Skip to content
Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Bundestagswahl 2017

Ich habe beschlossen, mich einzumischen. Ich werde nicht viel daran tun können, dass die Feinde von Liberalismus, Demokratie, Europa und deutscher Wirtschaftskraft Stimmen bekommen. Aber wenn ich es nicht täte, würde ich mich schlecht fühlen. Ich bin Demokrat, Liberaler, Europäer. Und ich wäre froh, wenn wenigstens drei Viertel aller Deutschen genau das wären. Wenn all diese Personen wählen gehen würden, wäre schon viel gewonnen.

Machen wir uns nichts vor: Ein Europa der Kleinstaaten, in der jeder seine eigene popelige Politik durchsetzt, wird keinen Bestand haben. Da mögen die Rechten solange ihre deutsch-nationalen Parolen herausschreien, wie sie wollen – wer Europa zerstört, zerstört auch Deutschland – und vor allem die deutsche Wirtschaft. Schon jetzt wird klar, dass die abtrünnige Insel „Vereinigtes Königreich“ sich innerlich politisch aufzehrt. Und der wirtschaftliche Ruin wird folgen – selbst, wenn man dem neuen US-Präsidenten noch eine Weile den Hof macht und dafür ein paar Krümelchen seiner Gunst gewinnt.

Europa ist die einzige Alternative, wenn wir Deutschen unsere wirtschaftliche und diplomatische Macht ins Spiel bringen wollen – nicht die lachhafte Kleinstaaterei der nationalen Wahrheitsflicker. Und weil das so ist, gilt es, überall den europäischen Gedanken liebevoll, aber mit Vehemenz zu verteidigen. Europa muss sowohl gegenüber Russland als auch gegenüber den USA ein Gegengewicht bilden, und es muss glaubwürdig und selbstbewusst für Einheit, Freiheit und Gerechtigkeit eintreten. Das waren die Werte, mit denen das französische Volk einstmals ihre Despoten losgeworden ist. Das sollte uns nicht hindern, den Handel und gute Beziehungen auszubauen, den wir mit Afrika, China, Kanada, Indien, Russland und Südamerika haben, auch, wenn wir diese Länder und Regionen nicht für liberal genug halten. Und sogar zu den USA sollten wir beste Beziehungen suchen, falls das Land unter einem Präsidenten Trump noch einmal zu sich selbst finden sollte.

Auf der anderen Seite der Gefahren von rechts stehen die Gefahren von Links. Jedem Deutschen sollte klar sein, dass der Sozialismus in Deutschland kläglich versagt hat. Es gibt keine DDR mehr, weil Sozialismus nicht funktioniert – und niemand außer ein paar unbelehrbaren Kommunisten hat Lust, den Versuch noch einmal zu wagen.

Was bleibt? Intensiver für die Demokratie werben, und zwar für die Parteien, die sich eindeutig zu Deutschland, zu Europa und der liberalen Demokratie bekennen. Ich hoffe, dass sich neben der FDP wenigstens noch die CDU und die SPD den Schneid haben, dies zu tun. Und ich denke, dass auch die Grünen mehrheitlich weder Sozialismus noch nationale Kleinstaaterei unterstützen.

Ich kann damit leben, wenn man sich nicht zum Liberalismus bekennt. Aber ich kann nicht damit leben (und Sie langfristig auch nicht), dass man Europa beschimpft oder verachtet, ignoriert und kriminalisiert.

Und das Programm, SPD?

Na schön, man hat endlich einen Kanzlerkandidaten. Aber man hat kein glaubwürdiges Programm. Da kann man nur hoffen, dass nicht irgendjemand auf die Idee kommt, die „soziale Gerechtigkeit“ wieder vom Dachboden zu holen. Die alte Leier lockt keine Maus mehr hinter dem Ofen hervor. Und mehr „soziale Gerechtigkeit“ hieß bisher auf Sozi-Deutsch immer: Mehr Bürokratie.

Der Kolumnist Alexander Grau bezeichnete die „soziale Gerechtigkeit“ treffend als „einfältigste und hohlste aller Phrasen der ohnehin schon unterkomplexen politischen Rhetorik“. Es ist eine Phrase für Unterbelichtete: „Soziale Gerechtigkeit“ gibt es nicht. Es gibt nur die Grundlagen, einen Platz in der Gesellschaft zu finden, der den eigenen Fähigkeiten entspricht. Und „sozial sein“ heißt, möglichst viele Menschen den Weg zu dahin zu ermöglichen und jene aufzufangen, die es nicht schaffen.

Man wird sehen, was uns erwartet. Die SPD wird sich fragen müssen, wer sie denn wählen soll – die ewigen Nörgler und Verweigerer wählen entweder gar nicht oder sie fallen auf die extremen Links- und Rechtsparteien herein. Ich denke, dass die Menschen, die auf die deutsche Wirtschaftsleitung vertrauen und diejenigen, die aktiv in ihr tätig sind oder waren, nicht alle CDU-Anhänger sind. Zumal, weil in der CDU noch viel Volkstümelei brodelt und die Schwesterpartei CSU noch mit ihrem Wurzeln im 19. Jahrhundert hängt.

Gabriel verzichtet – das ist Deutschlands Chance

Ich kann nur aufatmen: Siegmar Gabriel verzichtet auf die Kanzlerkandidatur. Mit ihm wäre die SPD lediglich abgesoffen bei der nächsten Bundestagswahl – und ohne ihn hat sie eine minimale Chance, wieder zur alten Stärke zurückzufinden. Das würde auch bedeuten, wieder ein ernst zu nehmender Koalitionspartner zu sein.

Gabriels Beispiel zeigt: Für eine bessere Politik muss man sich gegebenenfalls selbst infrage stellen. Es hat lange gedauert, bis er es begriffen hat.

Und nein – ich bin kein Sozialdemokrat. Aber ein Demokrat. Und das ist in diesen Zeiten schon sehr viel wert,