Das Gerangel um Intelligenzbegriffe
Auch ein Teesieb möchte intelligent sein: Es vermag immerhin die Flüssigkeit von den Teeblättern zu unterscheiden.(Ulrich Schmitz, Computerlinguistik)
Bei verschiedenen Dating-Agenturen und „Online-Partnervermittlern“ werden sie bereits eingesetzt: neue Intelligenzbegriffe. Und all die „Neo-Gurus“, die uns versprechen, unsere Persönlichkeit genauer zu analysieren, sind inzwischen ganz wild darauf, uns sechs, sieben, acht oder gar zehn Formen der Intelligenz zu verkaufen. Es ist nicht auszuschließen, dass jeder Guru oder auch „Wissenschaftler“ uns demnächst „neue“ Formen der Intelligenz anbietet.
Der irrationale Faktor: jeder soll sich "intelligent" nennen können
Ursache ist ein irrationaler Faktor: Wer nicht über ausreichende logische Intelligenz verfügt, möchte auf einem anderen Gebiet glänzen. Dieser „Wettbewerb“ begann 1990 mit John D. Mayer - vielleicht sogar früher. Damals wurde die „emotionale Intelligenz“ als Begriff propagiert, obgleich sie keine Intelligenz, sondern eine Fähigkeit oder Veranlagung ist. Mit meinen Worten soll diese Fähigkeit keinesfalls abgewertet werden, sondern nur an den richtigen Platz befördert werden. Denn wenn „emotionale Intelligenz“ eine „Intelligenz“ wäre, dann könnten alle Fertigkeiten, Fähigkeiten und erfolgreiche Neigungen als „Intelligenz“ bezeichnet werden.
Willkürliche Intelligenzbegriffe zum Aussuchen
Die nächste „wissenschaftlich anerkannte“, wenngleich ebenso willkürlich gefundene „Intelligenz“ war die soziale Intelligenz“, die noch mehr als bloße Konstruktion aus verschiedenen Fähigkeiten und Verhaltensweisen gilt.
Seither sind alle Schleusen offen. Manche Sammlungen nennen die „eigentliche Intelligenz“, also die intellektuell beweisbare und nachvollziehbare Intelligenz nun eine „logisch-mathematische Intelligenz“, was viel zu kurz greift.
Hinzugefügt werden, je nach Autor(in):
1. Emotionale Intelligenz.
2. Soziale Intelligenz.
3. Sprachliche Intelligenz.
4. Räumliche Intelligenz.
5. Musikalische Intelligenz.
6. Intelligenz des Bewegungssinns.
7. Interpersonelle Intelligenz.
8. Zwischenmenschliche Intelligenz.
9. „Naturalistische“ Intelligenz. (Beobachtungsfähigkeit)
10. „existenzielle“ Intelligenz.
Einstufungen, um berufliche Erfolge abzusichern?
Die meisten dieser Einstufungen sollen auf den Erziehungswissenschaftler Howard Earl Gardner zurückgehen. Die „praktische“ Verwendung dieser Einstufung ist im Wesentlichen darauf ausgerichtet, mit bestimmten Veranlagungen den richtigen Beruf zu wählen.
Wenn ihr hier und heute das Wort „Intelligenz“ aussprecht, fragt euch bitte, ob es sich nicht viel mehr um eine Fähigkeit, Fertigkeit oder Veranlagung handelt.
Quelle: Gardner zur Einstufung.
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