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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Und wieder sind die Programmierer schuld an allem

Interessant, was ich gestern auf Arte über den Dienst „Instagram“ erfahren habe. Nur etwas störte mich an dem Beitrag: Da wehte ein Hauch von Feminismus über den Bildschirm, der dort nicht hingehörte.

Sinngemäß hieß es: Dass der männliche Blick auf Instagram so in den Vordergrund gerückt wird, liegt an den Programmierern - und das sind zu 80 Prozent Männer.

Falsche Schuldzuweisungen - und die Realitäten

Nein, nein ... es liegt nicht daran, dass sich für den vergleichsweise einsamen, kommunikationsarmen und nicht gerade zu Sozialkontakten einladenden Beruf kaum eine Frau interessiert.

Es liegt auch nicht daran, dass prozentual sehr viele Frauen zwischen 18 und 24 Jahren das Medium nutzen. Und sie gelten als besonders enthusiastisch.

Und natürlich liegt es niemals an der Geschäftsstruktur und dem Profitinteresse der Unternehmer.

Es liegt an den Programmieren. Ja, schönen Tag auch, ihr Lichtgestalten des Fernsehens ... wisst ihr eigentlich, was ihr da sagt?

Meinungen und Fakten ohne Profitinteressen?

Wie oft ich diesen Blödsinn schon gehört habe, weiß ich schon längst nicht mehr. Und nein, es ist keine Frage der Bildung, ob man so etwas behauptet oder nicht. Und wenn sich die Modebranche wirklich der Diktatur der sozialen Netzwerke unterworfen hätte ... müssten wir die Schuld nicht bei den Betreibern der sogenannten „sozialen“ Netzwerke suchen oder bei und ihren willfährigen Zuträgern?

Immerhin können wir uns noch abgrenzen. Als freie und unabhängige Blogger, beispielsweise. Und wir müssen - wirklich - keinem sozialen Netzwerk angehören.

Im eigenen Denken gefangen sein

Die Tür steht offen - der Weg hinaus ist bekannt
In einem Appartement gefangen zu sein und keinen Ausweg zu finden - das ist eine faszinierende Geschichte, die oft erzählt wird. Und noch interessanter wird diese Story, wenn die Protagonistin nach langer Zeit wieder versucht, die Tür zu öffnen, und sie kann einfach hinausgehen - nichts und niemand hindert sie. Die Leserin fiebert dann mit ihr: „Ist das auch nur wieder ein Trick der infamen Person, die sie gefangen hält?“

Diese Geschichte mag auch eine Art Parabel sein. Denn wie oft tigern wir durch unsere Gedankenwelt, stoßen hier auf Wände und dort auf Mauern ... und erkennen nicht, dass der einfachste Weg hinaus durch die Tür führen würde.

Wir müssten sie nur öffnen. Eine junge Frau schrieb vor einigen Tagen:

Wir bauen aus einen kargen Käfig, setzen uns hinein und überzeugen uns dann, dass wir den Schlüssel verloren haben.

Gefangen sein, gefesselt sein, erstarrt sein, befangen sein - das klingt alles ein wenig ähnlich, nicht wahr?

Und in meinen Ohren summt noch etwas mit: Sätze wie „ich komme sehr gut ohne Partner(in) zurecht“, was im Extrem dann heißt: „Die Männer sind doch alle sexgeil und beziehungsunfähig“. (Für die Gegenseite: „die Frauen sind alle Schlampen mit unerfüllbaren Vorstellungen“).

Möglich wäre es, aber sehr unwahrscheinlich. Denn der Schlüssel zum Leben liegt darin, zu sich selbst, zu seiner Natur und zu den Ursprüngen des Lebens zu stehen.

Hast du den Schlüssel dazu verloren?

Denk nach. Bitte. Es könnte wichtig sein.

Oh look - nice Tits

Die Brustwarzen und die Meisen haben im Englischen eines gemeinsam: den Namen.

„Tits“ sind also Meisen - und die Meinungen, warum sie ausgerechnet so heißen, gehen auseinander. Da die Meise ein sehr kleiner Vogel ist, wird das Wort aus „Titmouse“ abgeleitet, in dem das „Mouse“ angeblich für Meise, das Wort „tit“ für „klein“ steht.

Die Assoziation mit den Spitzen der weiblichen Brust (Nippel, Brustwarzen) soll angeblich andere Ursachen haben - sie sollen vom Altenglischen „teat“ kommen.

Die Spielarten des Wortes sind über ganz Europa verbreitet, so, wie sie das „Lexikon für Mittel Englisch“ es uns sagt:

Tette, tæt. Im Plural dann „tetes“, „teten“ ...“tittes“, „tutes“ und „titten“ ...

Ob das österreichische „Tutteln“ für kleine Brüste auch daher kommt, kann ich nicht sagen. Wahrscheinlich ist es schon.

Grimms Lexikon der Deutschen Sprache sieht die „Titte als mundartliche „Zitze“ an und vergleicht das Wort mit dem ähnlich lautenden Begriff „Tutte“.

Alles in bester Ordnung?

Nein, ich habe keine Meise. Und wenn jemand sagt, "look, nice tits", meint derjenige, so er ein Mann ist, meist die weiblichen Brüste einer Passantin, was nicht eben fein ist. Die Welt der Sprachen ist eben ein Dschungel.

Quellen:

etymonline
Quod.Lib
Wörterbuchnetz (Grimm)

Der Übergriff der Pseudo-Eliten auf die Sprache

Besserwisser Humpty Dumpty: Symbolfigur für falsche Eliten
Zur Freiheit gehört das Recht auf Selbstdefinition. Dieses Recht wird immer mehr missachtet, und zwar vorrangig von Pseudo-Eliten aus dem Bereich der Geisteswissenschaften.

Der Mathematiker Charles Dodgson hat einen Dialog geprägt, den diese falschen Eliten ungern höre. Beteiligt ist die Kinderreim-Figur Humpty Dumpty als Vertreter falscher und vor Arroganz triefender Schein-Eliten auf der einen Seite und die junge, kritische Wahrheitssucherin Alice (1):

HD: „When I use a word, it means just what I choose it to mean … neither more nor less.”
Alice: “The question is …, whether you can make a word mean so different things.”
HD: “The Question is … which is to be Master. That’s all.”


Es gibt zahlreiche deutsche Übersetzungen, hier unsere:

HD: „Wenn ich ein Wort gebrauche … lege ich fest, was es bedeutet - nicht mehr und nicht weniger.“
Alice: „Die Frage ist … ob Sie den Wörtern so viel unterschiedliche Bedeutungen zuweisen können.“
„Die Frage ist, wer die Macht hat - das ist alles.“


Im Beispiel will eine falsche Autorität also einem Wort eine Bedeutung zuweisen, dessen Unsinn im Prinzip ein Kind beweisen könnte. Die selbst ernannte Autorität setzt aber durch, wie etwas zu benennen ist. Dieses Recht steht ihr nun in einer liberalen Gesellschaft keinesfalls zu – es ist die bloße Anmaßung.

Wozu ich aufrufe, ist nicht, die Psychologie, Soziologie und einige andere, ähnliche Wissenschaften abzuwerten, sondern sie kritisch zu hinterfragen und ihre Begriffe so weit möglich zu vermeiden.

Wir können durchaus andere, neutralere Begriffe verwenden und vor allem solche einer einfachen Sprache. Sie entsteht automatisch, wenn wir etwas sorgfältig beschreiben, statt es zu etikettieren.

Und mit diesem Gedanken zum Wochenende lasse ich euch heute allein.

(1) Quelle: "The Complete Illustrated Works of Lewis Caroll", London 1982
Foto: Schachfigur aus einem Alice-Schachspiel

Der Konsens, die Kommunikation und das "Ja" zum Sex

Schwafeln über Frauen und Männer? Besserwisserei aus holden Kaffeekränzchen oder bierseligen Stammtischen? Belehrungen aus den Elfenbeintürmen? Wie ist es eigentlich wirklich mit dem „Ja zum Sex“?

Ein Artikel zum Thema „Sexualpädagogik“ erhellt, was wirklich fehlt: der Konsens. Und der muss ausgehandelt werden. Allein dies fällt Schweizern und Deutschen offenbar schwer. Ich höre schon die Empörung: „Die Moral (Ethik oder wie ihr es sonst nennt) steht doch fest, daran gibt es doch nichts zu verhandeln.“

Wer das sagt, lebt hinter dem Mond. Denn die „ehernen Regeln“ von damals gelten längst nicht mehr. Erst, wenn etwas ausgehandelt wurde, gilt es für beide (oder alle) Personen, die an etwas beteiligt sind.

Woran es fehlt, ist also die Fähigkeit, einen Konsens herzustellen. Man kann auch sagen: „Die Einsicht in den Sinn, eine Übereinstimmung zu finden“.

Ich zitiere dazu mal die Aussage einer Fachfrau (1):

Wenn du Konsens im Alltag umsetzen kannst, kannst du es eher in der Sexualität. Und darum musst du von dem Moment an, wo du anderen Menschen begegnest, Konsens lernen.

Das wird manchem Zeitgenossen schlecht über die Zunge gehen – obwohl es bereits täglich geschieht. Das Merkwürdige daran ist: Von „Konsens“ ist oft ausschließlich die Rede im Zusammenhang mit Sexualität. Dann geht es um das „Nein“, das „Ja“ oder die Kommunikation vor dem Sex schlechthin.

Mangel an Kenntnissen über Kommunikation schadet uns allen

Da sowieso kaum jemand weiß, was Kommunikation bedeutet, wird versucht, die Übereinkunft zu problematisieren: Das „Ja“ zum Sex muss irgendwo hinterlegt werden, der Sex muss also „verwaltet“ werden. Sodann muss jeder Einzelschritt bei komplexeren Sex-Ritualen mindestens verbal bestätigt werden. All dies stammt von Menschen, denen der Realitätsbezug abhandengekommen ist. Ein Begriff wie „Nur-Ja-heißt-Ja“ ist eine viel zu hölzerne Formulierung, wenn es um Emotionen geht. Allein durch diese formelhafte Ausdrucksweise wird verschleiert, dass „Konsens durch Kommunikation“ nicht bedeute „Ja“ zu sagen, sondern vor allem, damit auch „Ja, gerne“ zu meinen. Und das gilt nun wirklich nicht ausschließlich für Sex.

Das Magazin „Das Lamm“ (2) sagt dazu:

Nicht einmal der Lehrplan 21, der immerhin den Unterricht ab dem Kindergarten bis und mit der Sekundarschule in der Deutschschweiz vereinheitlichen sollte, sieht Konsens im Sexualkundeunterricht vor, geschweige denn im Unterricht überhaupt.

Das Ziel heißt eigentlich: "Verhandeln vor Handeln"

Das Fazit? Wissen, was man wirklich will, einen Ausdruck dafür zu finden und darüber zu kommunizieren, ist offenbar das Wichtigste. Und auch unser deutsches Ausbildungswesen muss sich darauf einstellen, „Verhandeln, vor Handeln“ als wichtiges Element des Zusammenlebens zu betrachten. Nachdem dies gesagt ist: Ich habe hier mehrfach das Wort „Konsens“ gebraucht, das eigentlich zu einer eher einfältigen Bildungsbürgersprache der Vergangenheit gehört. Im Grunde reicht völlig „sich einig zu sein“ oder „sich einig werden über…“. Und dazu ist eben eine Verhandlung nötig. Wer das begriffen hat, weiß eigentlich alles.

Beide Zitate aus "Das Lamm"

(1) von Linda Bär
(2) Redaktion Lamm.