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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Die Brötchentüte – backfrisch und Backfisch

Heute habe ich eine Brötchentüte gesehen, auf der das Wort „Backfrisch“ stand, also frisch gebacken. Unweigerlich erinnerte mich dies an das Wort „Backfisch“. Das Wort machte die Runde, als gegen 1880 mehrere literarische Werke erschienen, die als Jugendliteratur für heranwachsende Frauen galten. Es war aber schon früher in Gebrauch.

Die Backfische waren mit Sicherheit das, was man heute noch „Frischlinge“ nennt, und warum sie nun „Back“ hießen oder „Fische“, darüber streiten sich die Gelehrten trefflich. Möglicherweise ist die Bedeutung jedoch ganz einfach: „Ein Fisch, den es zu backen gilt“ oder der „noch nicht ganz gebacken“ ist. So, wie ein Mensch, der studiert hat, am Ende ein „frischgebackener“ Akademiker ist.

Die „backfrischen“ jungen Damen jener Zeit hießen eigentlich anders. Sie wurden gemeinhin als „junge Mädchen“ bezeichnet, so, wie wir es oft tun, wenn wir etwas ganz anders sagen wollen: „Ein „älterer Mensch“ ist ein alter Mensch, der schon etwas gebrechlich ist. Und ein „Junges Mädchen“ ist ein Mädchen, das nicht mehr jung ist, sondern zur Frau heranreift.

Die „Backfische“ selber scheinen diesen Begriff nie zu verwenden. Die Frauen der Zeit sprechen von ihren „Jungmädchenjahren“, und bezeichnen damit die Zeit seit Beginn der Pubertät bis zur Eheschließung. Für viele waren sie keine Lehrjahre, weil ein Beruf weder angestrebt wurde noch erwünscht war, „Leerjahre“, die irgendwie „gefüllt“ werden mussten.

Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zu den Mods und Rockern, „Exis“ und Halbstarken“ hatte man keine Bezeichnung für heranwachsende junge Frauen. Erst in den 1960er Jahren schwappte der Begriff „Teenager“ aus den USA herüber. Dieser Sammelbegriff galt vor allem für junge Frauen zwischen 13 und 19, aber auch für die gesamte Jugend jenes Alters. Zudem setzte sich der Begriff „weibliche Jugendliche“ im Offizialdeutsch durch.

Am Rand kann ich noch vermerken, dass in Deutschland und Österreich vielfach von „Süßen Mädeln“ die Rede war, wenn man Verführerinnen meinte, die zwar allerlei Gunstbezeugungen gewährten, aber keinen Geschlechtsverkehr. In Frankreich nannte man sie auch „Halbjungfrauen“ (Demi-Vierge).

Na schön. Also: Der Backfisch war sozusagen backfrisch, oder noch nicht „ganz gebacken“, wie man im Schwäbischen wohl sagt. Und die Bezeichnung „Mädchen“ in all ihren Abwandlungen hat sich für junge Frauen bis heute erhalten.


Lehren aus der Brexit-Debatte

Was wir gestern lernen aus der Brexit-Debatte lernen konnten, war dreierlei:

1. Volksabstimmungen über die Grundlagen von Staat und Gesellschaft sind ein Irrsinn. Sie sind Momentaufnahmen, die auf Gefühlen beruhen – völlig sinnlos, aber mit viel Gefahrenpotenzial.
2. Briten nehmen die Demokratie sehr ernst, aber das nützt nichts mehr, wenn man sich auf eine Volksabstimmung stützen muss.
3. Das Vereinigte Königreich wurde durch die Volksabstimmung ins Chaos gestürzt – und über viele Jahre wird den Regierungen nichts anderes übrig bleiben, als das Chaos zu verwalten oder zu mildern.

Theresa May hat damit wenig tun. Sie ist eine überzeugte, konservative Demokratin, die in den Verhandlungen mit der EU gar keine Chance hatte. Das lag nicht an der EU, sondern an dem überzogenen Vorstellungen der britischen Parlamentarier und der EU-Gegner.

Ob ihr Hauptgegner, der Sozialistenführer und Gewerkschaftler Jeremy Corbyn das alles besser kann? Er ist – nicht nur altersmäßig – ein Mann von gestern. Jemand, der weder die Jugend vertritt noch Integrationsqualitäten hat – und zudem so weit links steht, dass die Wirtschaft im UK um ihren Niedergang fürchten muss - falls das nicht schon der Brexit erledigen wird.

Es ist offenkundig (und wurde gestern auch im Parlament mehrfach deutlich) dass die britische Gesellschaft gepalten ist, und zwar mehrfach. In Jung und Alt, EU-Befürworter und EU-Gegner, in Träumer von der „guten alten Zeit“ und Menschen mit Weitblick. Und nicht zuletzt in Nordiren, Waliser, Schotten und Engländer.

Wie wird es weitergehen? Nicht nur die Briten fragen sich dies – und hoffen auf ein Wunder. Wenn dies nicht Eintritt, werden nun die Chaos-Jahre folgen.

Hoffentlich ist das Geschehen im UK wenigstens eine Warnung an die Fanatiker in Deutschland.