Nachdem es in den vergangenen Tagen heftig Polemik, Häme und sogar Unverschämtheiten einzelner CDU-Matadore gegeben hatte, tritt plötzlich eine Sendepause ein. Das ist zunächst einmal gut, weil es zum Nachdenken anregt – und die Diskussionen wieder auf das Wesentliche zurückführt: „Wie wollen wir in Zukunft in Deutschland leben“?
Also, liebe CDU: Wenn ihr die nächste Wahl gewinnen wollt, dann versucht doch mal, die Menschen vorzustellen, die Deutschland aus der Misere führen sollen. Und sagt bitte auch gleich mal, wie das passieren soll.
Nennt eure Motive, sagt, woher ihr die Mittel nehmen wollt und wem eure Politik letztlich zugutekommen soll. Und noch etwas wäre gut: die Einsicht, dass die CDU-geführten Regierungen „Merkel“ zu einem gewissen Grad ebenfalls zur Misere beigetragen haben. Es wäre an der Zeit, diesen Teil intern aufzuarbeiten. Das heißt auch, sich nach besserem Politiker(innen) in den eigenen Reihen umzusehen.
Die Frauen und Männer, die demnächst wählen werden, wollen zum allergrößten Teil eine Zukunft, in der sie gut und sicher leben können. Und aus dieser Sicht geht es in Wahrheit nicht einmal mehr um die Fehler von CDU, CSU, SPD, Grünen und Liberalen.
Im Grunde geht es nur noch um die Zukunft, die glaubwürdig skizziert werden muss.
In der rechtsorientierten Presse konnte ich heute lesen, dass die „etablierten Parteien“ uns mit der Wahlwerbung belügen.
Dem ist entschieden zu widersprechen. Zunächst einmal ist Werbung wirklich „Werbung“. Das heißt, dass Absichten, die von der Partei getragen werden, auf Wahlplakaten erscheinen, es sagt aber nichts aus über die Chancen einer Realisierung.
Eine Lüge ist es deswegen nicht, sondern eben nur eine Absichtserklärung, die später unter dem Vorbehalt der Möglichkeiten steht.
Zu bemerken wäre, dass sich die Rechtspresse offensichtlich nicht mit der Plakatierung der ihnen nahestehenden Parteien beschäftigt hat. Dort wimmelt es von Absichtserklärungen, die zum großen Teil Emotionen wachrufen sollen, die aber nichts oder bestenfalls ganz wenig mit einer Landtagswahl zu tun haben.
Etablierte Parteien zu wählen, ist also kein Lotteriespiel, sondern die Fortsetzung des Weges in eine Zukunft, die alte Ideologien wie den Nationalismus, aber auch den Sozialismus überwindet.
Am Sonntag sind Wahlen in Thüringen. Dauerhafte Garanten für die Wirtschaft, die Informationsfreiheit sowie den Fortbestand der Menschenrechte und der Demokratie sehe ich nur in der Wahl demokratischer Parteien alter Schule. Nach meinem Empfinden sind dies in Thüringen vor allem CDU und SPD.
Sorry, andere … aber es geht darum, den Standort Thüringen und seine Wirtschaftskraft zu erhalten und möglichst zu stärken. Das ist nur in Freiheit und Gleichheit bei einer Bündelung der demokratischen Kräfte möglich. Im Moment wäre es sicher gut, diejenigen zu wählen, die uns als Demokraten vertraut sind und für die wir uns auch eine Chance ausrechnen können.
Nochmals: In Thüringen geht es vor allem um Thüringen. Und nicht um Weltpolitik.
Es ist eine Zeit der starken Sprüche – und offenbar nicht die Zeit für konkrete politische Aussagen.
Und also sagte Herrn Linnemann (CDU) laut „Tagesspiegel“:
Wir bereiten uns jetzt auf die Regierungsübernahme vor, wenn die Bevölkerung das will“, sagte Linnemann. Die CDU arbeite bereits im Hintergrund an einem Prozesshandbuch für den Fall von Verhandlungen über eine Regierung.
Der Herr Linnemann sollte besser den Wählern sagen, was seine CDU eigentlich aus Deutschland machen will. Klare Ansagen, was sie ändern will – und Schluss mit den üblichen Anschuldigungen.
SPD, Grüne und FDP - die Luft ist raus
Natürlich wäre es schön, wenn auch die SPD mal Farbe bekennen würde, wie sie sich die Zukunft Deutschlands vorstellen würde. Bei der FDP habe ich die Hoffnung längst aufgegeben, dass sie jemals für die Menschen im Lande spricht. Und die Grünen sind nun mal leider beim Wähler „untendurch“. Teils durch eigenes Versagen, teils durch Ideologien, andernteils aber auch durch die Hasskampagne, die von „interessierten Kreisen“ insbesondere im Osten geschürt wird.
Fakten statt Forderungen sind erwünscht
Also, lieber Herr Linnemann: Nicht Neuwahlen fordern, sondern erst mal liefern. Der Wähler erwartet, dass die CDU schon ein realistisches Zukunftsprogramm für 2025 hat – und nicht, dass man noch mühsam daran bastelt. Oder den Finger solange in den Wind hält, bis sich eine andere Tendenz als heute abzeichnet.
Und – ja, wir wüssten wirklich gerne, wie die CDU die Mehrheiten zustande bringen will, um komfortabel zu regieren. Und zwar jetzt – denn eine Mehrheit der CDU im Bundestag ist vorläufig nicht zu erwarten.
Der Elefant in den Regierungsträumen der Christlich Demokratischen Union wird stets im Verborgenen gehalten. Und der Herr Spahn mochte auch nicht recht an ihn erinnert werden. Denn jener hatte bereits die „eigentliche Ursache“ für den Ausgang der Europa-Wahl gefunden: Die Ampel war schuld, dass die AfD so enorme Zuwächse verzeichnete. In seiner gewohnt überheblichen Haltung verwies er darauf, dass der Bundeskanzler eigentlich schon ausgespielt hätte und Neuwahlen wohl das Gebot der Stunde wären. (1)
Das interessierte einen Teil der Presse ganz besonders … da roch es doch eine Weile nach Neuwahlen, nicht wahr? Und als dann erst die Meldung aus Frankreich kam, dass Herr Macron Neuwahlen ausruft - … nun ja, da tanzten bei einigen Redakteurinnen und Redakteuren die Puppen bereits Charleston auf dem Redaktionstisch.
Der Westen ist Schuld ... na klar ...
Manche Kommentatoren und Kommentatorinnen mit Ostorientierung haben inzwischen festgestellt, was in Deutschland immer so gerne behauptet wird: “Wir sind nicht schuld.“ Und dann sind es eben nicht die unzufriedenen Wähler im Osten, die für den enormen Zuwachs der AfD die Verantwortung tragen, sondern die Ignoranten im Westen.
„In West-Blasen verharrende Parteispitzen verweigern sich noch immer der ostdeutschen Realität. Doch Weiter-so ist am Ende. Dies ist der lauteste Warnschuss.“
Auf dem Weg zum Wahllokal traf ich eine bodenständige Frau, die mir noch sagte: „Den meisten in Thüringen geht es doch gut“. Das stimmt zu einem großen Teil, aber ich habe es schon lange nicht mehr gehört. Die geistigen Einpeitscher rühren überall die Trommeln und reden den Menschen das Leben schlecht.
Da behauptet man besser, der Westen sei schuld. Das kommt bei den Leserinnen und Lesern im Osten immer wieder gut an.
Die Suche der Schuld bei den anderen
Die Reihe der Schuldigen lässt sich beliebig fortsetzen. Nur könnte es eben auch sein, dass man so lange „Schuldige“ sucht, bis sich niemand mehr verantwortlich fühlt.
Und übrigens: Der Elefant steht immer noch im Raum. Oder wie war das mit den möglichen Koalitionspartnern der CDU im Falle einer Neuwahl?