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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Keine Clowns für niemanden?

Clowns? Zirkus? Pfui Teufel ...
"Keine Clowns für niemanden?" setzt sich erneut mit der Arroganz des Feuilletons auseinander - und wieder ist es die "Süddeutsche Zeitung".

Na klar, die Heute-Show hat bisweilen etwas von Kindergarten, und so recht glaubwürdig ist die „Satire“ des Herrn Welke eigentlich auch kaum noch - ein bisschen „schickes Linkssein“ im altbackenen Stil. Aber was ist eigentlich mit Eckhart von Hirschhausen? Die Süddeutsche (Hilmar Klute) )bezeichnete ihn gerade als „approbierten Klinik-Clown“ und hält auch sonst nicht viel von Menschen, die andere „clownesk“ zum Lachen bringen. Da sich die „Süddeutsche“ ja ohnehin auf die österreichische Kabarettisten Lisa Eckhart eingeschossen, die diesmal als „Zarah Leander der deutschsprachigen Kleinkunst“ bezeichnet wird. Schlimmster Vorwurf ist, dass sie im Literarischen Quartett „süffisant über Bücher-Neuerscheinungen“ sprechen durfte und „dabei mit ein paar Schriftstellernamen um sich(warf).“

Wie schön, wenn man über allem steht. Die Göttinnen und Götter des Feuilletons lieben das Unterhaltsame nicht - sie kennen ja auch wesentlich mehr Schriftstellernamen - aber wahrscheinlich deutlich weniger Clowns. Denn guckt mal, ein Clown ist ja nur so ein Spaßmacher im Zirkus nicht wahr? Sollte ich noch „fahrendes Volk“ hinzufügen, um die Assoziation zu verstärken?

Bild: Werbeplakat für deinen Zirkus, ca. 1915

Midwinter und das Licht zur Weihnachtszeit

God Jul!
Heute ist Wintersonnenwende. Das ist der Tag, an dem das Julfest beginnt, oder ganz einfach „Jul“.

Man sagt, die Kelten und Germanen hätten das Julfest zuerst gefeiert, und selten fehlt der Zusatz, dass es „heidnisch“ ist. Wie kann ein so bedeutendes Fest „heidnisch“ sein? Hätten nicht die Nazis die Wintersonnenwende für sich reklamiert, es wäre der beste Grund, uns an unseren Wunsch zu erinnern, der Winter möge weichen, und das Licht möge zurückkommen. Der Geburtstag von Sol (der nun wirklich nicht germanisch ist), die Wintersonnenwende und Weihnachten zusammenzulegen, war einfach ein genialer Schachzug.

Nein, es waren nicht die Germanen und Kelten, die „Midwinter“ erfunden haben. Es waren Menschen, die aufgrund von Naturbeobachtungen den Termin festlegten, an dem die Tage wieder länger werden. Das spielte freilich im kalten und dunklen Norwegen eine größere Rolle als in Rom.

Ich höre wohl, dass es beim christlichen Weihnachtfest „ebenfalls“ um die „Geburt des Lichts in dunkler Nacht“ gegangen wäre - das entspringt allerdings der ausufernden Fantasien der Evangelisten, Kirchenväter und neuerer Interpreten des Christentums. Bei Lukas (Evangelist) heißt es:

Ein Licht, zu erleuchten die Heiden, und zum Preis deines Volkes Israel.

Diese Textstelle nimmt allerdings deutlich Bezug auf eine Stelle im „Alten Testament“ (Jesaja).

Der Wechsel zu längeren, wärmeren Tagen und die Hoffnung auf das fröhliche und unbeschwerte Leben, das für die Menschen vor allem mit der Sonne verbunden ist - das ist der Sinn dieses Tages.

Das mag für Christen anders sein. Aber das sollen sie bitte selber mit sich ausmachen.

Mehr kann man beim ORF lesen.
Bild: Sehpferd Archiv, aufgenommen mit meinem IQOO

Was können eigentlich Spezialisten?

Die Welt zu erklären, ist im Grunde genommen zwei Gruppen vorbehalten:

Jenen, die von ganz viel ganz wenig wissen.

Man nennt sie auch „Generalisten“.

Denen, die von ganz wenig ganz viel wissen.

Dies nennt man auch „Spezialisten“.

Spezialisten und Generalisten

Das Können und Wissen der Generalisten ist begrenzt, aber es beruht auf einer breiten Wissens- und Ernährungsbasis. Das hat den Vorteil, viele Aspekte eines Problems zu sehen und sie in die Beurteilung einfließen zu lassen.

Spezialisten hingegen haben ein sehr spezifisches, teils tief gründendes Wissen. Und wenn sie wirklich gut sind, dann haben sie auch noch reichlich Erfahrungen mit den Auswirkungen.

Fast nichts von sehr wenig wissen?

Erstaunlich viele Menschen wissen von fast gar nichts sehr wenig. Sie verbreiten Meinungen, was sehr gefährlich sein kann. Ihnen gegenüber steht ein enorm kleiner Anteil der Menschheit, dessen Wissen und Können sowohl in die Breite wie auch in die Tiefe geht. Man nennt sie auch Genies.

Auch Spezialisten benötigen Hilfe

Als Ex-IT-Organisator habe ich oft erlebt, dass Spezialisten die Hilfe anderer benötigen, um ihr Wissen und Können erfolgreich anzuwenden. Ebenso benötigten Generalisten wie ich selbst die Hilfe von Spezialisten, wenn sie in Erklärungsnot gerieten.

Die Sichtweise der Spezialisten

In der heutigen Zeit hören wir ständig auf Spezialisten. Das ist nicht generell verwerflich, aber die Frage ist oft nicht, wie tief Spezialisten schauen können, sondern wie weit. Und wir müssen uns auch darüber klar werden, dass auch Spezialisten Meinungen haben und diese teilweise auch äußern, wenn sie dazu von Journalisten aufgefordert werden.

Vielleicht sollten wie alle mal eine Notiz im Hirn hinterlassen: Echte Könner reden nur, wenn sie etwas zu sagen haben.

Zeit der selbstherrlichen Kommentatoren

Die deutschen Kommentatoren üben sich derzeit einerseits darin, den ohnehin längst appellmüden Lesern noch ein paar weitere Appelle hinzuzufügen - andererseits suchen sie nach „Schuldigen“ - und dies durchaus selbstherrlich. Und gelegentlich nutzen sie dazu harsche Sprüche: (FAZ)

... in dieser Stunde hat eine konsequente Bekämpfung der Pandemie Vorrang, denn nur dieser Ansatz verspricht, der Plage möglichst bald Herr zu werden.

An dieser Stelle muss ich mal an den Alten Fritz erinnern. Der konnte auch so hübsch rhetorisch argumentieren:

Morgen um diese Zeit haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns nie wieder.

Ein typischer Appell kommt aus Bayern.

Nun haben wir alle – also wirklich alle Bürger in unserem Land – es in der Hand, Solidarität und Disziplin zu üben. Wir müssen die nächsten Wochen, an Weihnachten und über den Jahreswechsel, mit bitteren Einschränkungen leben.
(Mittelbayerische Zeitung, 1)

Und warum der Appell an „alle“ Bürger?

Wieder schauen wir nach Bayern, zur Süddeutschen Zeitung (1):

Wer nicht hören will, muss fühlen – so altmodisch und abstoßend dieser Spruch klingt, so treffend beschreibt er doch, was passiert ist.

Solche Sprüche abzusetzen, erfordert schon eine gehörige Portion Sarkasmus. Und das wird noch getoppt von der Augsburger Allgemeinen::

Dass nun die Freiheit eines jeden rigide beschnitten wird, müssen sich hierzulande Millionen selbst vorwerfen.

Wie schön, liebe Kommentatoren, dass die Menschen in unserem Land und unserer Gesellschaftsordnung „selbst schuld“ sind. Natürlich deckt die Meinungsfreiheit solche ebenso wütenden wie arroganten Ausbrüche - aber wie wäre es damit, verantwortlicher zu schreiben?

Die „Ludwigsburger Kreiszeitung“ (1) versuchte es zumindest:

Suggerierte Müller damit doch: Die Bevölkerung ist schuld, dass es so weit gekommen ist. Dabei haben sich die allermeisten an die verordneten Restriktionen gehalten. Und wohl auch geahnt, dass sie nicht ausreichen werden.

Die Ministerpräsidenten, die zunächst nicht willig der Kanzlerin gefolgt sind, wird gleich von mehreren Kommentatoren der Marsch geblasen: Irgend jemand muss ja die „Schuld“ haben, nicht wahr? Das lässt sich von einem Redaktionssessel aus natürlich trefflich behaupten. Auch die Kommentatorin der ARD wusste es ja. Der Spiegel klapperte zusätzlich mit dem Sargdeckel:

SIe (... Entscheidung für den Lockdown ...) hätte viel früher fallen können und müssen. Viele Menschen mussten sterben, damit die Regierungschefs endlich den Mut fassen konnten ...


Ich finde solche Aussagen nicht nur fragwürdig, sondern auch geschmacklos.

Wie können Journalisten nur so unkritisch sein? Fällt ihnen nichts anderes mehr ein, als sinnlos auf das Volk oder die Ministerpräsidenten einzuschlagen?

Merkwürdig, dass kaum jemand die Kanzlerin erwähnte, die in der Krise zuletzt keinen guten Eindruck machte. Der Kommentator der Wirtschaftswoche (1) tat es.

Es fehlt immer noch eine Strategie, man fährt auf Sicht und rettet sich in die bekannte 'hart-aber-notwendig-Rhetorik'. Merkels Eingeständnis, sie wisse auch nicht wie es nach dem 10. Januar weitergehe, spricht ebenso Bände wie ihr emotionaler Auftritt vergangene Woche im Bundestag.


Niemand weiß wirklich etwas - aber jeder hofft auf etwas

Das ist der eigentliche Punkt: Niemand weiß etwas. Jeder hofft auf etwas, und ich natürlich auch. Aber „Hoffen“ und „Wünschen“ als Aufhänger für die unqualifizierten Angriffe auf alle anderen außer dem Hof zu Berlin zu benutzen, ist verdammt unfair. Und das ist sehr mild formuliert. Im Grund ist es unverschämt, sich als Herrgott auszuspielen, nur weil man Redakteur ist.

das ZDF (1) wusste immerhin:

Außer Kontakte runter, gibt es keine Erklärungen. (...) In vielen Maßnahmen in dieser Pandemie hat sich diese Regierung schon geirrt. Der Wellenbrecher war kein Wellenbrecher, die Weihnachts-Aussicht war trügerisch.

Die Rhein-Neckar-Zeitung (1) sagt, was wirklich nachvollziehbar ist:

Diesen relativen Erfolg (Mitte November,2 ) sollte man mitdenken, bevor angesichts des bevorstehenden harten Lockdowns wahlweise auf Politiker oder uneinsichtige Zeitgenossen verbal eingehauen wird.

Außer ganz wenigen Beispielen von kritischem Journalismus finden wir also überwiegend Hofberichterstattung, Besserwisserei und Beschimpfungen. Und das ist die eigentliche Schande.

Wir werden bald wissen, was daraus wird. Vermutlich sehen wir uns wieder ... denn es wird einen 10. Januar 2021 geben. Ich bin schon heute gespannt, wie die Zeitungen dann kommentieren.

Anmerkung: (1) Einig der Zitate wurden anhand es Originals überprüft, der Rest stammt aus Zusammenfassungen verschiedener Presseorgane, z.B. dem STERN.
(2) Zwischen dem 15.11.2020 und dem 2.12.2020 ging die Anzahl der Neuinfektionen, vergleichen mit denen der Vorwoche, an mehren Stichtagen vorübergehend zurück.

Konsequenter handeln - ohne Zukunftsperspektive?

„Wir müssen noch konsequenter handeln“ ist ein Appell des Bundespräsidenten. Aber er enthält glücklicherweise nicht die Begriffe, die uns jetzt von Politikern und (leider) auch Journalisten hingeworfen werden. Kommt jetzt die Endzeit? Müssen wir den „Katastrophenfall“ ausrufen?

Der Kommentar zum Geschehen von Wenke Börnsen in der Tagesschau (ARD) lässt sich noch differenziert an, sodass man meinen möchte, er sei recht neutral angelegt:

Zum zweiten Mal geht Deutschland in einen kompletten Lockdown. Dieser Beschluss ist auch ein Eingeständnis des Scheiterns der bisherigen Strategie. Jetzt geht es auch darum, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Das weckt Interesse - nur leider werden dann vor allem konservative Kritiker der CDU/CSU gelobt: Markus Söder zum Beispiel, der Hardliner in Sachen Lockdown. Der schämte sich auch nicht, abermals mit dem Sargdeckel zu klappern und das übliche Gewäsch rauszulassen: „Deutschland sei außer Kontrolle geraten“. Gehört Bayern eigentlich nicht zu Deutschland?

Behauptung: Die Länder sind Schuld, das Kanzleramt strahlt

Folgt als Nächstes das Länder-Bashing.

Waren es doch die Länder in ihrer Mehrzahl, die weitreichendere Maßnahmen, wie sie Angela Merkel und das Kanzleramt um Helge Braun schon früh für nötig hielten, immer wieder gebremst oder zerredet haben.

Aha, „Angela Merkel und Helge Braun“ hielten das für nötig. Der Satz allein spricht Bände. Das sind also die großen „Seher“, die offenbar Glaskugeln auf ihren Schreibtischen haben und daraus die Zukunft lesen können.

Hätte, hätte, Fahrradkette. Man hätte dies machen sollen oder das ... vor allem aber rechtzeitiger. Immerhin gibt Wenke Börnsen noch zu:

Nun ist man hinterher immer klüger, und in der Pandemie gibt es nicht den einen richtigen Weg.

Wenn wir diesen denkwürdigen Satz einmal stehen lassen, dann gilt er auch heute: Nein, auch jetzt wissen wir nicht, ob die Maßnahmen fruchten. Es ist allerdings eine Hoffnung, ohne jeden Zweifel.

Wer verspielte denn das Vertrauen?

Bleibt das „verlorene Vertrauen“. Wir müssen zwangsläufig einsehen, dass wir keinem der Fernsehgesichter vertrauen können, weil niemand eine solche Pandemie bei voller Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erlebt hat. Deswegen ist jede „definitive“ Aussage zum zukünftigen Geschehen lediglich ein Wunsch. Das Vertrauen ist ja nicht deswegen geschädigt, weil uns die gleichen Fernsehgesichter, die jetzt mahnen, nur vor kurzer Zeit herrliche Weihnachten versprochen hatten. Wer nimmt denn so etwas noch ernst? Das Vertrauen ist weg, weil wir Durchhalteparolen statt Pläne für die Zukunft serviert bekommen.

Ohne Plan in die Zukunft?

Ernst zu nehmen wäre ein Plan. Inzwischen weisen sogar vereinzelte Virologen darauf an, dass es keine Pläne für die Zeit nach „Lockdown Zwei“ gibt. Ja, im Grunde weiß man, dass unsre Gesundheitswesen dringend reformiert werden müsste, dass wir Pläne dafür haben müssten, mehr Menschen vor dem vorzeitigen Tod zu bewahren. Eine Zukunftsperspektive wäre zum Beispiel: „Wir bereiten uns früher und konsequenter auf Notfälle vor - wenn sie nicht eintreten, umso besser.“

Es kommt vor, dass man nicht vorausschauend handeln kann. Und ja, ich verstehe die Nöte des Gesundheitswesens. Und natürlich halte ich mich an die Einschränkungen. Aber so zu tun, als sei es unnötig, das Gesundheitswesen zu reformieren, ist eine Unverschämtheit. Ebenso das Abschieben der Verantwortung auf Personen, die angeblich keine Appelle befolgen oder die Länder, die nicht mitziehen, wenn der Regentin etwas einfällt.

Alle Zitate: Tagesschau.