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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Radikale Ehrlichkeit

Ich wollte die Pressemeldung eigentlich in den Papierkorb werfen, weil sie eher eine PR-Aktion war.

Doch dann las ich dies:

Der Diplom-Psychologe rät daher, beim Online-Dating von jedem Versuch Abstand zu nehmen, sich vorteilhafter darzustellen als es der Wirklichkeit entspreche.


Nein, ich zweifle diesen Satz nicht an, weil ich die Aussage für falsch halte. Aber das Stichwort, über das ich gestolpert bin, ist „die Wirklichkeit“.

Die Wirklichkeit ist Gegenstand der Philosophie. Die einen sagen, dass es so etwas gäbe wie eine objektive Wirklichkeit: Du wankst halb trunken aus einem Restaurant und klatscht gegen die Glaswand, die du für den Ausgang gehalten hast. Klarer Fall: Da war wirklich eine Wand. Doch was wir sonst für die „Wirklichkeit“ des Lebens halten, ist nicht „wirklich“ wirklich. Es ist eine Vorstellung der Wirklichkeit, und sie ist (wenn überhaupt) nur durch Kommunikation verifizierbar.

Sehen wir uns wirklich im Licht der Wirklichkeit?

Und nun kommt noch hinzu: Wie sehen wir uns denn? Im Licht des eigenen Geschlechts? Im Licht des anderen Geschlechts? Im Lichte unserer Liebesaffären oder Kollegen? Wie klar und eindeutig ist denn das Bild, das wir von uns haben? Und ist es „wirklich“ objektiv? Kann es jemals „wirklich sein“? Wie willst du es verifizieren?

Wenn wir wissen, dass wir weder für uns noch für andere „eindeutig“ oder gar „radikal“ ehrlich sein können, sondern nur immer im Lichte unseres schwachen Kenntnisstands, sind wir dann wirklich ehrlich?

Gute Eigenschaften herauszustellen ist nötig

Und ist es tatsächlich so mies, die eigenen, meist als positiv betrachteten Eigenschaften herauszustellen? Ich hatte früher (ja viel früher) häufig mit Bewerbern zu tun. Natürlich verlangt man von ihnen Ehrlichkeit, soweit dies unter Menschen möglich ist. Doch eine der wesentlichen Fragen lautet: „Nennen Sie doch bitte drei Ihrer wichtigsten positiven Eigenschaften.“ Wahrscheinlich wisst ihr, dass die meisten unvorbereiteten Menschen nicht einmal das zustande bringen. Und dann sollen sie „radikal ehrlich“ sein?

Wer muss "radikal ehrlich" sein?

„Radikal ehrlich“ muss nur der sein, der sein Leben nicht im Griff hat und das gerne ändern würde. Alle anderen dürfen das sein, was sie sind: Persönlichkeiten mit mehr oder weniger Facetten – egal, auf was sie hinauswollen. Und selbstverständlich darfst du immer und jederzeit deine besten Eigenschaften in den Vordergrund stellen.

Unter anderem gelesen in der KRONE

Im Osten Deutschlands sind die Mieten deutlich niedriger

Benachteiligter Osten? Setzt man die Mietkosten mit einem Drittel des in einer Familie verfügbaren Einkommens an, dann ist der Osten vergleichsweise ein paradiesisches Pflaster. In Leipzig beispielsweise liegt die durchschnittliche Vergleichsmiete noch unter 5,50 Euro pro qm – in Stuttgart hingegen bei 10,40. (1)

Inn Baden-Württemberg ist das Wohnen selbst in kleineren Städten im S-Bahn-Umfeld sehr teuer geworden: Die 24T-Einwochnersadt Ditzingen liegt auf Platz 10 im Mietspiegel.

Soweit zur Ost-West-Neiddiskussion und der Realität.

(1) Laut F+B Mietspiegelindex 2019, dem SPIEGEL entnommen. Der Mietspiegelindex betrifft Wohnung mit 65 Quadratmetern in mittlerer Ausstattung und Lage.

Ostdeutschland: die unglaublich große Verbitterung?

Ausnahmsweise erst einmal ein Zitat der Historikerin Kristen Ghodsee. Sie versucht sich an Ostdeutschland und stellt fest (oder besser: Tut ihre Meinung kund): (Anmerkung 1)

Ich glaube, bei vielen Ostdeutschen herrscht eine unglaublich große Verbitterung darüber, wie sie von den Westdeutschen behandelt worden sind. Mein Eindruck ist, dass man in Westdeutschland bestrebt war, die Spuren ostdeutscher Sozialisation und Kultur aus dem öffentlichen Leben zu tilgen.


Ostdeutsche Kultur oder sozialistische Kultur?

Ach, liebe Frau Ghodsee, da sind Sie auf ihre sozialistischen Gesprächspartner hereingefallen, die so etwas seit vielen Jahren behaupten.

Kein Westdeutscher hat „die Ostdeutschen“ in irgendeiner Weise bewusst oder absichtlich „mies behandelt“ und niemand wollte „die Spuren ostdeutscher Sozialisation und Kultur“ auslöschen. Das ist auch tatsächlich nicht geschehen: Die Sozialisten feierten schon kurz nach der Wende Triumphe, zuerst als PDS, dann als „Die Linke“. Ist dies etwa kein Beweis für die „Bewahrung der (sozialistischen) Ostkultur?“ Ich habe noch bei einigen Veranstaltungen die Ohren gespitzt, bevor Herr Ramelow die „gemäßigte Linie“ nach Thüringen brachte. Zuvor wurde auf Veranstaltungen gezielt Hass gegen Westdeutsche, ja sogar gegen den Bundespräsidenten geschürt.

Deutsche Kultur ist umfassend und oft schwierig

Was nun die Kultur angeht: Wir haben eine lange Deutsche Kultur. Wir haben leider auch noch Rest-Unkulturbestände aus dem „Dritten Reich“. Und wir haben Fehler in den ersten Jahren nach Gründung der Bundesrepublik gemacht, indem wir die Nazi-Kultur nicht restlos tilgten. Nun würden wir gerne als Deutsche gesehen werden, die unsere Vergangenheit hinter uns gelassen haben. Und dies gilt auch, wenn hin und wieder Rechts- wie Linksextremismus sichtbar wird oder einzelne Menschen nicht zufrieden mit dem Erreichten sind.

Und: zumindest alle Menschen IHRES Jahrgangs (1970, wenn ich nicht irre) hatten die Möglichkeit, ihr Glück selber zu schmieden. Und sehr viele haben es auch getan.

(1) Die Zitatenquelle ist der FREITAG. Der Artikel erschien unter dem etwas reißerischen Titel: "Sex ist Konsum" - Teilweise handelt der Artikel von Frauenemanzipation aus sozialistischer Sicht.

Buß- und Bettag

Wirkliches Gedenken
Ich habe eine teils vage, teils lebhafte Erinnerung an den Buß- und Bettag. Zunächst einmal, dass ich mit dem Tag nie etwas anfangen konnte. Man musste vorher zwei Tage zur Schule, hinterher auch, und am Tag selbst gab es keine Vergnügungen. Am vorausgegangen Sonntag auch nicht, da war Volkstrauertag, und am nächsten Sonntag war Totensonntag. Warum diese Zeit, in der man sowieso wenig unternehmen konnte, noch kulturell so trostlos war – als junger Mann begriff ich es nicht.

Immerhin habe ich am Totensonntag im Jahr 2008 einmal an einer offiziellen Gedenkveranstaltung teilgenommen. Sie war sehr bewegend, vor allem wenn man dabei als Deutscher auf ausländischem Boden steht.

Heute habe ich beim Aufstehen gar nicht dran gedacht, dass Bußtag ist. Das wäre auch so geblieben, wenn ich nicht die Zeitung vermisst hätte. Die aber erscheint in Leipzig, und weil heute in Sachsen Feiertag ist, erscheint eben auch die Ausgabe für Thüringen nicht.

Also war ich heute ohne Zeitung. Die Marktbeschicker und Händler am Ort dürften sich gefreut haben: Die Sachsen fielen heute in Massen ein und kauften, als ob es morgen nichts mehr gäbe.

Ein bisschen Fakt, ein bisschen Fake

Manche Nachrichten zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht grundsätzlich falsch sind, sondern dass ihre Inhalte auf bestimmte Klientel „angepasst“ werden.

Alsdann: Höret, ihr Frauen, der Weg ist gefunden ..., denn nun behauptet eine Frauenzeitschrift, sie könne mithilfe einer Studie …

… endlich Lichts ins Dunkle der Dating-Welt bringen und uns wissen lassen, ab wann deutlich wird, in welche Richtung es mit unserem männlichen Objekt der Begierde verläuft.


Leider sagt die Studie dies aber gar nicht aus. Und auch nicht, dass es bis zum zwanzigsten Date deutlich wird, ob es eine gemeinsame Zukunft gibt.

Denn die „Kurve der Begierde“ fällt nach dieser Studie bereits ab dem zehnten Date ab, wenn man voraussichtlich nicht zusammenbleiben wird. Und natürlich hat das ganze mit „männlichen Objekten der Begierde“ nur insoweit zu tun, als Frauen und Männer von der Studie erfasst wurden. Und was noch fehlt: Die Entscheidung, eine bereits laufende Beziehung dennoch zu beenden, fällt schleichend – und nicht knallhart.

Knallhart ist nur die Konsequenz, sich wieder zu trennen – und weiterzusuchen.

Wen es interessiert: die Studie kann eingesehen werden. Und was sich daraus ergibt, weiß die Liebeszeitung.