernunft, Spekulationen und Presse

Sinnreiche Rede: die deutsche Bundskanzlerin
Die deutsche Bundeskanzlerin verdient viel Lob. Sie sagte in ihrer Rede, was Sache ist, ein bisschen rhetorisch, aber durchaus kompetent und verständlich.

Klar - so ganz lässt sich die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mit der Corona-Krise vergleichen, doch dies ist mit Sicherheit zutreffend (Kanzlerin):

Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt.

Denn genau darauf kommt es an, und nicht auf das, was Die Sensationspresse uns täglich „andreht“. Auch darauf wies die Kanzlerin indirekt hin. Wer wissen will, was „Sache ist“, findet beim RKI die Informationen, die er braucht - und keine Horrormeldungen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg - fotografieren war verboten ...
Voraussagen sind Spekulationen

Die Krise zeigt uns die Grenzen der Voraussagen: Alles, was Zeitungen über die Dauer der Krise und die zukünftige Entwicklung schreiben, beruht auf vagen Annahmen oder gar kühnen Spekulationen. So spekuliert der österreichische Bundeskanzler öffentlich über die Dauer der Krise, was nicht hilfreich ist. Und er kritisiert weiterhin die EU und meint die Bundesrepublik Deutschland. Ach, Herr Kurz - Sie haben genau die gleichen Zahlen wie wir alle und verbreiten Spekulationen, die keinem Menschen auf dieser Erde helfen.

Zahlen allein sagen gar nichts aus

Apropos Zahlen und Experten - die täglichen „Fallzahlen“ sind eine Sache, und wir sollten sie nicht bezweifeln: Ihre Hochrechnung und Interpretation ist allerdings weitgehend spekulativ, und wir sollten überaus kritisch sein, sie zu verbreiten. Wo über „exponentielles Wachstum“ schwadroniert wird, sollte man besser einmal lesen, was der Mathematiker Stefan Flasche dazu der Deutschen Welle sagte.

Expertokratie als Alternative?

Inzwischen darf auch gefragt werden: Wer hat eigentlich die Bewertungshoheit für eine „Krise“? Die Boulevardpresse, die Politik oder die diversen „Experten“, vom Virologen über den Psychologen bis zum Mathematiker? Vorerst ist dies nur eine Frage - aber sie wird immer brisanter, je mehr Krisen von „Fachleuten“ beeinflusst werden.

Ob ich euch nicht etwas Netteres schreiben könnte? Fragt mich doch einfach - vielleicht mach ich es wirklich.

Nuhr, die Kanzlerin und die Jugend

Der Mann ist Satiriker, und erfreulicherweise kein Sozi-Unterstützer und wohlhabender Kapitalismuskritiker, wie so viele andere. Und er darf auf der Bühne sagen, was er denkt.

Was Nuhr nicht begreift, ist: Es muss eine neue, Erfolg versprechende Bewegung geben, die weder „rechts“ noch „links“ ist. Die Umwelt mag nur ein Vehikel sein, um die Massen der Jugend zu begeistern. Wer sie jedoch ignoriert, der verkennt, dass Veränderungen nicht „von selbst kommen“. Es sind Menschen, die sie schaffen.

In diesem Zusammenhang fällt mir auch die überhebliche Bemerkung der Kanzlerin ein, die ich hier mal zitieren darf:

(in Thunbergs Rede) … in der aus meiner Sicht nicht ausreichend zum Ausdruck kam, in welcher Weise Technologie, Innovation gerade im Energiebereich, aber auch im Energieeinsparbereich uns Möglichkeiten eröffnet, die Ziele zu erreichen.


Mit solchen Totschlagargumenten haben schon unsere Gymnasiallehrer gearbeitet: Man macht die Jugend mundtot, indem man sie auffordert, Alternativen zu nennen - das nannte man damals „konstruktive Kritik“. Aber das konnte die Jugend gar nicht leisten, und das wussten diese verdammten Schulmeister damals natürlich recht gut.

Also Vorsicht: Bitte die Jugend nicht unterschätzen, das kann zu fatalen Entwicklungen führen.

Das falsche WIR der Kanzlerin hat Folgen – und was nun?

Wer erinnert sich nicht an das „Wir“ der Kanzlerin: „Wir schaffen das.“ Mag ja sogar sein, dass es nicht bloße Rhetorik war, obgleich dies sehr wahrscheinlich ist.

Aber der Satz hatte keine Substanz. Denn eigentlich bedeutete er: „Na, Städte und Gemeinden, nun seht mal zu, wie ihr damit zurechtkommt.“ Heute wissen wir: Sie kamen damit nicht zurecht, und sie sind weiterhin nicht in der Lage, die Situation zu beherrschen. Und nun ist der Rechtsstaat in Gefahr.

Der Ansturm der Vertriebenen

Klar: Das alles gab es schon mal. Als die Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten das damalige Vierzonenland überfluteten. Sie kamen, integrierten sich und wurden integriert. Und dies, obgleich sie manchem doch recht fremd vorkamen. So richtig „Deutsch“ erscheinen die „Rucksackdeutschen“ oder gar „Pimocken“ (3) den Einheimischen dann doch nicht. Auch die Querelen hielten sich in Grenzen: ein bisschen Arroganz bei den „Ostbaronen“ ein bisschen Neid bei den Westlern, weil die Menschen aus dem Osten angeblich bei der Wohnungssuche bevorzugt wurden. Der FAZ-Kommentator sagt dazu richtigerweise (1):

Hat sich jemand in Berlin einmal angeschaut, was nach 1945 bis weit in die Fünfziger Jahre hinein getan wurde, um Flüchtlinge in der Bundesrepublik zu integrieren und die Stimmung in der Bevölkerung nicht überkochen zu lassen? Es lohnt sich. Dagegen ist das, was jetzt geschehen ist, kaum der Rede wert.


Die Integration der Gastarbeiter - Verantwortung geschickt abgeschoben

Ganz anders war es bei den Gastarbeitern, deren Wesen und Kultur erheblich kritischer angesehen wurde, als dies heutzutage der Fall ist. Ein Italiener war damals ein Fremdling, und bestenfalls seine Eisdiele war beliebt. Aber ein Bauarbeiter aus Sizilien? Doch auch diese Situation wurde gemeistert – die Politik schob die Integration erfolgreich auf die Wirtschaft ab. Und so war es: (2)

In den 1950er und 1960er Jahren kommen die ersten "Gastarbeiter" mit Sonderzügen nach Deutschland. Am Zielbahnhof werden sie registriert, mit einer warmen Mahlzeit versorgt und auf die Züge verteilt, die sie zu ihren Arbeitgebern im Bundesgebiet fahren. Dort werden sie meist in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Größere Betriebe organisieren Dolmetscher, die den Ankömmlingen den Anfang erleichtern sollen. Sie erklären, wie man in Deutschland einkauft, Straßenbahn und Busse benutzt und helfen beim Einlernen am Arbeitsplatz. Viele müssen aber von Anfang an auch allein zurechtkommen.


Die Politik (Kabinett Adenauer II bis Adenauer V) konnte sich die Hände reiben. Zwar gab es einige Zwischenfälle, aber die Arbeitgeber hatten Herrn Adenauer die wesentlichen Schwierigkeiten abgenommen. Und nachdem sich die Wogen geglätteten hatten, erwiese sich, dass sich insbesondere die Italiener, recht viele unter ihnen Bauarbeiter, Eigentum schufen. Das verbindet automatisch zu einem ganz anderen WIR.

Frau Merkels schwerwiegender Fehler

Ja, und dann kam eben Frau Merkel, stellte sich auf ein Podest, warf das Wort „WIR“ in den Raum und meinte, die anderen würden für sie schon die Kohlen aus dem Feuer holen.

Mit dem WIR schmücken sich mittlerweile auch die Rechtsradikalen. Zum Beispiel in Leserbriefen und Hasskommentaren, in denen sie stets darauf hinwiesen, dass sie das Volk repräsentieren. Und sie verwenden dafür das „WIR“ verschwenderisch. Das klingt dann so: Nun müssen WIR also dafür sorgen, nun müssen WIR uns dagegen wehren, nun müssen WIR uns dagegen schützen. In Wahrheit ist es freilich das wirklich „unsrige“, die Verfassung, die geschützt werden muss - gegen die Angriffe von Rechts.

Die FAZ schrieb dieser Tage in einem kontroversen Artikel sinngemäß, dass es einen Raum geben müsse „zwischen rechtsradikalen Agitatoren sowie asozialen Trittbrettfahrern auf der einen und den moralisierenden Agitatoren auf der anderen Seite.“

Und genau diesen Raum müssen „wir“ als Hüter der Grundrechte und als ehrbare Disputanten betreten und möglichst viele Menschen davon überzeugen, dass hier ihre Heimat ist.

Zitate:

(1) Zitate aus der FAZ
(2) Wirtschaftswunder, Gastarbeiter.
(3)Vertriebene, Flüchtlinge aus Ostgebieten.