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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Herr Söder zieht die letzte Karte

Der Herr Söder aus Bayern hat gerade die letzte Karte aus dem Ärmel gezogen. Zitat DIE ZEIT:

Ministerpräsident Markus Söder hat für Bayern den Katastrophenfall ausgerufen. Das Bundesland will seine Corona-Beschränkungen vom kommenden Mittwoch an bis zum 5. Januar verschärfen. Dazu zählen Ausgangsbeschränkungen, nach denen Wohnungen nur aus triftigem Grund verlassen werden dürfen, wie Söder nach einer Sondersitzung seines Kabinetts mitteilte.

Mal wieder der Herr Söder: Fall dieser Erfolg damit haben sollte, könnte er sich am Ende auf das Podest stellen und behaupten „die Zahlen“ seien wegen seines Dekrets zurückgegangen. Falls nicht, kann er wahlweise der gesamten bayrischen Bevölkerung oder einem Teil davon die Schuld geben.

Kennen wir dieses Spiel nicht schon?

Es könnte freilich die letzte Trumpfkarte des Herrn Söder gewesen sein ...

Übrigens ist ausgesprochen interessant, was der Herr Söder sonst so sagt: Nämlich „die Zahlen müssen runter, damit das Gesundheitssystem entlastet wird.“ Ja, es muss entlastet werden. Aber nicht NUR durch Appelle, Einschränkungen der Freiheit und Sprüchen von der Kanzel. Sondern vielleicht durch einige gravierende Änderungen in der Gesundheitspolitik, um in Zukunft mit Krisen zuverlässiger umzugehen?

Heute Show - der Appell des Herrn Welke

Ist das eigentlich noch Satire, was ich, da gestern im ZDF in der inzwischen etwas lächerlichen gewordenen Satiresendung "Heute Show" gehört habe? Erst dachte ich, es sei tatsächlich Satire, als der Herr Welke wie ein sozialistischer Wanderprediger fordert, man hätte rechtzeitig mit einem „richtigen Lockdown“ beginnen müssen.

Dann aber erfahre ich, warum: weil mal den Kapitalismus schützen wollte.

Mal klare Worte, Freunde: Hätte das nicht dieser Welke gesagt, der immer so schön grinsen kann, dann hätte man es einfach als „Geblubber eines Altsozis“ abgetan.“ So aber musste das Fernsehvolk diese Sätze anhören:

Und zweitens das "Primat des Konsums". Denn "im Kern geht's um die Wirtschaft". Und Konsum gehe vor Infektionszahlen. "Die Schulen werden nicht für die Kinder offen gehalten, sondern für die Eltern." Denn die müssen die Wirtschaftskraft stärken. Indem sie nicht betreuen, sondern arbeiten und shoppen.

Es ist - klipp und klar, ein Affront gegen die Menschen, die unsere Wirtschaft an Laufen halten, für Steuereinnahmen des Staates sorgen und letztlich dafür, dass ihre und andere Arbeitsplätze nicht dauerhaft verschwinden. Und hinterher ist jeder Kabarettist ohnehin viel schlauer als jeder Politiker.

Na schön - so weit denkt nicht jeder. Wahrscheinlich hat sich Herr Welke gedacht: Wenn jetzt jeder Appelle ablässt, dann will ich auch einmal.

(Zitat Focus nach dem Originaltext Welke)

Die überforderte Politik und die Verschiebung der Schuld

Eines haben das RKI, die Bundesregierung und die Landesregierungen gemeinsam: Sie sorgen sich wegen der vielen Neuinfektionen. Und natürlich hat Lothar Wieler absolut recht, wenn er sagt, dass er „mehr Tote“ erwarte. Er sieht auf die Zahlen, wie wir alle. Und ein gewisser Anteil der Infizierten wird sterben, so bitter dies auch klingen mag. Wir hören es nicht gerne. Du nicht, ich nicht und auch niemand sonst. Was den Herrn Söder mal wieder nicht davon abhält, UNS zus sagen, dass WIR alles falsch sehen.

Was tun die Regierungen auf allen Ebenen eigentlich konkret?

In einem Punkt unterscheidet sich das RKI allerdings deutlich von den Regierungen in Bund und Land: Man kann seitens des RKI nur beobachten und die Fakten einordnen. Die Regierungen hingegen hatten gut ein halbes Jahr Zeit, sich Maßnahmen zu überlegen, um besser auf Notfälle vorbereitet zu sein. Sie haben so gut wie nichts getan. Andere offenkundig auch nicht. Oder wie sonst soll ich diese Stellungnahme (RKI) verstehen (1)?

Die Gesundheitsämter seien bei der Kontaktnachverfolgung überfordert, Krankenhäuser an der Belastungsgrenze und es gebe immer mehr Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen.

Was dies im Klartext heißt, ist leicht zu verstehen: Wir haben Notbetten, wie haben Beatmungsgeräte, aber keinen Plan für einen plötzliche auftretenden Mehrbedarf an Personal in der Intensivmedizin. Und wir haben Gesundheitsämter, die mit den Methoden des 19. und 20. Jahrhunderts ins 21. Jahrhundert eingetreten sind. Das ist - im Übrigen - nicht ihre Schuld, sondern die der Politik. Was die Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen angeht - das spricht doch wohl für sich selbst. Merkwürdig, dass die Verantwortlichen dazu schweigen, nicht wahr?

Wir - diejenigen, die als Verantwortliche übrigbleiben?

Wer bliebt übrig? Wir. Wir sind an der Misere Schuld. Ja wir, die wir uns gut schützen, weil wir ja überleben wollen. Wir, die wir auf Veranstaltungen, Restaurantbesuche, Kulturereignisse, Reisen, lustvolles Shopping, andere vermeidbare Einkäufe und dergleichen mehr verzichten. Und nun? Wir erleben, dass hilflose Politiker strengere Sanktionen fordern, statt einzugestehen, dass sie gar nicht wissen, wie sie die Pandemie beeinflussen können.

Wie wäre es mit der Wahrheit statt mit Appellen?

An dieser Stelle wäre es schön, wenn unsere Damen und Herren Politiker der Wahrheit die Ehre geben würden und uns nicht tagtäglich mit neuen Appellen nerven würden. Es ist gerade Dezember geworden. Der Winter kommt erst noch, und mit ihm auch eine Zeit, in der das Immunsystem nicht so wirksam ist wie im Frühjahr.

Und verdammt noch mal, wir tun alles, um uns nicht zu infizieren. Es ist oft lästig genug, die damit verbundenen Erschwernisse auszuhalten. Und es ist doppelt lästig, dass es immer noch Corona-Leugner gibt, die gar nichts begriffen haben.

(1) Zitiert nach der offiziellen Verlautbarung, via Tagesschau.