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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Das ICH, das SELBST, die Persönlichkeit – was ist was?

Das Ich – ach ja, das ICH. Auch wer nicht im Zentrum philosophischer oder psychologischer Gedankenwelten lebt, wird vermutlich das Zitat kennen „ich denke, also bin ich“. Oder ganz modern: „Es gib kein ich, aber es gibt mich“ von Ansgar Beckermann.

Das ICH - Heiligtum ohne feste Größe

Jener Ansgar Beckermann stellte auch das bisherige Konzept des ICHs infrage. Die bisherigen Philosophen nahmen an, das ICH als Instanz aufbauen zu können, gaben ihm den Charakter eines Substantives „das ICH“ und behandelten es daraufhin als eine feste Größe. Als Sigmund Freud sich daran machte, „das ICH“ als Instanz für die Psychoanalyse zu verwenden, war es um die neutrale Verwendung geschehen. Im Lauf der Zeit wurde daraus das bekannte Dreiermodell, das ICH, das ES und das Über-Ich, alle drei als Substantive.

Das SELBST - Vereinfachungen, aber auch bizarre Blüten

Einige Jahrzehnte später kam die humanistische Psychologie auf die Idee, einen neuen Begriff zu verwenden – umfassender, persönlicher und nicht ganz so professoral: Das Selbst. Damit waren zumindest die drei zoffenden ICH-Komponenten des Sigmund Freud vom Tisch. Doch auch bei den „Neuen“ war das „Selbst“ ein Substantiv. Das heißt, die neue Psychologie nahm an, es gäbe ein „Selbst“ und empfahl zugleich, dieses Selbst zu entdecken. Es galt auch als das „eigentliche Selbst“ oder „das wahre Selbst“ – und man konnte gute Geschäfte damit machen, dieses „Selbst“ erfahrbar zu machen. Das geschah etwa zu den Zeiten, als der erste Psycho-Boom bizarre Blüten hervorbrachte.

Heute: "die Persönlichkeit"

Viel Später wurde manchen Psychologen klar, dass sie um einen Götzen herumtanzten – ein kompaktes „Selbst“ war so wenig erkennbar wie die drei ICH-Schwestern. Was den Menschen ausmachte, war vielmehr die Persönlichkeit, die sich ihrerseits wieder aus einzelnen Elementen zusammensetzte.

Die Tänzchen um das "wahre Selbst" und die Authentizität

Im Zusammenhang mit dem „wahren Selbst“ ist in den letzten Jahren oft von Authentizität die Rede. Wer so redet, hat den die Grenze zwischen einer nachvollziehbaren Lehre und einer fragwürdigen Pseudo-Psychologie überschritten. Denn wann und wie wir „authentisch“ sind, können wir nur selbst feststellen. Um es klar zu sagen: Es gibt keine Maßstäbe für das „wahre Selbst“. Wenn wir „unser Selbst in Erfahrung bringen“ und dabei tatsächlich Erkenntnisse sammeln, so sind es nie messbare, überprüfbare Fakten, sondern lediglich Gedanken, die dabei hervortreten. Sie können als eine „tiefere Einsicht“ bezeichnet werden, und deshalb durchaus wertvoll sein. Zu beachten wäre aber – auch Einsichten müssen zuerst durch den Filter der eignen Gedankenwelt, um alltagstauglich zu werden.

Fakten bei Hofgrefe
Über das "wahre Selbst" bei "Spektrum"

Das Unterbewusste

Keine Frage - als ein gewisser Herr Freud uns gesagt hat, dass unser Denken und Handeln nicht vom Verstand allein gesteuert wird, brach eine mühsame Konstruktion des Menschseins zusammen. Sie wurden in einen Zusammenhang mit Kopernikus und Darwin gestellt, weil sie die dritte menschliche Illusion raubte. Die Erde ist nicht der Mittelpunkt des Universums, der Mensch ist keine eigenständige Schöpfung und unser Denken kann nicht alle Handlungen erklären.

Der Geburtsfehler einer Theorie

Die Sache hat allerdings einen Geburtsfehler: „Das Unbewusste“ drückt aus, dass dieser Zustand wirklich existiert, das heißt, dass er irgendwie „fassbar ist“. Zudem verlockt der Begriff dazu, das Unterbewusstsein „woanders“ zu verorten als in unserem Gehirn. Dies zeigt sich vor allem daran, dass wie nicht von „unterbewussten Anteilen“ oder „unterbewussten Beeinflussungen“ sprechen, sondern oftmals von „dem Unterbewusstsein“.

Die Fangemeinde des Herrn Freud

Das wäre noch erträglich, wenn dieser Begriff nicht von einer begeisterten Fangemeinde aufgegriffen worden wäre. Nachdem sie sich zu Experten aufgeschwungen hatten, ließen sie ihre Erklär-Bärinnen und Erklär-Bären los, um die Welt zu belehren. Dabei wurde behauptet, unser Dasein (unsere Kommunikation, unser Handeln) würde nur zu zehn bis 20 Prozent vom „sichtbaren Bewusstsein“ bestimmt, aber zum „größten Teil“ von unserem „Unbewussten“.

Was charmant klingt, muss nicht wahr sein

Das kling charmant, vor allem für Esoteriker. Doch die Zuordnungen sind rein willkürlich und stimmen auch theoretisch nur dann, wenn man Freud‘schen Definitionen folgt. Demnach wird das „Es“ unter der Oberfläche vermutet, während das Über-Ich teils oberhalb, teils unterhalb der Bewusstseinsebene herumspukt. Das bewusste “Ich“ ist demnach immer erkennbar, zumindest im Handel.

Die Evolution als Schlüssel für die Wahrheit

Wer die Sache von der menschlichen Evolution aus betrachtet, wird das Modell eher belächeln. Warum sollten uns unsere vitalen Impulse bewusst werden? Sie laufen „automatisch im Hintergrund“ ab, und es ist unser Primaten-Erbe. Selbstverständlich überprüft unser Verstand oftmals, ob es solche Impulse „durchlassen“ soll. Das gilt vor allem für Impulse wie die Gewalt oder die Lust an der Fortpflanzung. Wir lernen im Grunde in unserem ganzen Leben, welche Impulse wir zulassen sollen, dürfen und müssen und welche nicht. Und wir machen dann und wann Fehler dabei. Rechtfertigt dies die Theorien der Freud-Populisten? Müssen wir „Bewusstes“ und „Unbewusstes“ wirklich separieren? Und benötigen wir solche unscharfen Begriffe wie „das Vorbewusste“? Ist die „innere Kommunikation“ nicht viel mehr ein dynamischer Prozess, der nur dann bedeutsam wird, wenn er lebensentscheidend ist?

In einem älteren Werk über das Gehirn heißt es sinngemäß: Je mehr Antworten wir finden, umso mehr Fragen werfen wir auf. Das ist gut und richtig, weil wir später dann ein genaueres Bild bekommen.

Auf ins 21. Jahrhundert!

Indessen: Wenn wir uns an die Freud‘sche Theorie klammern, dann bleiben wir im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert stecken. Und wenn ich sehe, wie oft das „Eisberg-Modell“ heute kommerziell genutzt wird, dann beginne ich, auch am Inhalt er übrigen Aussagen zu zweifeln. Was muss ich eigentlich von Menschen halten, die mit den Mitteln des späten 19. Jahrhunderts Erfolge im 21. Jahrhundert versprechen?

Psychoanalyse und Therapie

Künstlerdarstellung des Kampfes mit Dämonen (Südafrika)
Psychoanalyse und Therapie - aus der Sicht des Beobachters im 21. Jahrhundert

Die meisten Menschen, die man nach der Psychoanalyse fragt, sehen den Fragesteller entweder befremdet oder bewundernd an. Zumeist haben zumindest Abiturienten ein rudimentäres Wissen: „Aha, Freud …“ oder „da war doch die Sache mit dem Unbewussten, nicht wahr?“ Manche gar können die ICH-Zustände benennen oder wissen, dass die Angelegenheit etwas mit Kindheitserfahrungen zu tun haben soll.

So weit, so gut. Freud, der Wiener Arzt und Erfinder der neuen Wissenschaft, wird nach wie vor vergöttert, und seine Lehre wird für das Evangelium gehalten. Wer sie nicht heiligt, begeht so eine Art Gotteslästerung. Dabei werden die Verdienste des Sigmund Freud nicht geschmälert, wenn man nicht so schrecklich dick aufträgt. Denn wenn jemand genau hinschaut, wird er immer finden: Der Klient ist derjenige, der sein eigenes Problem lösen muss. Der Therapeut ist sozusagen ein Helfer dabei, ohne den es oft nicht möglich ist, den „Knoten“ zu lösen.

Würde jeder so denken, dann hätten wir alle wesentlich weniger Vorbehalte gegen die Psychoanalyse oder auch gegen die Therapieschulen.

Reden wir mal von Letzterem. Die „Inflation der Therapieformen“ ist - zumindest für Deutschland - zusammengeschrumpft. Wir hören, dass es noch drei Formen gibt, die den Segen der Mediziner erhalten haben:

Psychodynamische Verfahren

Das Ziel ist, die Lebensgeschichte aufzuhellen und dort die „Knoten“ zu finden. Naturgemäß kann dies recht lange dauern. Die Therapie beruft sich im Wesentlichen auch heute noch auf Sigmund Freud.

Verhaltenspsychologische Verfahren

Wie der Name sagt, geht es dabei um jenes Verhalten, das den Klienten stört. Versucht wird, dieses Verhalten zu verändern und die Selbstregulation wiederherzustellen. Die Methode gilt als relativ verlässlich. Als Entdecker wird oft Frederic Skinner genannt.

Systematische Verfahren

Im Grunde ist damit die Familientherapie gemeint, aber auch alle sonstigen Verfahren, die das soziale Umfeld mit einbeziehen. Die Therapie ist relativ neu und hatte viele Mütter und Väter. Sie ist die einzige bislang bekannte Therapie, die sich im theoretischen Teil auf die Kybernetik beruft.

Deutsche Ansichten: Gesprächstherapie zweitrangig

Es gab und gibt andere aussichtsreiche Verfahren, die aber nicht den Segen der Gremien bekam, die in Deutschland entscheiden, was gut und sinnvoll ist. Besonders die Gesprächspsychotherapie, entdeckt und beschrieben von Carl Rogers, geriet in die Mühlen der Gutachter. Sie wurde mal anerkannt, dann aber auch wieder nicht.

In den USA und den meisten anderen Ländern existiert eine solche Diskussion nicht, im Gegenteil:

Sie ist eine der einflussreichsten und grundlegendsten Behandlungsmethoden in der modernen psychologischen Praxis und wird in der modernen Psychotherapie fast universell angewendet. Sie wird jedoch selten als alleinige Therapieform verwendet, sondern typischerweise wird sie mit anderen Therapieformen kombiniert.

(Englische Wikipedia)

Würden wir die Sache einmal auf das Wesentliche reduzieren, nämlich innere Konflikte aufzulösen, die nahezu jeden betreffen, dann wären wir einen Schritt weiter. Nahezu jeder Mensch hat diese Konflikte, und bevor daraus „Neurosen“ entstehen, haben die meisten Menschen Gelegenheit und Mittel, darauf einzuwirken.

Wäre diese Sichtweise ein erster Schritt, die Dinge auf die Erde zurückzuholen? Immerhin finden die Konflikte ja im Hier und Jetzt statt.
Foto: © 2021 by Liebesverlag.de

Zitate und zum Weiterlesen:

DVP (differenziert) Was ist Psychoanalyse?
Psychoanalytische Erläuterung als Kontrast zum Vorgenannten.
Hervorgehobenes Zitat: Wikipedia, englisch.



Freud, das ICH und ich

ICH - ein Wort in vielen Farben
Nein, Freud hat das ICH nicht erfunden. Es beruht auf einer relativ einfachen Überlegung: Ich erkenne mich, indem ich denke. Im weiteren Sinne ist das ICH also der Träger des Selbstbewusstseins.

Freuds bahnbrechende Erkenntnis war eine andere, der als „dritte Kränkung der Menschheit“ in die Geschichte einging (1):

Ein beträchtlicher Teil unserer Wahrnehmung unterliegt nicht der Herrschaft unseres erkennbaren (bewussten) Willens.

Um diese, für die damalige Zeit (1917) „unerhörte“ Behauptung zu untermauern, wurden dem Bewussten ICH (ego) gleich zwei Brüderchen zur Seite gestellt: Das ES (id) und das ÜBER-ICH (super-ego).

Wenn das Pferd den Reiter führt

Die Verhältnisse beschrieb Freud (2) recht blumig (hier im Verhältnis ICH zu ES):

(Das ICH …) gleicht so im Verhältnis zum Es dem Reiter, der die überlegene Kraft des Pferdes zügeln soll … Wie dem Reiter, will er sich nicht vom Pferd trennen, oft nichts anderes übrig bleibt, als es dahin zu führen, wohin es gehen will, so pflegt auch das Ich den Willen des Es in Handlung umzusetzen, als ob es der eigene wäre.

Obgleich die Theorie von Freund im Beispiel sehr anschaulich geschildert wurde, verkam der Begriff des „Unterbewussten“ sehr schnell zu einem Schlagwort – und in ihm hauste dann auch sehr verborgen das geheimnisvolle „ES“.

Eine Theorie wird fad …

Die Theorie ist mittlerweile etwas angegraut. Unter anderem, weil nicht recht plausibel wird, warum drei ICHs in unserem Leben herumwuseln, aber weder ein „WIR“ noch ein „ANDERE“. Auch wird nicht klar, auf welche Weise sich unsere drei ICHs durchdringen, umschlingen oder zu einem Knoten werden (3).

Wie Eric Berne Freud in den Alltag rettete

Hätte es nicht Eric Berne gegeben, dann wäre die Theorie als „ganz nett“ zur Seite geschoben worden. Berne dachte bei seinen Betrachtungen eher an Alltagsphänomene als an Theorien. Und so fand er das Prinzip „PAC“, das Freuds Theorien aufgriff, sie aber entmystifizierte.

Es besteht aus exakt den gleichen Komponenten wie bei Freud:

(A)DULT repräsentiert das ICH.
(P)ARENT stellt das ÜBER-ICH dar.
(C)HILD ist das ES.


Der Unterschied besteht darin, dass die Prozesse nicht „in den Tiefen des seelischen Eismeers“ liegen, wie im „Eisbergmodell“ der Psyche behauptet wird. Vielmehr suchte und fand Berne die drei Elemente des ICHs in der Kommunikation.

Was hat das mit mir zu tun?

Was ist nun mit meinem ich, was mit mir? Eine Dame, selber Ex-Journalistin und Autorin, bezweifelte meine Fähigkeit, die drei ICH-Formen zu trennen und aus den Einzelelementen Texte zu erzeugen.

Dabei war ich noch recht handzahm. Als Autor auch (aber nicht ausschließlich) im Stil des Über-ICH zu schreiben ist bis heute für mich ein journalistischer Auftrag. Der damalige Original-Text, der heute nicht mehr auf meinen Webseiten zu finden ist, lautete (4):

Mein Über-Ich analysiert kritisch, bewertet sorgfältig und schreibt mit Bedacht, aber nicht ohne Biss - mal unter einem Pseudonym, mal unter eigenem Namen.

Gebildet sein und "deutsche Intellektuelle"

Wahrscheinlich hätte ich mich damals besser nicht auf Freud berufen, sondern gleich auf Eric Berne. Doch hier gibt es wirklich ein Problem deutscher Intellektueller: Jeder weiß irgendwie irgendetwas etwas zu Sigmund Freud zu sagen – schließlich ist man ja humanistisch gebildet. Aber Eric Berne?

Und in diesem Sinne wünsche ich meinen Leserinnen und Lesern viel Freude mit euren eigenen ICHs. Und noch ein Tipp, gratis: Nehmt nicht alles so schrecklich ernst – es führt zu Falten im Gesicht.

(1) Wikipedia.
(2) Quelle: DLF.
(3) Das erforschte sehr ausführlich Ronald D. Laing
(4) Aus meiner ursprünglichen Webseite, die ich als Autor anlegte.

Das Selbst – geschenkt, verschwendet, missbraucht, vergessen

Das SELBST ist ein gutes Beispiel dafür, wie weit sich die akademische Psychologie von der menschlichen Wirklichkeit unterscheidet. Ein kurzer Blick auf WIKIPEDIA gibt uns Einblick in die verworrene akademische Welt. Ja, der Begriff wurde von Carl Gustav Jung eingeführt, aber seine Blütezeit erlebte der Begriff in der humanistischen Psychologie.

Wie das SELBST in die Welt kam

Bevor es das SELBST gab, existierte das ICH. Zunächst interessierte es nahezu ausschließlich Philosophen. Das wurde anders, als sich Ärzte damit beschäftigten. Seither ist das ICH der Heilige Gral der Psychologen und eines der Lieblingsthemen in den Zirkeln, die „psychologieaffin“ sind. Begriffen hat die Freud’sche Konstruktion kaum jemand außerhalb der Psychologie, schon gar nicht die Menschen aus dem Volke. Die drei Begriffe „ICH“, „ES“ und „ÜBER ICH“ zu gebrauchen, ist neben den Elfenbeinturm-Bewohnern vor allem den Bildungsbürgern vorbehalten. Irgendwie steht Freud dort neben Mozart und Goethe – als Lichtgestalt.

Etwas im Alltag Verwendbares? Oh Schreck!

Als Eric Berne die Begriffe auf den Alltag herunterbrach (1) , wurde er zunächst verachtet. Seine Lehre „PACH“ entsprach nicht den akademischen Standards. Es ist aber bisher die einzige praktische anwendbare Lehre, die aus der ICH-Verschachtelung entstanden ist.

Das SELBST, das SEIN und die ANDEREN

Das SELBST sollte uns von der unheiligen Dreifaltigkeit erlösen. Der Begriff sorgte dafür, dass wir unsere Emotionen und/oder unser Verhalten in einem Begriff zusammenfassen konnten. Das SELBST wurde zum Zentrum des Bewussten wie des Unbewussten – das leuchtet vielen Menschen ein. Ronald D. Laing erkannte, dass zu unserem inneren „Universum“ auch noch ein „ANDERE“ gehört – und auch er wurde dafür von den Gralshütern der Psychologie verachtet. Und das hat sich bis heute nicht verändert.

Wie das SELBST unter die Räder kam

Das SELBST geriet schnell in schlechte Gesellschaft: Gurus, Esoteriker Geschäftemacher besetzten es in kürzester Zeit. Die Idee, ein SELBST zu besitzen, gebar die Idee, es auch optimieren zu können. Und um es zu optimieren, wurden Seminare, Kurse und Workshops angeboten. Dadurch wurde das SELBST nach und nach entwertet. Sam Ende wusste niemand mehr, was es eigentlich bedeutete. Die ursprüngliche Idee, das Bewusste mit dem Unbewussten zu versöhnen, geriet in Vergessenheit. Es mag auch daran gelegen haben, dass unser „Bewusstes“ recht präzis, unser Unbewusstes aber extrem schwammig definiert wird.

Die Geburt der Persönlichkeitseigenschaften

In der Folge beschäftigte man sich deutlich weniger mit dem ICH, nicht mehr mit der Gruppe von ICHs und nicht mehr mit dem SELBST. Heute sind wir gewohnt, alles, was wir sind und wie wir wirken, „Persönlichkeitseigenschaften“ zu bezeichnen.

Bislang ist dies der letzte Schritt der Umwertung. Nichts ist so beliebig wie die „Persönlichkeit“ und die mit ihr verbundenen „Persönlichkeitsmerkmale“. Psychologen freut dies, weil sie nun alle Eigenschaften katalogisieren und bewerten können. Die Geschäftemacher, Gurus und Esoteriker sind glücklich, weil sie etwas zum „optimieren“ haben, ganz zu schweigen von Online-Dating-Firmen.

Die neue Einseitigkeit

Könnte es wohl sein, dass wir etwas aus den Augen verloren haben? Unsere Herkunft aus der Gruppe der Säugetiere, beispielsweise? Sie gehört gewiss zum SELBST, aber kaum noch zur „Persönlichkeit“. Die Rückkoppelung bei den Begegnungen von Menschen? Das Vordenken bei Begegnungen, das mindestens voraussetzt, dass wir ein rudimentäres „ANDERE“ im Kopf haben? Oder wenigstens, dass es Menschen geben könnte, die nicht in das Raster der etikettierungswütigen „Fachleute“ passen?

Ich hoffe, ich habe wenigsten Einige von euch angesprochen. Und falls ich wenigsten einen Menschen zum Nachdenken gebracht habe: Ich bin mit wenig zufrieden.

(1) Zitat (heute, Wikipedia):

Das Bemühen Eric Bernes, psychische Prozesse und Phänomene mit relativ leicht verständlicher, einfacher Sprache zu beschreiben, hat dazu geführt, dass Menschen die Terminologie der Transaktionsanalyse benutzten, ohne die dahinter liegenden Konzepte zu kennen oder zu beachten.