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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Warum ich kaum Dialoge führe

Dieser Tage wurde ich aufgefordert, mich möglichst audiovisuell auf einen Dialog einzulassen.

Ihr werdet euch wundern, wenn ich euch sage, dass ich als „Urgestein“ des Bloggens und langjähriger IT-Mitarbeiter darauf nicht einmal technisch vorbereitet wäre.

„Und als ehemaliger Lehrer für menschliche Kommunikation?“, werdet ihr nun vielleicht fragen.

Nachdenken ist nicht sehr gefragt

Oh, ich kann es noch. Zuhören, Fragen stellen, die man gerne beantwortet oder aus aus dem Stegreif sinnvolle Sätze bilden.

Aber ich habe mir angewöhnt, über Antworten nachzudenken. und deshalb nehme ich mir sehr viel Zeit dafür, sie möglichst sinnvoll, vollständig und neutral zu beantworten.

Kommunikation besteht oft darin, sich zunächst einmal an die andere Person heranzutasten. Sie hat mehrere Aspekte - mindestens jedoch einen Sach- und einen Beziehungsaspekt. Die meisten Menschen „öffnen sich“ erst, nachdem sie sicher sein können, dass es der andere „ehrlich mit ihnen“ meint. Dann wägen sich nicht mehr ab, dann weichen sie nicht mehr aus, dann werden sie „intimer“ im besten Sinne.

Und ja, auch das beherrsche ich noch. Aber eine ganz andere Frage ist die, ob ich es will.

Nein, kaum noch. Denn für Antworten benötige ich stets etwas Zeit. Und das ist letztendlich der Grund, warum ich selten „online“ kommuniziere.

Besserwisser nun auch in der ZEIT?

An beiden Seiten der gegenwärtigen Lockdown-Diskussion glänzen die Besserwisser. Ich habe immer vermutet, dass die ZEIT dabei nicht mitziehen würde. Aber der Kommentar der Kolumnistin Claudia Wüstenhagen lässt mich daran zweifeln.

Sie schreibt:

Denn wenn auch fünf Wochen nach Beginn des Teil-Lockdowns die Zahlen der Neuinfektionen auf hohem Niveau stagnieren, dann muss man sich eingestehen: Es reicht nicht.

Was reicht nicht - und für was reicht es nicht?

Für die meisten Menschen würde ich nun wohl die Frage stellen: „Was reicht nicht?“ Ist es das Volk, das gar nicht daran denkt, Vernunft walten zu lassen? Oder sind es die Vorschriften, von denen nun angenommen wir, dass sie sinnvoller sind und tatsächlich auch eingehalten werden?

In Wahrheit ist es ein sinnfreies Jonglieren mit Zahlen, zum Beispiel in diesem Zitat der Physikerin Viola Priesemann:

Um die Pandemie unter Kontrolle zu bekommen, um Infektionen wieder nachverfolgen und Ansteckungen effektiver verhindern zu können, müssen die Zahlen viel weiter runter.

„Viel weiter runter?“ – was ist denn an dieser Aussage bemerkenswert? Und ja, es wäre gut, wenn „die Zahlen“ weiter runtergingen. Aber nützt es wirklich etwas, „härtere Vorschriften“ oder gar Strafen zu fordern? Werden sich wirklich mehr Menschen an die Vorschriften halten, wenn verboten wird, einander zu begegnen? Und wie soll das gehen, „die Zahlen“ herunterzubringen? Können wir alles auf Zahlen reduzieren, was in diesem Land geschieht?

Die Autorin würfelt ein paar Zitat zusammen und meint, etwas Wichtiges damit ausgesagt zu haben. Hat sie es wirklich? Am Schluss zitiert sie abermals eine Fachfrau, die uns sagt:

Wenn etwas erlaubt ist, können wir den Menschen nicht vorwerfen, dass sie es tun.

Wenn etwas erlaubt ist, tun es noch lange nicht alle Menschen. Es gibt solche (tatsächlich, man glaubt es kaum, nicht wahr?), die etwas nicht tun, obgleich es erlaubt ist. Und es gibt immer wieder Menschen, die etwas tun, obgleich es verboten ist.

Das Fazit des Artikels kann man einfach formulieren: Je mehr verboten wird, umso eher sinken „die Zahlen“. Das mag stimmen und vielleicht sogar logisch sein. Vielleicht aber auch nicht.

Verschiebungen in der Wahrnehmung

Treffe ich einen Menschen, den ich vor 10 oder 15 Jahren zuletzt sah, dann denke ich meist zuerst: „Oh, der ist aber alt geworden.“ Erstaunlicherweise denke ich nicht bei allen so. Manche kommen mir so vor, als wären sie noch im selben „Zustand“ wie damals.

In Wahrheit bin vor allem ich älter geworden. Aber weil ich mich (trotz mancher inzwischen fehlender Facetten blühender Gesundheit) im Grunde recht jung fühle, achte ich eher auf Personen um die 50 als auf solche gegen 70.

Nun hatte ich das gegenteilige Erlebnis: Wenn ich auf Personal treffe, das ja nicht als „persönlich bekannt“ einzustufen ist, denke ich: „Um Himmels Willen, die Menschen werden immer jünger! Das Hotelpersonal in meinem bevorzugten Hotel, die Bedienungen in meinem bevorzugten Café, die Serviererinnen in meinem absolut favorisierten Speiselokal.

Wieder zeigt sich: Ich irre mich. Die meisten derjenigen, die ich in den letzten 15 Jahren immer wieder traf, haben schon haarscharf das Rentenalter geschrammt oder sind schon darüber hinaus. Inzwischen sind es ihre Töchter und Söhne, die ich heute im Service treffe, und vielleicht gar ihre Enkelinnen und Enkel.

Noch ist mein Gehirn jung – wenn man einmal davon absieht, dass ich „soziale Netzwerke“ im Internet für „Tüdelkram“ halte.

Was sich wirklich verschiebt, ist die Wahrnehmung für die Zeit: Sie läuft in meinem Alter immer schneller, als ich sie früher einmal wahrnahm. Aus einem „hoffentlich ist bald …“ wird ein „bald ist schon wieder …“

Die Chefin der westlichen Welt – oder wohin gehen wir gerade?

Wenn man auch nur ein ganz klein wenig glaubt, was sich jetzt nach der Wahl von Mr. Trump abzeichnet, dann ist es dies: Die westliche Welt benötigt eine neue Führerschaft. Eine, die moralisch erträglich, europäisch integrativ und notfalls auch konsequent sein kann.

Der Amerikaner Eric T. Hansen glaubt, diese Person in Angela Merkel gefunden zu haben, und er hat gute Gründe dafür. Denn er sagt gleich zu Anfang seines ZEIT-Artikels,

Keiner in Europa – und nur eine Minderheit in Amerika – wird ihn (Trump) als moralisches Vorbild akzeptieren.


Sicher ist, dass der Papst von Rom diese Aufgabe nicht erfüllen kann, und ebenso wenig einer der schwachen Regierenden in den übrigen Ländern Europas. Bei aller Liebe zum Vereinigten Königreich – erstens ist es raus aus dem Klub „Europa“ und zweitens war das Ziel des Empires nie die Tugend, sondern das Wohlergehen des Kernlands England.

Die Chance, die abendländischen Werte zu verfassen und konsequent auf dieser Erde zu vertreten, und zwar auf der Basis des Humanismus, des Liberalismus und der integrationswilligen religiösen Strömungen hat nur noch Deutschland. Ich rede bewusst nicht von den „jüdisch-christlichen“ Werten, die dabei so oft untergemischt werden. Judentum und Christentum sind nur Religionen, und sie beinhalten beide kein glaubwürdiges Konzept für „das Abendland“. Die Person, die das wichtigste Wort in Europa spricht, muss nicht zwangsläufig Frau Merkel sein, wie Eric T. Hansen glaubt. Aber es muss eine starke Europäerin oder ein starker Europäer mit Rückgrat sein.

Europa ist dabei, seine letzten schönen Federn zu verlieren und damit wird auch die Macht wegbröckeln. Den Brexit mag man noch verkraften, doch die selbstherrlichen nationalistischen Eiferer stehen auch anderwärts in den Startlöchern. Und sie werden nicht ruhen, das Volk ihrer jeweiligen Länder gegen den Europäischen Gedanken aufzubringen, und damit auch gegen den Gedanken des Abendlandes und seiner Werte. Ganz abgesehen von den deutschen Nationalisten, die sich zwar immer wieder neue Namen geben, hinter denen aber der alte Nationalismus steht.

Wir sind – entgegen der Meinung all dieser Schreihälse von rechts und links und dem Altbestand der Kommunisten aus der Ex-DDR – keine Bananenrepublik der USA.

Aber der Handel mit den USA nützt uns allen, und ein großer Teil der Menschen in Deutschland (auch in Ostdeutschland) lebt davon. Also ist es Zeit, das Verhältnis zu den USA neu zu regeln – auch über Herrn Trump hinaus.

Keine Minute der Zeit für die Partnersuche verschwenden?

Ort für Männer, die keine Zeit haben ...
Manchmal verwundern mich Sätze, die sich mit dem Phänomen der Zeit beschäftigen. Dies ist ein Beispiel, das mir dieser Tage in die Hand fiel:

Bei der Partnersuche wollen die 20 bis 35 Jährigen keine Minute ihrer eng bemessenen Zeit verschwenden.


Oh – sie haben keine Minute Zeit zu verschwenden, um die Objekte ihrer Begierde aufzupicken, mitzunehmen, zu beurteilen, zu heiraten und zu schwängern? (Oder geschwängert zu werden?)

Oder geht es etwa darum, sich jemanden aufzugabeln, mit dem man (oder frau) die Nacht durchgehend vögelt, weil am nächsten Tag ohnehin keine Zeit mehr da ist, einander näher kennenzulernen?

Und wie helfen wir nun den armen Menschen „zwischen 20 und 35“, die keine Zeit zu „verschwenden“ haben?

Am besten, wir sagen den Männern, wo der Puff ist. Dort müssen sie keine Zeit verschwenden. Bei Escortdiensten auch nicht. Und dort gibt es auch Mietrammler für die Damen.