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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Schulen für das 21. Jahrhundert?

Der Name Rudolf Steiner wäre mir wohl nie bekannt geworden, wenn ich nicht jahrelang in Baden-Württemberg gelebt hätte. Das Land ist voller „alternativer“ Wahrheiten, Ideologien, Psycho-Sekten, sonstigem Sektierertum und anderen Erfahrungen, die mit der „Wissenschaft“ nichts zu tun haben.

Doch in gewissen Gegenden Württembergs kommt man weder an den Pietisten noch an den „Anthroposophen“ vorbei.

Die Anthroposophen betreiben unter anderem Schulen, die sie „Freie Waldorfschulen“ nennen. Sie entsandten aus der Idee, für die Kinder der Arbeiter(innen) der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik eine besondere Schule zu schaffen. Im Grunde eine ausgezeichnete Idee, zumal Steiner die Werte der Französischen Revolution einbrachte: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

Das Übersinnliche in der Schule - ziemlich überflüssig

Zugleich wurden allerdings auch allerlei sogenannte „übersinnliche“ Elemente in die anthroposophische Lehre eingebracht. Dabei ging es den Anhängern Steiners kaum anders als den Anhängern C.G. Jungs: Die Wissenschaft geriet immer mehr in den Hintergrund, die Esoterik deutlicher in den Vordergrund.

Im Laufe der Jahre lernte ich im Schwabenland und in Baden junge Menschen kennen, die Naturwissenschaftler wurden, obwohl sie durch Waldorfschulen gegangen waren. Ja, es waren sogar einige IT-Mitarbeiter dabei. Das wieder wertete ich als Beweis für die These, dass Menschen wegen, trotz oder unabhängig von der Ausbildung das wurden, was sie wirklich wollten. Und eben auch, dass der Einfluss der Schule sich schneller in Luft auflöste, als den Lehrern und Lehrerinnen lieb sein konnte.

Mehr Privatschulen - an sich keine schlechte Idee

In einer anderen Debatte wurde mir kürzlich bewusst, dass es in Deutschland viele Menschen gibt, die Privatschulen von vorn herein ablehnen. Da ist zu kurz gedacht: Das öffentliche Schulsystem ist in Deutschland nicht mehr in der Lage, die Bildung zu vermitteln, die im 21. Jahrhundert gebraucht wird. Insbesondere sensible junge Menschen und solche mit Begabungen, die dem Lehrplan der Schulen nicht entsprechen, werden hier vernachlässigt. Zudem wird offenbar nicht mehr „wirklich gelehrt“. Sucht man nach Gründen, wird ständig der „Schwarze Peter“ hin- und hergeschoben, aber nichts an den Grundlagen verändert. Heißt: Man sucht „Schuldige“, bemüht sich aber nicht um „Lösungen“.

Also werden wir in Zukunft immer mehr Privatschulen benötigen - solche mit musischen Anspruch, aber auch solche mit dem Schwerpunkt „Naturwissenschaften“. Dies wieder wirft viel Licht auf Ideologien und religiöse Inhalte, die von manchen dieser Schulen vertreten werden.

Deutschland hat Schulen - aber vermitteln sie auch Bildung?

Manchen wir uns klar: Deutschland hat wenig Rohstoffe und immer weniger Industriebetriebe, in denen „einfache Arbeiten“ angeboten werden. Solche ein Land braucht Menschen, die ihre höchstmöglichen geistigen Begabungen entwickeln können. Das könnten und müssten alle Schulen leisten, aber sie tun es nicht alle - was inzwischen offenkundig ist. Und nein, ich habe die Lösungen nicht. Gefragt sind diejenigen, die zuständig sind.

Was ich sagen kann: Weniger Ideologie und mehr Hinwendung zum 21. Jahrhundert und seinen Herausforderungen - das wäre mal ein Anfang.

Versagt die Schule an den Anforderungen der Zukunft?

Ich las gerade dies (Zitat):

Arbeitsmarktforscher haben mit Blick auf den bevorstehenden Einzug von Computern und Internet in Fabrikhallen einen flächendeckenden Informatikunterricht an deutschen Schulen gefordert.


Ich wundere mich, dass es dazu eines Anstoßes aus der Wirtschaft bedarf. Und ich amüsiere mich ein klein wenig über das Wort „bevorstehende“. Wenn es unsere demnächst eingeschulten Kids mal geschafft haben, die Schule zu verlassen, sind zwischen 10 und 13 Jahre vergangen. Und eigentlich ist das „Bevorstehende“ heute schon Realität. Und solange sollen wir weiter „muddeln“?

Unser Leben basiert auf Naturwissenschaften und deren Abstraktionen. Und das soziale Leben fußt weitgehend auf Ökonomie.

Und die Schule, besonders das Gymnasium? Hinkt allem hinterher … es ist nicht Informatik allein. Es ist das Denken in klaren logischen Zusammenhängen jenseits von Weltanschauungen. So begreifen wir auch Kultur, Ökonomie und Sozialwesen schneller. Und so können wir sogar die Psychologie begreifen und das herausfiltern, was logisch und sinnvoll daran ist. Sicher können wir versuchen, die Ideale der Bildung des 19. Jahrhunderts zu heiligen. Doch damit nützen wir kaum noch jemandem.

Das jedenfalls ist meine Meinung. Sie dürfen widersprechen.