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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Die Psycho-Trickser, die Inquisition und die Unterwerfung

Was passiert eigentlich, wenn sie einen Fragebogen zu Ihrer Persönlichkeit ausgefüllt haben? Eine Antwort wird Ihnen derjenige geben, der Sie dazu veranlasst hat (1):

Dieser Fragebogen ist ein objektiv auswertbares Verfahren zur umfassenden und differenzierten Erfassung ihrer Persönlichkeit.


Möglicherweise stimmt das, vielleicht aber auch nicht. Denn Sie wissen niemals, wie die Fragen zusammengestellt wurden, zu welchem Zweck sie wirklich dienen und wer daraus am Ende welche Erkenntnisse über sie sammelt. Das gilt jedenfalls online oder wenn Sie von irgendwelchen obskuren „Instituten“ auf der Straße angesprochen werden.

Ansonsten gellt, was eine hinterlistige Fragestellerin auf Seite 14 Ihres Buches (2) sagt:

Wenn Sie alle (20) Fragen gelesen und beantwortet haben, und nicht auf die Aufschlüsselung auf dieser Seite gesehen haben, bevor Ihnen die Erlaubnis gegeben wurde, dann haben sie ziemlich unterwürfige Tendenzen.


Heißt: Wenn Sie sich dem Diktate einer Befragung unterwerfen, und sich ernsthaft und präzis bemüht haben, die Fragen, die ihnen gestellt werden, aufrichtig zu beantworten, dann sind sie ein Kandidat dafür, ihrem Partner die Füße zu küssen. Und nicht nur bildlich, sondern vielleicht sogar im wirklichen Leben.

Haben Sie schon einmal einen dieser Psycho-Fragebogen ausgefüllt? Wenn er sehr bedrohlich oder umfassend aussieht, könnte es sich um ein „Persönlichkeitsinventar“ handeln. Das ist sozusagen die Inquisition ohne Folter, und sie unterwerfen sich dieser Prozedur freiwillig. Da der Test sowohl therapeutischen wie auch manipulativen Zwecken dienen kann, sollte man vorsichtig sein, ihn überhaupt durchführen zu lassen.

Ist der Test freundlich, mysteriös und zugleich zäh und lächerlich, dann könnte es sich um einen Test einer dieser „Online-Partervermittlungen“ handeln. Zwar ist der Test auch „freiwillig“, aber ohne ihn kommen sie nicht an die Objekte ihrer Begierde, sprich: den Wunschpartner. Sagen jedenfalls die Betreiber. Und in der Tat: Die lästige Befragung hält manchen Kunden fern, der gerne ohne Seelen-Striptease an einen passenden Menschen geraten würde.

Die meisten, die Tests anbieten, sagen Ihnen, sie sollten die Fragen möglichst spontan, aber sehr aufrichtig beantworten und dabei nicht auf halbem Weg stehen bleiben, nachdenken oder den Test gar verwerfen. Behauptet wird, dass Nachdenken das Ergebnis verfälschen könne – auf diese Weise werden sie aber auch manipuliert, den Test unbedingt abzuschließen, denn nur dann hat derjenige einen Gewinn davon, der ihn anbietet.

Und nun: Welchen Gewinn haben Sie?

Einmal den, dass sie sich durch den Brei hindurchgefressen haben, der sie zum Schlaraffenland führt. Ob Sie am Ende wirklich ein Schlaraffenland vorfinden, ist zumindest beim Online-Dating zweifelhaft. Denn sobald sie sich dort befinden, werden Sie feststellen, dass die Tauben und Tauber ihnen nicht gleich auf die Hand fliegen. Sie müssen sich jetzt echt anstrengen. Wenn Sie damit gerechnet hatten, gut. Wenn nicht – wie dumm für Sie.

Wie war das nun mit den „unterwürfigen Tendenzen“?

In jedem Fall unterwerfen Sie sich einem Spiel, dessen Regeln sie nicht kennen. Und sie können durchaus verwirrt sein, wenn Sie Ihr Testergebnis lesen. Sollte dies der Fall sein, werden Sie Teil einer neuen Unterwerfungsstrategie. Sie heißt: „Sie können sich über Ihr Selbstbild täuschen – der Test aber bringt Ihr wahres Ich hervor.“ Mit anderen Worten: „Sie wissen nicht, wer Sie sind, aber wir wissen es.“ Möglich, dass Sie sich auch dieser zweiten Stufe der Unterdrückung unterwerfen. Aber es ändert nichts: Sie müssen trotzdem Menschen finden, die Sie treffen wollen. Und sich anstrengen, um dabei zum Erfolg zu kommen.

In keinem Fall nochmals unterwerfen, wenn Sie einen Menschen treffen

Und dabei sollten Sie sich auf keinen Fall nochmals unterwerfen, sondern die Sache so betrachten, als hätten Sie niemals den blöden Tests gemacht, sich niemals dem Diktat der Fragen unterworfen oder der Meinungen der „Hauspsychologen“. Wenn Sie das beherzigen – gut. Falls nicht, werden Ihre potenziellen Partner erkennen, wie unterwürfig Sie sind. Und das ist gar nicht gut.

(1) Sinngemäß nach bekannten Behauptungen zitiert.
(2) "Sex Tipps from a Dominatrix", New York 1999.

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