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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Parlez-vous français Telefon?

Das neue Festnetztelefon ist da - und es enttäuscht auf der ganzen Linie. Es parliert französisch. Nun ja, da ich lange Zeit in Ungarn war, ging ich davon aus, dass jedes in Europa gekaufte Gerät sich auf alle gängigen europäischen Sprachen umstellen lässt. Das funktioniert mit nahezu jedem Gerät – nur mit diesem eben nicht.

Na schön, ich kann es auf Englisch umstellen, was mir im Prinzip nichts ausmachen würde. Aber … da zeigt sich ein Fehler – die Uhr in der Basisstation stellt sich wieder auf null, sobald der Stecker gezogen wird (also auch bei Stromausfall).

Und ...

Ich habe einen Teil dieses Beitrags gelöscht, nachdem ich ein wirklich ausführliches und sehr zufriedenstellendes Gespräch mit dem Hersteller hatte.

Unwort: Frühsexualisierung

Frühblüher - doch wann ist eigentlich "früh"?
Es gibt Frühblüher und Spätblüher, wie der Gärtner weiß. Der Mensch – nun ja, er blüht unglaublich lange, doch das ist gar nicht die Frage: wenn ist für ihn früh?

Als „früh“ wird alles bezeichnet, was vor dem Termin liegt, der eigentlich dafür vorgesehen war. Der „Termin“ für das erotische Interesse am anderen Geschlecht hängt zwar mit der Pubertät zusammen, fällt aber nicht bedingungslos in die gleiche Zeit. Hinzu kommt: die offenkundige „Sexualisierung“, das heißt, das Erkennen der Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen, beginnt schon viel früher. Ob es sich dabei um körperliche Unterschiede oder Verhaltensunterschiede handelt, ist zunächst zweitrangig.

Wenn die Sexualisierung aber damit beginnt, jemanden als „Jungen“ oder „Mädchen“, alternativ „feminin“ oder „maskulin“ im Verhalten zu erkennen, und dies in sehr frühem Alter ganz normal ist, was bedeutet dann bitte „Frühsexualisierung“?

Die Fraktion aus Adligen, Sektierern und politischen Populisten, die den Begriff benutzt, ist der Meinung, die Frühsexualisierung entstehe durch „Indoktrination“. Man benutzt offensichtlich das Fremdwort, um sich als klug auszuweisen. Doch Indoktrination ist geistige Gehirnwäsche, die an keiner Schule stattfindet – und dort auch gar nicht stattfinden darf. Grundlage muss eine Ideologie oder Religion sein, die Menschen ganz bewusst manipulativ auf einen Irrweg führt.

Nun wäre die Luft heraus. Doch in Wahrheit geht es gar nicht um das Thema „Indoktrination“, sondern um Kenntnis und Erkenntnis. Insofern ist die Behauptung, „Kinderseelen“ würden durch den neuen Sexualkundeunterricht belastet, absoluter Unsinn. Menschen (nicht nur Kinder) belastet immer nur etwas, dem sie ausgeliefert sind und dem sie nicht entfliehen können. Etwas, für das sie keine Erklärung und keinen Gesprächspartner finden.

„Frühsexualisierung“ ist ein Unwort, das gar nichts bezeichnet. Und je früher es aus dem deutschen Vokabular verschwindet, umso besser.

Ins Gesicht gespuckt - das postfaktische Zeitalter

Die Post-truth-Ära bezeichnet das Zeitalter, an dem die Aufklärung sozusagen aufs Altenteil geschickt wurde. Nicht mehr Tatsache und Wahrheiten, würden gelten, sondern die bloße Meinung.

Das allerdings war schon 2004, also vor 12 Jahren, als US-amerikanischen Medien von ihrer Regierung die Hucke voll gelogen wurde, um den Irakkrieg anzuzetteln und Journalisten solche Entscheidungen als "post truth" bezeichneten.

Das Wort des Jahres - aus der Sicht vorgeblich "Gebildeter"

Nun hat das Oxford Dictionary just dieses Wort zum „Wort des Jahres 2016“ erklärt. Nicht postfaktisch, sondern post-truth, was man je nach Gusto als „Zeit nach der Aufklärung“ oder „Zeit nach der Wahrheit“ nennen könnte. Oder eben als deutsches Universal-Schimpfwort für alle Menschen, die keine Fakten kennen, keinen Fakten berücksichtigen oder nicht nach der Faktenlage handeln.

Es wird Zeit, den „Gelehrten“ einmal ins Gesicht zu spucken, die jetzt alles als „postfaktisch“ (post truth) bezeichnen, was gerade in ihr Zeitgeist-Menu passt.

Haben die Menschen sich früher an Fakten gehalten?

Die Menschen früherer Zeiten – und ich kannte noch einige Generationen bis hinein ins 19. Jahrhundert persönlich – haben sich so gut wie niemals an Fakten orientiert, wenn es um ihr Wohl und Wehe ging. Sie haben sich auf eine Art Gemisch aus gesellschaftlichen Mantras und eigenen Erfahrungen verlassen. Gerade das angeblich so gebildete Bürgertum verließ sich auf Überlieferungen, so gut oder schlecht sie nun mal waren. Man hatte ein festes Schema von Abwehr und Verherrlichung, das es durchzusetzen galt. Das galt neben den rein persönlichen Belangen auch für Musik, Literatur, Malerei und Politik.

Pseudo-Erfahrungswissen als Faktenersatz

Um Ihnen das zu verdeutlichen, will ich ein einfaches, persönliches Beispiel wählen: Einmal, auf einem Familienfest, unterhielten sich mein Großvater und mein Onkel Fritz darüber, ob denn nun die „Bremer Nachrichten“ oder der „Weser Kurier“ die meist verbreitete Zeitung in der Stadt sei. Ihre Argumentation beruht im Wesentlichen darauf, wie viele Menschen auf dem Weg zur Arbeit in der Straßenbahn die eine odere andere Zeitung lasen. Nachdem sie sich etwas eine halbe Stunde darüber stritten, stand ich auf und sagte: „Aber Opa, du musst doch nur die Auflage ansehen.“ Was Opa und Onkel gleichermaßen verblüffte – schließlich war ich damals erst neun Jahre alt.

Komfortzone statt Fakten für den "Normalbürger"?

Auch heute werden Entscheidungen oft noch unter dem Aspekt des Hörensagens, des Zeitgeistes oder der komfortablen Gefühlswelt getroffen. Man bewegt sich gerne in der Komfortzone, so wie die alternden Konzertbesucher, die Gershwin oder Rimski-Korsakow für „zu modern“ halten.

Fakten zerstören die eignen Illusionen vom Leben

In der Gefühlswelt, beispielsweise bei der Partnersuche, spielen Fakten ohnehin kaum eine Rolle. Wenn Sie einem Partnersuchenden etwas von den „Marktgegebenheiten“ erzählen, dann klappt er seien Ohren sofort zu, weil er nicht will, dass seine Illusionen zerstört werden. Fakten sind ausgesprochen gefährlich für all jene, die ihre eigene kleine Welt für das Universum halten. Und dabei spielt es keine Rolle, ob sie Sektierer, politische Hitzköpfe oder verblendete Partnersuchende sind. Fakten zerstören Illusionen – und machen wird uns nichts vor – die meisten Menschen leben damit, Illusionen zu haben.

Die Arroganz der Klugscheißer und die "Fakten"

Kommen wir auf die „Gelehrten“ zurück, die uns jetzt das Wort „postfaktisch“ um die Ohren hauen und dabei das Wort gebrauchen, wie es ihnen gerade gefällt. „Postfaktisch“ handeln demnach Brexit-Befürworter, Trump-Wähler oder AfD-Enthusiasten. Klar handeln diese Leute auf der Basis merkwürdiger Gefühlswelten, aber das heißt nicht, dass alle anderen Gruppen den „Fakten“ verpflichtet wären.

Der Mainstream sorgt dafür. dass wir Fakten zum Aussuchen vorfinden

Wer erwartet eigentlich, dass der ganz gewöhnliche Deutsche, Brite oder US-Amerikaner sich an Fakten orientiert? Und wenn ja, an welchen Fakten? Sogenannte „Fakten“ sind doch längst zum Spielzeug von Gauklern aus Wissenschaft, Kultur und Politik geworden. Es gibt Fakten zum Aussuchen – und sie nähren mal diese, mal jene Ideologie. Gibt es wirklich Fakten, die eine Pkw-Maut rechtfertigen? Gibt es Fakten für einen ausgeprägten Sexismus? Gibt es Fakten dafür, dass der Sozialismus die bessere Gesellschaftsordnung schafft?

Nein, aber es gibt dahin gehende Behauptungen, die mit einem Faktenkorsett zusammengehalten werden – und es gibt immer wieder Menschen, die diese Behauptungen verbreiten.