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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Die Ära Merkel und die Ära Adenauer

Irgendwie erinnert mich die Kanzlerin Merkel an den Kanzler Adenauer: am Ende war Adenauer zu lange im Amt – viel zu lange. Dabei schwanden seine Verdienste immer mehr und seine Schwächen wurden immer deutlicher.

Was folgte, war die unglückliche Regierung Erhard und die schwache Regierung Kiesinger – und dann saß die Union erst einmal auf der Reservebank. Mittlerweile schrieben wir das Jahr 1969, und bekanntermaßen wurde die CDU damals abgewählt, weil sie sich aus sich selbst heraus nicht mehr erneuern konnte.

Inzwischen haben wir eine andere CDU, ein neues Parteiengefüge und eine völlig andere Ausgangslage. Nur eine Parallele bleibt: Adenauer war zu lange im Amt, und dies zerstörte in der Erinnerung seine Verdienste, die er als „Nachkriegskanzler“ erworben hatte. Und Angela Merkel geht es heute ähnlich: Zu lange im Amt, zu starrsinnig und eine potenzielle Nachfolgerin, die schon jetzt überaus glücklos agiert – milde ausgedrückt.

Darf man da nicht sagen: Die CDU sollte mal nachdenken? Doch, man darf es sagen. Und sie sollte es möglichst bald tun und ohne öffentliche Auftritte vor lechzenden Journalisten.

Alle Bundeskanzler in der Galerie.

Will die CDU eigentlich noch Verantwortung in Thüringen?

Das Possenspiel der CDU in Thüringen hat gerade erst begonnen: Zuerst schien es so, als würde die CDU eine gewisse Verantwortung für den Freistaat übernehmen wollen. Das jedenfalls ging aus Herrn Mike Mohrings Äußerungen vom Wahlabend hervor. Doch dann plusterte die CDU (ebenso wie die CDU-nahe Presse) ihr Gefieder auf: nicht nur die Besserwessis, sondern auch die Besserossis. Als Top-Besserossi erwies sich dabei sein Vize Mario Voigt – aber er war damit nicht allein.

Neben all dem Geschwätz über den Glaubwürdigkeitsverlust der CDU im Fall der Koalition der Linkspartei, ja, sogar ihrer Tolerierung, vergisst die Christlich-Demokratische Union ihre Verantwortung für Thüringen. Das ist ungefähr so, wie bei der Bundestagswahl mit der SPD: Auch sie wollte sich zunächst aus der Verantwortung verpissen. Heute behaupten ihre linken Scharfmacher (die es auch immer noch gibt) und ihre (nun wirklich extremistische) Jugendorganisation, das sei der Grund für ihren Niedergang. Aber das ist – mit Verlaub, nicht als eine dummdreiste Behauptung. Der Niedergang ist hausgemacht und an ihm wird seitens der SPD weiter gearbeitet. Dabei ist die Politik, die die SPD in der GroKo hingelegt hat, beispielhaft gut. Nur die Partei selbst taugt eben nichts mehr, seit es „Die Arbeiterschaft“ nicht mehr gibt und die bürgerliche Mitte die Nase voll hat von dem blödsinnigen Parteigerangel.

Und nur mal so am Rande, Herr Voigt und all ihr anderen abgehobenen Schlaumeier: Guckt mal auf die unteren Ebenen in Thüringen. Beispielsweise die Gemeinderäte – da arbeiten die kontroversen Parteien CDU und Linke auch gemeinsam für das Wohl ihre Städte und Gemeinden.

Lohnte es sich überhaupt noch, sich mit der CDU zu beschäftigen? Oh ja! Aber dann muss die Parteispitze endlich mal runter vom „hohen Ross“.

Die WELT und die „Lösungen für Ostthüringen“

Ich erwarte von den Kommentatoren der WELT normalerweise nicht viel mehr als Polemik. Springer bleibt Springer, auch wenn dort gelegentliche erhellende Artikel erscheinen mögen. Aber wer sich’s so einfach macht, verkennt, dass Thüringer zunächst einmal Thüringen im Fokus haben. Und so wird schwer verdaulich, was der Chefredakteur der WELT predigt:

So wichtig einem die Wahl in Thüringen ist, so sehr verstellt sie den Blick auf die Herausforderungen für das Land, den Kontinent, die Entwicklung von Zukunftsperspektiven, die auch die Herausforderungen abgehängter Regionen wie Ostthüringen lösen könnten. Allen voran die Bildung mit dem Ideal mündiger Bürger, die demokratiefähig gemacht werden, schon ab dem Kita-Alter.

Ach nee, Sprüche. Sprüche kann jeder. Da muss man nicht Chefredakteure bei der WELT sein. Verkürzt heißt das: Hey, ihr Thüringer, guckt mal, dass ihr wenigstens eure Kids demokratiefähig macht, dann gibt es auch bald Manna für alle.

Ich sag da mal (selber Wessi): Besserwessi. Ich hätte auch Besserwisser sagen können, denn ich vermute kaum, dass Herr Poschardt einen Plan für die „abgehängten Gebiete Ostthüringens“ hat. Wo genau die AfD ihre Wähler generiert, ist im übrigen hier dokumentiert.

Dem Chefredakteur geht es darum, die möglicherweise anstehende Kooperation zwischen CDU und Linkspartei auszugrenzen. Fragt sich nur, was dies der CDU nützt. Dabei weiß Herr Poschardt (wahrscheinlich besser als jeder andere), dass die CDU sich selbst ins Abseits stellt, und für den aktuellen Niedergang gibt es ein prägnantes Etikett: Annegret Kramp-Karrenbauer. Übrigens: Die verbliebene Zustimmung zur CDU in Thüringen ist allein auf die CDU-Kandidaten zurückzuführen, nicht auf die Partei – das ist am Wahlergebnis klar erkennbar.

Die Thüringer FDP

Die Wahlergebnisse - vorläufig
Heute wurde in einigen Zeitungen veröffentlich, wie knapp die FDP in den neuen thüringischen Landtag geschliddert ist. Nach dem vorläufigen Endergebnis erhielt sie ja fünf Prozent der Stimmen – aber wie viele waren es eigentlich genau? Ich habe die halbe Nacht auf die Zahlen geguckt – eigentlich nicht wegen der FDP. Aber sie schwappte mit der vierten Nachkommastelle lange Zeit um die fünf Prozent herum - und das war immerhin recht unterhaltsam.

Schließlich landete sie gegen Mitternacht im letzten vorläufigen Ergebnis bei 5,0005 Prozent.

Auf dem „Portal Liberal“ kann man nachlesen, wie die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg den Mund vor der Wahl deutlich zu voll nahm – und ich sage dazu: Arroganz ohne Ende ist auch keine Lösung.

Das zitiere ich doch gerne:

… ob die freien Demokraten (ins Thüringer Parlament) einziehen, wird große Auswirkungen haben auf die Koalitions-Chancen und das Image Thüringens. Eine Regierung ohne Linke und AfD gibt es nur, wenn wir in den Landtag kommen.

Und dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein – außer, dass der FDP der Realitätssinn schon frühzeitig abhandenkam.

Quelle des Zitats: Portal Liberal
Quelle der Grafik: Wahlen Thüringen Veröffentlichung ohne Gewähr.



Bin ich plötzlich nach links gewandert?

Wie kann ich leben zwischen „Nie wieder Sozialismus in Deutschland“ und dem Wahlergebnis in Thüringen?

Ganz einfach: Wenn die Demokratie durch Demagogen bedroht ist, folgen kluge Menschen den letzten Trägern der Vernunft – und die sehe ich durchaus in Bodo Ramelow, aber auch in seinem Konkurrenten Mike Mohring.

Ja zur Koalition der Vernunft

Und: Ich würde durchaus eine Koalition zwischen CDU und Linkspartei befürworten. Die Unterschiede sind – angesichts der Möglichkeiten, in Thüringen etwas zu verändern – wirklich nicht unüberwindlich. Und hier in Thüringen ist kein Mensch gefragt, der in Berlin mit aalglattem Gesicht in die in die Kamera schaut – und keine Ahnung hat, was die Menschen im waldreichen Osten bewegt.

Würstchenbudenschwätzer nicht das einzige Problem in Thüringen

Und da kann ich nur sagen: Man muss einerseits schauen, was sie bewegt, und den Mut haben, ihnen nötigenfalls zu widersprechen. Denn nicht alles, was hier in Thüringen an Würstchenbuden be- und verurteilt wird, entspricht den Tatsachen. Und um darüber hinauszugehen: Es sind nicht nur die Würstchenbudenschwätzer, die sich gegenseitig in Vorurteilen bestätigen. Leider sind es eben auch Menschen, die sich durchaus besser informieren könnten – die es aber nicht tun. Hier hört man auf den Straßen oft Sätze, die klingen, wie von AfD-Wahlplakaten abgelesen: „Sie hatten Zeit“, „Sie müssten jetzt (endlich) …“ Überall dies „sie“. Nein, nein … „Du, Bürger, du hattest Zeit“, "du, Zeitgenosse, müsstest jetzt (endlich?)".

Manche Probleme lösen sich nicht von selbst

Derweil stöhnen Wohnungsbesitzer, keine Handwerker zu finden, und Handwerker finden keine Azubis … das sind echte Probleme, und wirklich nicht nur das … wenn man zwei Stunden bei einem Facharzt wartet - oder ein Jahr auf einen Termin, dann wäre es an der Zeit, nach Lösungen zu suchen.

Und deswegen: Anpacken, Schwachstellen erkennen, Probleme lösen. Die eigene Weitsicht überprüfen … das wären Aufgaben für alle. Schön wäre s, wenn als Zweifler, aber auch alle Besserwisser, Gandhi folgen würden:

Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünscht von dieser Welt.


Wer eigentlich sonst außer dir?