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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Warum ich niemanden kriminieren kann

Ich hätte so gerne Mitleid mit jenen, die diskriminiert werden. Leider weiß ich nicht so genau, was „diskriminieren“ eigentlich ursprünglich bedeutet, und vor allem, was passiert, wenn ich das „Dis“ amputiere. Und da staune ich nun doch: „Kriminieren“ wäre dann eine andere Form von „Kriminalisieren“, auch „Beklagen“ oder „Beschuldigen“.

Weiße und Männer können gar nicht ... nur Dunkelhäutige und Frauen?

Oh, ich lese, dass „Männer oder Weiße“ nicht als „Männer oder Weiße“ diskriminiert werden können. Und was heißt das? Ich sage es euch; „Diskriminieren“ ist ein absolut mieses Bildungsdeutsch, das eigentlich nur von Menschen benutzt wird, die ein wenig verschleiern wollen, was sie wirklich meinen. Und das wäre: „Unter Verachtung ausgrenzen“. Heißt: Wenn ich in einer Umgebung von weißhäutigen Menschen lebe, dann sollte ich einen dunkelhäutigen Menschen nicht mit Verachtung ausgrenzen. Wäre nun aber blöd, wenn ich unter dunkelhäutigen Menschen leben würde, denn die könnten mich ja auch durch Verachtung strafen. So ganz passt das mit dem „Weiß“ also nicht.

Frauen ausgrenzen?

Und mit den Männern? Die Voraussetzung dafür, etwas zu diskriminieren, ist zunächst, etwas zu unterscheiden, und das, was unterschieden wird, dann auszugrenzen. Also könnten Männer tatsächlich Frauen ausgrenzen. Sie wären natürlich ganz schön dumm, wenn sie’s täten, und deshalb tun sie es nicht. Aber: Sie können Frauen diskriminieren. Und wie geht das? Indem man das Wort „Diskriminieren“ mit „Abwerten“ übersetzt – oder einfach dumm und dreist aus dem Hirn heraushaut, weil man es in diesem Zusammenhang mal gehört hat. Aber, mal echt: Wie können Männer als Gruppe im Ernst Frauen als Gruppe ausgrenzen und dann abwerten? Indem sie diese mit dem Wort für ihre Geschlechtsteile bezeichnen? Bilden Frauen überhaupt eine Gruppe? Oder eine Minderheit?

Männer ausgrenzen?

Fragt sich nun also auch: Warum sollte es Dunkelhäutige und Frauen oder eben auch Dunkelhäutigen oder Frauen nicht möglich sein, Männer zu diffamieren? Haben wir etwas nie von Frauen gehört, dass sie uns Männer über unseren Penis definieren? Hörte ich nicht, dass Männer sogar mit dem Penis denken? Dass sie alle Schweine oder Arschlöcher sind? Und wenn’s den harten Jungs oder den starken Frauen recht ist, waren die sanfteren unter den Männern da nicht auch schon mal „Weicheier, Sitzpinkler oder „Mädchen“? Und werden nicht diejenigen bewundert, die „Eier haben“ – das bedeutet zwar „Mut haben“, bezieht sich aber doch wohl auf die Hoden, oder sehe ich das ganz falsch?

Das Humpty-Dumpty-Prinzip: Behaupten und Durchsetzen

Ja – ich sehe natürlich alles falsch. Denn (Zitat):

Männer und Weiße können ungefähr alles auf der Welt haben, aber Diskriminierung können sie nicht haben. Es gibt keinen Rassismus gegen Weiße und keinen Sexismus gegen Männer.


Es gibt nur das, was die Pseudo-Intellektuellen wollen. Sie spielen ihre Spielchen mit Wörtern und drücken sich absichtlich kompliziert aus - und verstecken sich hinter Fremdwörtern. Denn würden sie es anders sagen, würden wir ja mitreden können. Und dann würden wir vielleicht auch mal etwas „kriminieren“ wollen. Ach, wie bitte, das stimmt wieder gar nicht? Genau so ist es. Weil sich die Soziologen und andere Komplizierer da ein Wort zurechtgeschustert (1) haben, das es so gar nicht gibt: die Diskriminierung.

Und so, wie ich zu Anfang dieses Artikels „auf dumm“ gemacht habe, so wird es auch Millionen anderer Menschen gehen: Sie werden von diesen Unsinnswörtern mit akademischem Beiklang verdummt. Oder auch: Humpty Dumpty lässt grüßen (2). Man behauptet eben mal frech, ein Wort bedeute etwas und nutze es dann, um Andersdenkende zu Dis … ja, eher zu diskreditieren. Oder eben abzuwerten. Männer kann man als Frau abwerten. Es ist ganz leicht.

(1) gegen 1890 überhaupt nur in "Meyers" Konversationslexikon, dort im Sinne von "Abtrennen", "Aussondern".
(2) Nach "Alice hinter den Spiegeln"

Sexuelle Schnäppchenjäger gesichtet?

Die Welt teilt sich derzeit in zwei Auffassungen über Sexualität. Eine bezieht sich auf den Missbrauch, greift offen oder unterschwellig Männer an und sagt mehr oder weniger deutlich: Seit es Dating-Apps gibt (nicht nur Tinder), ist die Liebe im Eimer.

Die Andere sieht in unbefangenen Begegnungen und erotischen Abenteuern eine Bereicherung der Sexualität – durchaus besonders für Frauen. Erfahrungen sind nicht auf einen Mann beschränkt, und die Frau kann sich heraussuchen, mit wem und bei was sie die meiste Lust verspürt. Oder eben auch andere positive Gefühle entwickelt.

Falsche Gedankenketten und viel Gelaber um den "bösen" Sex

Mir scheint, die Gedankenkette: App – schnelles, verantwortungsloses Vögeln, Konsumieren und Verwerfen entspringt – höflich ausgedrückt – der Interpretation alternder Akademikerinnen.

Man labert die erstaunten (und teils entsetzen) Leser mit US-Begriffen voll, von den „fiesen Datingtrends“, über die „Abschleppkultur“ bis zu der unbewiesenen, aber populistisch verwertbaren „Vergewaltigungskultur“ in den Vordergrund. Und alle machen mit – von den Extermfeministinnen über gewöhnlichen Frauenzeitschriften bis hin zum SPIEGEL. Dort hat Silke Weber nach der Lektüre eines neuen Buches die „Shoppingmentalität der Apps“ beklagt und gleich mal aufgelistet, was es seither gibt. ONS, Abschleppen (Hooke up), Seitensprung, Fickbeziehung (fuck Buddy), Freude, die sich auch für Sex eignen (friends with benefits), Casual Dating (Treffen für Gelegenheitssex) und Cybersex (Sex über den Computer ohne körperliche Berührung).

Da fällt doch sehr auf, dass es all dies schon zuvor gab, aber nicht für jeden. Die Freunde (ja, auch Männer), die sich außer für die Freundschaft auch noch zum Vögeln eigneten, wurden angeblich 1995 zum ersten Mal erwähnt. ONS sind typische Kinder des vorigen Jahrhunderts, und Cyber Dating und Casual Dating sind zwar neu, datieren aber auch bereits mehr als 10 Jahre zurück – sie alle sind also keine Abkömmlinge der „bösen Apps“.

Ein populistisches Denkspiel mit Soziologie verfeinert

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Es ist wahr, dass die Apps eine Möglichkeit geschaffen haben, das Sexualleben rasanter zu gestalten – aber keinesfalls für alle. Auf der anderen Seite haben sie auch für Frauen einen Weg offengelegt, ganz bewusst nach unverbindlichem Sex zu suchen. Aber auch das ist nicht „wirklich neu“. Seit der Mitte den 1990er Jahren gibt es deutlich mehr Berichte von partnersuchenden Männern, die Frauen trafen, die keinesfalls einen dauerhaften Partner suchten, sondern sich mit einer Nacht oder einem Wochenende begnügten. Und dieser Trend hat sich noch deutlich verstärkt, was eigentlich zu erwarten war. „Sexuelle Schnäppchenjäger“ sind heute alle geworden, die erotische Nächte „auf schön“ (und möglichst ohne Kosten) erleben wollen. Und Frauen sind dabei zwar nicht die Trendsetter, aber eben auch keine Ausnahmen.

Die Frage ist natürlich, ob das zugrunde liegende Buch von Eva Illouz ein geschickt am Büchermarkt lanciertes professorales Machwerk ist oder ob es auf der Einschätzung tatsächlich existierender junger Menschen (also App Benutzern) beruht.

Ich neige dazu, es als ein populistisches Denkspiel der Soziologin Illouz zu bezeichnen.

Zielgruppe Kulturpessimisten und Kritiker des liberalen Staates?

All die Bücher, die sich mit dem „Verlust der Liebe“ und dem „Konsum von Sex“ beschäftigen, sind ja im Grunde auf Leser ausgerichtet, denen „die ganze Chose“ nicht gefällt, und die gerne in den einen oder anderen Klagegesang einstimmen. Dabei fallen die positiven Aspekte des heutigen Lebens leicht durch die groben Siebe, die dabei verwendet werden.

Im SPIEGEL folgt die Literaturkritikerin weitgehend Frau llouz Gedanken.