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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Geburtstagsoutfit

Jemand ist besorgt um mein „Geburtstagsoutfit“.

Nein, ich denke gar nicht dran, mein Geburtstagskleid anzulegen - es ist zu kalt für so etwas. Sogar drinnen - und hinauszugehen sollen wir ja vermeiden.

Etwas mehr Zuversicht wäre nicht schlecht

Wenn’s um Leben und Tod geht, dann geht’s um Leben und Tod - und da sollen Journalisten gar nicht erst nachfragen dürfen, ob es wirklich um Leben und Tod geht oder darum, sich politisch zu profilieren.

Zitat des Herrn Söder (1):

Frau Will, ... finden Sie diesen Maßstab, den wir jetzt da anlegen, wirklich der Sache, wenn's um Leben und Tod geht, angemessen?

Klar, der Herr Söder weiß besser als alle anderen, was „angemessen“ ist - schließlich versucht er, die Maßstäbe zu setzen. Und möglicherweise will er noch ein bisschen punkten, um bald als bayrischer Strahlemann und Retter der Nation dazustehen. Das glaubt übrigens auch der Herr Ramelow. Der sieht sich ebenfalls als Vorbild und behauptet, dass die übrigen Bundesländer Thüringens Corona-Schutzmaßnahmen „übernommen“ hätten. Eines muss man ihm lassen: der Mann hat wenigstens Augenmaß.

Überhaupt wurde in den letzten Tagen recht viel mit dem Sargdeckel geklappert. Nachdem die alte Gilde der Versicherungsvertreter dies inzwischen aufgegeben hat, fühlen sich nun Politiker und Journalisten nun dafür zuständig. Muss die Tagesschau (von anderen Medien mal ganz abgesehen) wirklich ausführlich über Armee-LKWs zeigen, die Verstorbene transportieren? Ist das die richtige Art, mit der Angst in der Bevölkerung umzugehen? Und was hat die Pandemie bitte mit der Katastrophe von Lissabon anno 1755 zu tun, bei der man 60.000 Opfer zählte? Lissabon? Ja, das liegt in Europa, aber die größte Naturkatastrophe dieser Art liegt mal gerade 15 Jahre zurück, und die Anzahl der Toten überstieg 200.000. Aber bitte, dies ist kein Wer-bietet-mehr-Spiel.

Was wir im Moment benötigen, ist erstens die Wahrheit, die übrigens gar nicht leicht zu ermitteln ist, und zweitens die Zuversicht, dass wir die kommende Krise tatsächlich schultern.

Denn eine der wenigen Aussagen, die im Fernsehen bei Anne Will gesagt wurden, drückt aus, was uns allen noch blüht - und das ist keine Panikmache, sondern drückt die Hoffnung aus, dass wir uns darauf vorbereiten (Tobias Hans,1):

Die Entscheidungen, die wir heute treffen, um gesundheitliche Gefahren abzuwehren, die werden wiederum auf der anderen Seite Löcher reißen und uns neue Probleme schaffen.

Das halte ich für die Wahrheit. Und wir werden uns schon bald darauf einstellen müssen.

Und bis dahin, liebe Politiker und Journalisten - lasst uns mal unsere Zuversicht, den ersten Teil der Krise zu meistern. Und seht mal aus dem Fenster, wenn sie Sonne scheint. Es wird Frühling, wirklich.

(1) Die beiden farblich abgesetzten Zitate wurden der Süddeutschen entnommen.

Möchtegernmärtyrer

Ich schreibe gerne darüber, dass es sinnvoll sein kann, gar nicht aus dem Haus zu gehen. Aber ich habe meine Zweifel daran, ob es alle Menschen emotional ertragen können. Wenn sie bisher „allein“ waren, dann sind sie jetzt möglicherweise isoliert. Waren sie bisher tagsüber außer Haus, dann sind sie jetzt möglicherweise in ihren Zwei-Zimmer-Küche-Bad-Wohnungen miteinander eingesperrt. Wie lange das eine wie das andere erträglich ist, mag jeder selbst bewerten - solange er es noch kann. Die Gefahren werden durchaus gesehen - allerdings wird dabei oft nur auf Randgruppen verwiesen, so wie hier (Zitat ORF):

In den nächsten Tagen und Wochen werden viele Familien und Paare mehr Zeit in den eigenen vier Wänden verbringen als üblich. Das könne als Chance und Bereicherung gesehen werden ... gleichzeitig stelle das viele Menschen auf engstem Raum vor Herausforderungen.

Gedankenlos in Moral machen - ein Hobby der Begüterten?

Dennoch profilieren sich jetzt im Internet Leute damit, sich als Märtyrer darzustellen, weil sie nicht mehr aus dem Haus gehen, während andere das ja offensichtlich noch tun. Klar - mancher B-Promi hat einen parkähnlichen Garten, eine Fünf-Zimmer-Wohnung oder ein zweites Domizil, in das er sich zurückziehen kann. Das kann man leicht diejenigen Singles beschimpfen, die eine Einzimmerwohnung mit Badeklo bewohnen oder diejenigen Paare, die sich mit zwei Kindern zweieinhalb Räume teilen.

Die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart sagte jüngst, es handele sich bei den Super-Moralisten um

Möchtegernmärtyrer, die so tun, als ob jedes aus dem Haus gehen schon Massenmord wäre.

Schon dieser Satz wurde von Teilen der Presse als „unangebracht“ bezeichnet.

Sagen wir es doch mal nüchtern: Wer versucht, sein Leben zu retten - sei es durch Isolation oder durch die Flucht in die Natur, ist weder ein Märtyrer noch ein Verbrecher - er schützt vor allem sich selbst. Und immerhin gibt es auch in Deutschland noch Landstriche, in denen es sehr unwahrscheinlich ist, auf vier Kilometer einen Menschen zu treffen. Oder anders ausgedrückt: München ist nicht Deutschland.