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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Introvertierte Menschen als Boten der Asozialität?

Ein Zitat zuerst, damit ihr wisst, wovon ich schreibe (1):

Der Hype um die Introvertierten betreibt in Wahrheit die Verherrlichung einer gesellschaftskompatiblen Asozialität.

Ach wie hübsch das doch der ZEIT-Kolumnist Magnus Klaue geschrieben. Ein Hype? Ja, wo ist er denn? Habt ihr jemals von einem Hype über Introversion oder Extraversion gehört? Wahrscheinlich nicht. Und dann die monströse Sprache: Wer sich da anschlösse, so erfahren wir, betreibe „in Wahrheit die Verherrlichung einer gesellschaftskompatiblen Asozialität.“

Ich reibe mir die Augen. Der Mann ist Schriftsteller, kein Soziologe. Da darf ich wohl fragen: Was fange ich mit einem Begriff wie „gesellschaftskompatible Asozialität“ eigentlich an?

Ich lese dort nach, woher Herr Klaue seine Meinung bezieht, denn der ZEIT-Artikel ist eine Antwort auf einen Beitrag von Sylvia Lundschien, die ihn für das Goethe-Institut Prag schrieb. Sehr objektiv, wie ich meine - und sie zitiert in ihrem Artikel wieder die Psychologin Johanna Feilhauer. Und eben jene sagte (2):

Gerade bei solchen Krisen (Covid-19, red.) spielt es – unabhängig von intro- oder extrovertiert – eine Rolle, wie gut ich mich strukturieren kann, wie gut ich in schwierigen Zeiten durchkomme?

Ich - zur Hälfte asozial?

Wie ordne ich mich dabei ein? Ich habe starke Anteile von Introversion - wie nahezu alle Menschen, die erst denken, und dann das Maul aufreißen. Und ich habe Anteile von Extraversion - sonst würde ich mich nicht auf diese Rampe begeben und mal sanft und mal harsch schreiben, was ich meine.

Aber - ich denke gar nicht daran, mich in das Rollenschema einordnen zu lassen: Hier die Introvertierte, dort dir Extravertierten. Klar, dass Schema dazu hat ein Psychiater erfunden (3) - dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend, Theorien über Gegensätze zu definieren. Es wird Zeit, dies zu korrigieren.

Und, Hallo, Mr. Klaue - nein, Introvertierte schrammen nicht knapp an der „Asozialität“ vorbei. So, wie Extravertierte eben auch nicht knapp am Rand des Größenwahns entlangschlittern.

Zwei Anmerkungen zum Schluss:

1. Beinahe hätte ich vergessen, dass der Begriff „Asozialität“ in zwei Diktaturen geprägt wurde. Das Wort gilt als „abwertende Zuschreibung“.

2. Die ZEIT täte wahrhaftig gut daran, Artikel öffentlich im Internet zu verbreiten, wenn sie sich auf Beiträge anderer Autoren beziehen.

(1) DIE ZEIT - leider im Internet nicht vollständig lesbar.

(2) Goethe-Institut http://www.goethe.de/ins/cz/prj/jug/the/cor/de16769026.htm

(3) Carl Gustav Jung und all seien willfährigen Nachfolger.

Was ist eigentlich los mit diesem "Bremer" und seinen "50 Frauen"?

Angeblich hat ein „Bremer“ bei Tinder über 50 Frauen angeschrieben und musste sich dann bei „Jodel“ anhören, was für eine Pflaume er ist.

Was steht dahinter? Eine Mitteilung des „Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks. Sie steuert vor allem drei Sätze bei (Zitat):

• Bei Tinder schreibt ein Mann aus Bremen mit über 50 Frauen.
• Das Ergebnis der Partnersuche auf dem Dating-Portal verblüfft.
• Jetzt sucht der Tinder-Nutzer aus Bremen dringend Hilfe bei Jodel.


Mal der Reihe nach: Ob es den „Mann aus Bremen“ wirklich gibt, und ob er sich „mit 50 Frauen geschrieben hat“, ist unsicher. Die Redakteure „wissen“ es nur aus den Eigenaussagen, die dieser auf dem Ratgeberportal „Jodel“ veröffentlicht hat. Der Name Jodel erscheint im Artikel 15 Mal – also viel zu oft für einen Artikel mit ca. 770 Wörtern.

Auf „Tinder“ Bezug zu nehmen, erweist sich immer als publikumswirksam. Der Name der populären Dating-App erscheint insgesamt 21 Mal – diese Häufung eines Markennamens ist ebenfalls ist ausgesprochen merkwürdig.

Sich „mit 50 Frauen zu schreiben“ klingt viel – wir wissen aber nicht so genau, was er jeder der 50 Frauen schrieb. Jedenfalls hatte er keinen Dating-Erfolg damit. Das ist bei einem Großteil der männlichen Tinder-Nutzer nicht ungewöhnlich – und ist schon gar nicht „verblüffend“. Schließlich „sucht der Mann Hilfe“. Und was macht er? Jodelt seinen Misserfolg in die Welt hinaus – bei Jodel. Dabei handelt es sich sich um ein sogenanntes „Soziales Netzwerk“, das nur als App existiert.

Warum braucht er eigentlich „dringend“ Hilfe? Kann er nicht einfach hinnehmen, dass Tinder sich für ihn nicht eignet? Und warum sucht er Hilfe bei „Jodel“? Kann er nicht einen Kumpel fragen, wie er vorgehen soll? Hat er kein Umfeld, in dem man so allgemeine Fragen stellen kann?

Kann er offenbar nicht. Er wird, wie auf Foren oder Netzwerken ja nun mal nicht unüblich, beleidigt und diffamiert. Damit hätte er rechnen müssen.

Ich denke mir da so meinen Teil.

Übrigens muss ich gestehen, dass ich „Jodel“ zuvor nicht kannte. Und ich will es auch nicht kennenlernen.

Kommunikation, Realität und Liebe

Was bedeuten Illusionen in der Liebe?
Themen, von denen ich wirklich etwas verstehe, behandle ich am liebsten. Für einen Schreiner oder Physiker mag dieser Satz selbstverständlich klingen, aber für Journalisten und Blogger ist er es nicht. Journalisten schreiben über viel Dinge, von denen sie gar nichts wissen – das gehört zu ihrem Beruf.

Von Kommunikation und Realität verstehe ich mehr als viele andere Menschen. Wer mal in der Schule gehört hat, dass es zwei Arten von Kommunikation (verbal und nonverbal) geben soll, weiß ungefähr so viel wie jemand, der gelernt hat, dass es auf der Erde Wasser und Festland gibt. Das liegt in erheblichem Maße daran, dass es nicht zum Bildungsauftrag der Schulen gehört, die Strukturen der Kommunikation zu ergründen. „Kommunikative Kompetenzen“ zu erwerben ist etwas anderes, möglicherweise gar Wichtigeres, weil es interessanter für den Umgang miteinander ist.

Kommunikation, Betrachtungsweisen und Realitäten sind Themen, die dem Lehrenden wie dem Lernenden viel Abstraktionsvermögen abverlangen, obgleich der Hintergrund sehr konkret ist.

Dieser Tage habe ich mich sowohl an das Thema „Liebe und Kommunikation“ wie auch an das ungleich schwierigere Thema „Liebe und Illusion“ herangemacht. Ich habe versucht. Mich kurzzufassen und mich verständlich auszudrücken.

Falls du dich dafür interessierst, warum du selbst bei der Liebe in Illusionen verfällst, kann es sehr sinnvoll sein, diesen Artikel zu lesen.

Und es soll gesagt werden ...

Ich weiß nicht, ob meine Meinung für irgendeinen Menschen von Bedeutung ist. Doch ich hoffe täglich, dass mir jemand zustimmt, widerspricht oder möglicherweise sein Leben neu ausrichtet, weil er etwas von mir gelesen hat.

Kürzlich las sich anderwärts

Hier ist meine Meinung: Nimm sie hin, wie sie ist oder lies woanders.


Mittlerweile glaube ich nicht mehr, dass meine Stimme „über den höchsten Wipfeln schallt“ oder in die bedürftigsten Hirne eindringt. Und doch denke ich: Da gibt es viel zu viel Meinungen (und leider auch Tatsachen), die selten geäußert werden. Die meisten, die nicht mit den Wölfen heulen wollen, schweigen lieber. Und die meisten jener, die „alternative Wahrheiten“ herausbrüllen, verbreiten nichts als Fake News, Hass und Zwietracht.

Zwei Sätze aus meiner eigentlichen Heimat, beide ursprünglich in Niederdeutsch, prägen mein Verhältnis zur Öffentlichkeit bis heute:

- Schrei nicht mit den Massen.
- Tu, was du willst, die Leute reden sowieso über dich.


Für viele wird das, was ich sage und schreibe, absurd sein. Sie sollten sich Gedanken darüber machen, wie absurd das ist, was sie selber denken und fühlen, und wenn sie mir eine glaubwürdige Erklärung dafür geben können, warum ihre Meinung stichhaltiger ist.

Scheele Blicke, die auf mich gerichtet sind, verletzte Gefühle bei anderen – das muss ich in kauf nehmen. Ich hoffe nur, dass es einige dennoch erfreut, was ich schreibe.

Wie viele Wörter schreibt ein Schriftsteller am Tag?

Ich sage es euch deutlich
Die Frage, wie viele Wörter ein Schriftsteller am Tag schreiben kann, bewegt nicht nur die Autoren selbst, sondern auch Schreibtrainer, die behaupten, wahre Rennmäuse aus dir machen zu können. Zwischen 2.000 und 10.000 Wörter pro Tag werden versprochen. Ganz extreme Web-Autoren behaupten sogar, 2.000 Wörter pro Stunde schreiben zu können und sie vermarkten dazu sogar bisweilen „Trainingsprogramme“.

Kommen wir mal herunter von Märchen und Sagen und beschäftigen wir uns mit der Realität: Schreiben ist niemals nur Schreiben, sondern immer noch etwas anderes: Nachdenken, beobachten, recherchieren, verifizieren, redigieren, ändern und fortwerfen.

Fakten, die glamourös erscheinen - und was dahinter steht

Die Fakten haben zunächst auch den „Glamour“ des Exotischen, allen voran Michael Crichton und Ronald Frederick Delderfield die beide behaupteten, 10.000 Wörter am Tag zu verfassen. Crichton offenbarte allerdings einen Teil des Erfolgs, indem er sagte:

Bücher werden nicht geschrieben sie werden umgeschrieben – deine eigenen auch. Das ist eine der härtesten Fakten, die du akzeptieren musst.


Wenn du über 3.000 Wörter am Tag schreibst und keines davon später löscht, kannst du schon als Vielschreiber gelten – das sind immerhin fast 700.000 Wörter im Jahr bei 230 Arbeitstagen. Da kommst du schon recht nahe an Erle Stanley Gardner, dem Autor der „Parry Mason“-Romane (er schrieb 82 derartige Romane).

Wie viele Wörter schreibt der "normale" Autor?

Doch, was ist mit „ganz normalen“ Autoren? Man kann sagen: Je trivialer, umso größer ist die Produktion. Wir haben schon gehört, dass die Autorinnen und Autoren von Groschenromanen gegen 3.000 Wörter pro Tag schreiben, während die nachdenklicheren zwischen 500 und 2.000 Wörter zu Papier oder zu Festplatte bringen (aber nicht notwendigerweise auch beibehalten). Das macht im Jahr bei 230 Arbeitstagen (viele Schriftsteller arbeiten allerdings täglich) zwischen rund 115.000 und 460.000 Wörter, von denen je nach Schreibweise des Autors am Ende zwischen einem Drittel und zwei Drittel übrig bleiben.

Was kann der Autor nun in einem Jahr erschaffen? Wir haben schon gehört, dass Autoren ungefähr zwischen zwei und acht Seiten pro Tag schreiben können. Das heißt: Ein Roman mit 320 Seiten könnte in relativ kurzer Zeit das Licht der Welt erblicken – ja, man könnte doch tatsächlich mehrerer Romane in einem einzigen Jahr schreiben.

Warum du viel weniger veröffentlichst als du an Wörtern schreibst

Soweit die Theorie. Wir haben vergessen: Es geht beim Schreiben um geistige Arbeit, und indem wir uns dies vor Augen halten, wird die Sache wirklich kompliziert. Wer sinnvoll, geschliffen oder literarisch hochwertig schreiben will, muss bereit sein, das Geschriebene wieder und wieder zu überarbeiten – vor allem aber zu kürzen. Das Tagespensum kann auch kaum jeden Tag erfüllt werden: Auch der Autor hat einen Alltag und muss sich gelegentlich um seine Gesundheit, Ernährung oder seinen Finanzen kümmern – abgesehen davon, dass die Muse nicht jeden Tag vorbeischaut, um ihre Küsse abzuliefern.

Dabei kommt dann beispielsweise heraus, dass Tom Wolfe (A Man in Full, deutsch: „Ein ganzer Kerl“) elf Jahre brauchte, um diesen Roman zu schreiben.

Faustregel: Der Profi kann einen Roman pro Jahr schaffen

Maximal, so wird immer wieder behauptet, können man einen Roman pro Jahr schreiben, wenn man ihn von Grund auf selbst entwerfe, recherchiere, schreibe, kürze und umschreibe.

Wie viele Wörter kann ein Hobby-Schriftsteller pro Tag schreiben?

Der Liebhaber der Schriftstellerei, also der Amateur, sollte mit maximal 200 Wörtern pro Tag kalkulieren. Das sind ungefähr 46.000 Wörter in 230 Arbeitstagen – was immerhin für eine Novelle reichen könnte. Besser wäre freilich, mit Kurzgeschichten zu beginnen.

Einige Fakten entnahm ich diesen beiden Beiträgen: Thriller Guy - How many words... und Word counts of 39 authors. Dieser Beitrag enthielt vor der Übernahme in das Blog 520 Wörter im überarbeiteten Text, der ohne Recherche begonnen werden konnte, weil es sich im Wesentlichen um eine Umschreibung eines anderen Artikels von mir handelt. Am 4. November 2018 wurde ein Zahlendreher korrigiert. Sorry.