Skip to content
Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Identitätspolitik

Einst hatten wir Religionen, an die wir uns klammerten. Zum Beispiel das Christentum. Als seine Attraktivität nachließ, hatten wir Ideologien, zum Beispiel die „Linke Gesinnung“. Ich kann mich ziemlich deutlich erinnern, dass wir nach der Links-Rückdrehung eine Phase der Verblödung durchmachten, die wir „Esoterik“ nennen sollten.

Heute haben wir eine Gesellschaftsordnung, in der dümmliche Phrasen aller Art Konjunktur haben. Menschen fragen nicht mehr: „Welchen Weg soll ich gehen, um mein Glück zu finden?“ Sie fragen vielmehr: „Wie kann ich meine Person optimieren“ oder „wie kann ich den maximalen Erfolg erreichen?“

Und wie ist das mit der Identitätspolitik?

Man ist längst nicht mehr Christ. Nicht mehr Sozialist. Nicht mehr Sannyasin bei den orangen Tanten und Onkels. Nicht mehr Hein oder Inge Doof, die sich einreden lassen, sie könnten Manager(in) eines Weltkonzerns werden, wenn sie nur hart genug daran arbeiten würde.

Immerhin können Frau oder Herr Doof hinterher noch feststellen, dass sie einer Illusion verfallen sind.

Und wie ist das mit der Identitätspolitik?

Nun - wir werden danach einsortiert, ob wir eine dumm-weiße Gesinnung haben (die angeblich nichts mit der Hautfarbe zu tun hat, aber dennoch genau so gesehen wird). Das ist ziemlich leicht, weil die Behauptung ausreicht. Zumindest ist das Teil der Masche, die von den Vertreten der Identitätspolitik geritten wird. Das wir alle Kolonialisten sind (man bedenken das Wort „Kolonialwaren“ das noch an manchen älteren Kaufmannsläden steht) sind wir auch alle Sklavenhalter - na, wenigstens die Söhne, Enkel oder Urenkel derselben. Und wenn wir dann noch dumm-heterosexuell sind, und uns um unser „Gender“ nicht die geringsten Sorgen machen, dann werden wir vorgeführt ... als Unbelehrbare.

Frauen werden ausgeblendet

Vergessen habe ich in diesem Zusammenhang, dass Frauen bei dieser Form von „Neuordnung“ gar nicht vorkommen. Biologische Männer, weiß und „CIS“ schon. Denn klar muss ein: Es waren miese weiße Männer, die Kolonien gegründet und das Patriarchat erfunden haben - das kommt so ziemlich in einem Satz bei den Protagonistinnen der „neuen Bewegung“.

Wie definiere ich einen Menschen?

Ich persönlich bezeichne mich als Mensch. Das ist eine besondere Art der Primaten, aber mit differenzierteren Fähigkeiten und Persönlichkeitseigenschaften. Das ist übrigens ein sehr guter Weg, um Menschen zu verstehen. Sodann definiere ich mich über meine Herkunft. Die liegt recht verstreut über ganz Deutschland udn manche Gegenden im Ausland. Letztendlich habe ich mich sehr über meinen Beruf und meine damit verbundene Reisetätigkeit definiert. Und sexuell käme ich nicht einmal auf die Idee, mich als irgendetwas zu definieren.

Nicht in Ideen verkrallen - das schadet nur

Ich werde den Verdacht nicht los, dass Menschen mit der Tendenz, sich in etwas zu „verkrallen“ immer ähnlich denken. Und ihr könnt mir zumindest eines glauben: Ich bin alt genug, um Beispiele dieser Art gesehen und erlebt zu haben.

Oh - noch etwas vergaß ich. Es gibt so etwas wie Vernunft. Ich las etwas darüber in einer Luxemburger Zeitung. Und zum Abschluss zitiere ich, was ich selbst akzeptieren würde:

Die Debatte wäre spannend, wenn man versuchen würde, darüber zu sprechen, wie man eine Gesellschaft gestalten kann, in der Identität sein darf, ohne als fundamentalistisch, homogen und absolut angesehen zu werden. Eine Abkehr von einem unproduktiven, teilweise destruktiven „entweder, oder“ mit dem Ziel, Unrecht abzubauen, wäre ein Anfang.

Und damit, so denke ich jedenfalls, wären wir schon einen Schritt über die aktuelle Situation hinausgegangen.

Covid-19, Verschwörer und Esoteriker

Täglich werden über Youtube und andere „soziale“ Kanäle irreführende Meinungen über Covid-19 verbreitet. Sie werden mittlerweile sogar über Kaffeekränzchen weitergeleitet. Neben „Wunderheilern“ sind auch ansonsten seriöse Personen daran beteiligt, die Verschwörungstheorien anhängen.

Es sind die üblichen Kanäle: Eine Mischung aus merkwürdigen Ideologen, Rechtsextremisten, Esoterikern, Besserwissern, Zahlenjongleuren und allem, was dem gleich kommt. Jeder, der das Thema „behandelt“, kann der Aufmerksamkeit eines Publikums sicher sein, dass über eine Mischung aus Ideologien, Aberglauben und Halbwissen verfügt.

Ich empfehle, jeweils den „Faktencheck“ zu lesen.

Übrigens gibt es eine neue Gefahr: die Abmischung von Zahlen, Fakten, Vermutungen und esoterischen Elementen für die angeblich „Gebildeten“. Hier wird ganz bewusst ein Publikum angesprochen, das aus Akademikern besteht, die der Esoterik nahestehen.

Esoterik und andere Pseudo-Wissenschaften

Seit einigen Tagen habe ich in der rechten Randspalte (falls du sie auf deinem Endgerät sehen kannst) einen Hinweis darauf, dass ich jeder Form von Esoterik kritisch gegenüberstehe. Esoterik ist für viele Menschen Religionsersatz oder auch Religionsbegleiter, denn Glaube und Aberglaube liegen eng beieinander.

Bei diesem Artikel geht es nicht um Christentum, Katholizismus, Reformation, Judentum oder etwas Ähnliches.

Nein, es geht um „selbstgeschusterte“ Pseudo-Religionen, die wir innerhalb und außerhalb der offiziellen Religionsgemeinschaften finden. Leider sind einige auch in die Psychologie eingegangen, sodass sich Wissenschaft und Aberglaube gelegentlich überlagern.

Esoterik ist die Religion der Lifestyle-Generation

Warum das so ist, glaubt Professor Detlef Pollack zu wissen. Er nimmt die Jetztzeit als Beispiel und begründet den „Boom“ der Esoterik so (1):

Weil der Haupttrend in den westlichen Gesellschaften zu einem flexiblen Glauben ohne starke institutionelle Bindung geht, der zu unserer freien Lebensführung passt.

Das würde bedeuten: Die westliche Gesellschaft folgt nicht mehr den „traditionellen“ Religionen - ja, sie kann es auch gar nicht, weil die verbreitetsten Religionen des Westens die Persönlichkeitsentwicklung weitgehend ausklammern. Das jedenfalls ist die Behauptung - aber sie unterschlägt, dass viele Menschen auch ganz ohne Religion und Aberglauben glücklich werden können.

Wer braucht eigentlich Esoterik?

Hat Esoterik also eine Bedeutung für jeden von uns?

Wenn wir die Menschen betrachten, die der Esoterik anhängen, dann sind es meist Menschen, die mit ihrer gegenwärtigen Existenz nicht völlig zufrieden sind - sei es sozial, emotional oder auch intellektuell. Die Frage, inwieweit Frauen „aus ihrer Natur heraus“ empfänglicher für Esoterik sind, wird oft gestellt, kann aber nicht schlüssig beantwortet werden.

Etwas flapsig schreibt der STERN (2) (Wiebke Tomescheit) über esoterische junge Frauen:

Und selbst wir sehen langsam ein, dass wir nicht mehr viel machen können, um uns endlich zufrieden und ausgefüllt zu fühlen. Und da gibt es dann wohl nur noch eines: Höhere Mächte müssen ran.

Fremde Mächte in uns oder unsere Macht in uns?

Dazu muss man erst einmal glauben, dass es höhere Mächte gibt - oder man nimmt an, dass sie ins uns wohnen, wir sie aber bislang nicht erwecken konnten.

Die erste Annahme halte ich für unwahrscheinlich - sie entspricht nicht der Art, wie wir zum heutigen Menschen geworden sind. Wenn es so einfach wäre, sich einer „höheren Macht“ anzuschließen und durch diese Erfolge zu haben, dann würden wir keine „Mittler“ benötigen, um zu dieser Macht vorzudringen.

Nun sind es aber gerade die „Mittler“, die sich zwischen die „Mächte“ und uns drängen und entweder in gutem Glauben oder aus Geschäftssinn, auf die Bühnen des Lebens schwingen, um uns zu begeistern.

Vermittler - Krämer der höheren Mächte oder ihre Propheten?

Das heißt: Diese Vermittler behaupten, wir kämen nicht ohne sie an das Ziel, das wir uns gesetzt haben. Ein Teil von ihnen, der mir etwas sympathischer ist, versucht, die „verschütteten“ Kräfte der psychischen Selbstheilung zu reaktivieren, der andere Teil arbeitet mit Hokuspokus und Brimborium. Generell gilt dabei: Je intensiver der „Klient“ sich in die „Geheimlehre“ hineinziehen lässt, umso teurer wird es. Dabei geht es nicht um Kinkerlitzchen, sondern um erhebliche Geldbeträge.

Warum wir wirklich keine Esoterik brauchen

So gut wie sicher ist, dass wir alle über ein internes System verfügen, dass uns ermöglicht, einen großen Teil unserer Probleme geistiger, körperlicher und emotionaler Art zu lösen. Da es normalerweise automatisch funktioniert, müssen wir nur im Ausnahmefall eingreifen. Im emotionalen Bereich kennen wir positive, motivierende Impulse, die uns beflügeln, aber auch negative Impulse, die uns behindern und auf den Boden drücken. Selbstverständlich kann es sein, dass dieses System uns in eine Schieflage versetzt. Das alles ist aber kein Grund, an „übersinnliche Kräfte“ zu glauben, die auf uns wirken.

Insofern besitzen wir also alles an „Software“ für das Gehirn, was wir ein Leben lang benötigen. Esoterische Verfahren sind dazu nicht erforderlich - und wenn wirklich einmal etwas „schiefgeht“, dann hilft oftmals ein klärendes Gespräch mit einer Person unseres Vertrauens.

Müssen wir uns also doch um Esoterik kümmern?

Das wirklich einzige, was wir wissen, nennt der Volksmund „Der Glaube versetzt Berge“ - und allgemein wird dies als die Kraft angesehen, sich mit Geist und Gefühl für etwas zu engagieren, das man gerne erreichen würde. Diese Kraft hat viele Namen: Man nennt sie auch gerne Optimismus.

Zitate: (1) DIE ZEIT und (2) STERN.

Glaube, Aberglaube und Heilslehren

Schräges Motto - aber du kannst damit leben, wenn du willst
Ich habe nichts dagegen, wenn der Glaube hilft, der Aberglaube hilft oder die Esoterik hilft. Alle drei haben eine gemeinsame Wurzel: Man glaubt an etwas, das nicht beweisbar ist. Manche werden dadurch stark, andere scheitern daran. Soweit der Glaube betroffen ist, gebe ich „Carte Blanche“ – muss schließlich jeder selber wissen, ob er die Unbefleckte Empfängnis für möglich hält oder nicht. Und – ja, auch die anderen sollen ihren Spaß haben. Solange sie niemandem schaden und niemanden ausbeuten.

Heilslehren - wirklich ungefährlich?

Doch ich sehe immer mehr Menschen, die sich an Heilslehren klammern: Globuli, Astrologie, Wahrsagerei, sogar Kaffee-Einläufe (1). Weltanschauliche, eingängige Parolen habe ich da noch gar nicht berücksichtigt. Sie funktionieren so: Die Welt wird besser, wenn endlich die „xxx“ verschwinden und die „yyy“ siegen. Ihr könnt bei „xxx“ einsetzen, was ihr wollt, solange bei „yyy“ das Gegenteil steht.

Erfolgsmodelle der Persönlichkeit - Methoden ohne Garantie

Wer ganz modern ist, propagiert allumfassende Modelle, um zu Partnern, Erfolgen, Geld und Glück zu kommen. Das alles ist möglich, wenn man sich vor den Spiegel stellt und weiß, wer man ist, und was man erreichen will. Aber das ist gar nicht gemeint. Denn die Gurus wollen euch etwas verkaufen: Mal ein Buch, mal eine CD/DVD, mal einen Kurs. Täglich fällt irgendjemand auf dieses Brimborium herein.

Es ist nicht verboten, mit so etwas zu werben – nur ist der Erfolg nicht einklagbar. Wenn’s schief geht, liegt es an euch – geht es gut, liegt es am Buch, der CD/DVD oder dem Kursus nebst der Weisheit des betreffenden Gurus.

Über Globuli auch: Wikipedia.
(1) Das Internet ist voll von angeblichen Erfolgen dieser Methode - das liegt vor allem an der Programmierung der Suchmaschinen. Mein Vorschlag: hier lesen.

Die weiblichen Verschwörungstheorien heißen offenbar Esoterik

Verschwörungstheorien sind einerseits ein Übel der Gesellschaft, andererseits ein Ausweg für Abweichler, um sich interessant zu machen. Ob es sich um bewusste Täuschung handelt oder um Glauben, wer weiß es schon? Im „christlichen Abendland“ wird uns ja schon durch die Religion der Glaube an „alternative Wahrheiten“ zugemutet – wundert es uns dann noch, wenn Menschen auch andere Behauptungen für „wahr“ halten?

Ich las gerade recht viel über Verschwörungstheorien, die dem „Reich der Mansplainer“ zugeordnet werden. .

Interessanterweise bietet die Autorin jedoch eine Fortsetzung, die demnächst erscheinen soll:

Die komplementäre Gehirnwäsche für Frauen bietet Esoterik – dazu mehr beim nächsten Mal.


Ich habe in meinem Leben erheblich mehr Frauen kennengelernt, die vehement und unnachgiebig Psycho-Esotherik oder religionsähnliche Esoterik vertreten haben als Männer. Sollte ich sie jetzt als „Womensplainer“ bezeichnen? Als geschickte Manipulatoren, die ein Imperium aufbauen wollten, das der Vernunft entgegenwirkt?

Nein – natürlich nicht. Sie sind einfach verwirrte Menschen, denen logische Erklärungen nicht einleuchten.