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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Frau Merkel weiß nicht, wer „wir“ ist

Wir - aus der Sicht der Regentin


Das erstaunliche ist oft das Gewöhnliche. Eine Kanzlerin, Repräsentantin eines Volkes, oberste Demokratin, weiß nicht, wer „wir“ ist. Sie erdenkt sich ein „wir“, und das ist es dann.

Das tat auch Humpty Dumpty. Jedenfalls bei Lewis Carroll. Der war erstens Mathematiker und zweitens ein Meister des Worts – und ein großer Kritiker der Obrigkeit.

Jener Humpty Dumpty gab einem Wort die Bedeutung, die ihm gefiel. (1) Und bei der Kanzlerin heißt dieses Wort „wir“.

Denn „wir“ sind mit dem „wir“ offenbar gar nicht gemeint. Dort ist die Kanzlerin, die das Volk nicht kennt – hier ist das Volk, das nicht weiß, wohin der Weg geht, und ihr deshalb nicht folgt. Und sie schließt messerscharf: Das Volk braucht keine Erläuterungen, sondern Erleuchtung.

Wie? Ja, denn das kam heraus bei ihrer Rede vom 07. September 2016 vor dem Deutschen Bundestag. Da fragt Frau Merkel, wie „wir den Menschen Halt und Orientierung“ geben können. Das klingt verdächtig nach Pastorentochter. Und wieder wird uns mulmig, nicht wahr? Wer ist eigentlich „wir“? Und sollten wir „wir“ sein, dann wäre doch die Frage: „ja, und wer sind dann die Menschen?“

Der Spruch: „Wie können wir den Menschen Halt und Orientierung geben?“ mag sich gut anhören – und er taucht im Internet häufig in Zusammenhang mit der Religion oder dem Zerfall der Religion auf. Und wenn wir ein bisschen tiefer graben, was erkennen wir dann? Ziehvater Helmut Kohl hielt eine durchaus vergleichbare Rede, und zwar 1997 – also vor fast 20 Jahren. Auf der „Neunten Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland.“

Es geht dabei um die immateriellen Werte, um unser Verständnis von Freiheit, um die Bedeutung von Tugenden, den Stellenwert der Familie. Es geht nicht zuletzt auch um die Kraft des Glaubens und damit immer auch um die Rolle der Kirchen. Deshalb gilt es, jene Institutionen zu stärken, die Werte vermitteln und den Menschen Halt und Orientierung geben können.


Wie schön, wenn „wir“ nun den Menschen „Halt und Orientierung“ geben sollen (die sie offenbar vermissen). Fragt sich leider immer noch, wer denn nun „Wir“ ist? Ich? Oder Sie?

(1) Text im Original (Zitat)

'When I use a word,' Humpty Dumpty said, in rather a scornful tone, 'it means just what I choose it to mean — neither more nor less.'
'The question is,' said Alice, 'whether you can make words mean so many different things.'
'The question is,' said Humpty Dumpty, 'which is to be master — that's all.'

Keine Minute der Zeit für die Partnersuche verschwenden?

Ort für Männer, die keine Zeit haben ...
Manchmal verwundern mich Sätze, die sich mit dem Phänomen der Zeit beschäftigen. Dies ist ein Beispiel, das mir dieser Tage in die Hand fiel:

Bei der Partnersuche wollen die 20 bis 35 Jährigen keine Minute ihrer eng bemessenen Zeit verschwenden.


Oh – sie haben keine Minute Zeit zu verschwenden, um die Objekte ihrer Begierde aufzupicken, mitzunehmen, zu beurteilen, zu heiraten und zu schwängern? (Oder geschwängert zu werden?)

Oder geht es etwa darum, sich jemanden aufzugabeln, mit dem man (oder frau) die Nacht durchgehend vögelt, weil am nächsten Tag ohnehin keine Zeit mehr da ist, einander näher kennenzulernen?

Und wie helfen wir nun den armen Menschen „zwischen 20 und 35“, die keine Zeit zu „verschwenden“ haben?

Am besten, wir sagen den Männern, wo der Puff ist. Dort müssen sie keine Zeit verschwenden. Bei Escortdiensten auch nicht. Und dort gibt es auch Mietrammler für die Damen.

Der wundersame Wandel der Blogs zum reinen PR-Medium

Blogging - für wen und warum?
Blogs sind einst aus drei Gründen entstanden: der erste war, ein Logbuch über das eigene Leben, die eigenen Gefühle und Gedanken zu entwickeln, die auch andere interessieren könnten. Der zweite bestand darin, dem auch damals schon als verlogen geltenden Mainstream-Journalismus etwas entgegenzusetzen. Der dritte schließlich bestand darin Blödsinn in die Welt zu bringen, etwa warum Mozart göttlich ist oder die Weltrevolution kurz bevorsteht.

Blogs verkommen zu PR-Medien

Heute sind die „angesagten“ Blogs PR-Mittel, um nahezu kritiklos Produkte zu vermarkten – mal gegen direkte Bezahlung, mal mit dem Sponsoring durch Produkte und Anzeigen. Sicher bisweilen auch aus Geltungsbedürfnis, aber davon kann man auf Dauer nicht leben. Und diese Blogs richten sich nahezu ausnahmslos an Frauen, und und dabei ganz überwiegen an mode- und lifestylebewusste Frauen, mit anderen Worten: an Frauen, die Kohle haben.

Ein Blog ohne Kommerz und ohne Mode?

Ich kann – wie alle anderen auch – nichts dagegen tun, dass der Kommerz die Blogwelt durchflutet. Das Schema ist: Eine Frau empfiehlt der anderen, was gut für sie ist – ohne sie zu kennen. Das Prinzip, ein Mix aus Wirtschaftsinteressen, Fiktion, Illusion und „Entre Nous“-Gefühlen ist kaum noch zu stoppen. Die neuen Blogs sind sozusagen die „Frauenzeitschriften 2.0“, nur noch aufdringlicher und noch geschickter verpackter Werbung.

Habe ich dem etwas entgegenzusetzen?

Nein, natürlich nicht. Ich hoffe dennoch auf Leser – und sogar Leserinnen.