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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Das Mittelalter und warum #MeToo einfach nicht dahinpasst.

Auch dies waren Frauen im Mittelalter: Bademägde, ein Paar im Zuber bedienend
Ich musste mir heute die Augen reiben. Da war die Rede von Alexander Graf von Schönburg-Glauchau in einem Gespräch mit der „Westfälischen Rundschau“. Der weiß, warum wir „warum wir eine neue sexuelle Revolution brauchen“ und er schrieb auch ein Buch darüber. Darüber? Nun, es heißt „Die Kunst des lässigen Anstands“ und handelt nicht nur davon, ob der Mann im Büro eine Krawatte tragen muss oder nicht.

Und das hat wahrscheinlich auch etwas damit zu tun, dass man ja bei der Suche nach dem Guten und Edlen unwillkürlich bei den „Rittern, den Gründungsvätern der europäischen Zivilisation“ lande. So jedenfalls will es Herr von Schönburg.

Kultur und Zivilisation - alles Ritter oder was?

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Na ja, geht vielleicht so gerade noch. Die Kultur hat ja schon viele Väter, von den Arabern über die Griechen bis zu den Römern – von Moses und Christus mal ganz zu schweigen. Und nun kommt die Zivilisation, die noch etwas weiter zurückreicht. Nö, es waren nicht die eher namenlose Frauen und Männer der Jungsteinzeit, die sie schufen, sondern – die Ritter.

Wer genau nachliest, wird schnell fündig: Die Ritter waren ein niedriger Adelsstand, der sich wegen fehlender Einkünfte nicht lange halten konnte. Ein Aufguss der angeblichen oder tatsächlichen Geisteshaltung war der „Tugendadel“, und da kommen wir der Sache schon viel näher. Man schuf Tugenden, und sie konnte jeder erwerben, der guten Willens war – nicht nur der Adel. Ob das etwas mit Zivilisation zu tun hat? Ansichtssachen, denke ich.

Die einflussreichen Frauen - wie heute bei #MeToo?

Ja und nun? Wie war das mit den Frauen? Dazu sagt der Buch-Autor (1):

Im Hochmittelalter gewannen die Frauen immer mehr an Einfluss und veränderten die Regeln. Das war eine Zäsur, genauso wie die #MeToo-Bewegung heute eine Zäsur unseres Zusammenlebens markiert.


Interessanter Vergleich. Und ein bisschen an der Grenze von Fake News. Denn anderwärts können wir durchaus lesen, dass dieser Zustand nicht wirklich akzeptiert wurde (2):

Frauen wurden im Laufe der Zeit immer selbstständiger, was den Männern zur damaligen Zeit überhaupt nicht gefiel. ….Mit der wachsenden Selbstständigkeit wurde der Hass auf die weibliche Bevölkerung immer größer. Man argumentierte mit in erster Linie mit christlichen Themen. Dies nutzte man zur Generalausrede, um Gewalt gegen das weibliche Geschlecht auszuüben.


Oh, sollte der Herr Graf die falschen Bücher gelesen haben? Eine mögliche Erklärung finden wir mal wieder auf einer Pädagogenseite. Dort wird glaubwürdig beschrieben, worin die tatsächlich oder vorgebliche Macht der Frauen im Mittelalter bestand, und wie sie zustande kam.

Demnach konnten sie nur ein sehr begrenztes selbstständiges Frauenleben führen, und es hatte nicht mit den edlen Rittern zu tun, sondern mit der Erwerbstätigkeit (3):

Im Früh- und frühen Hochmittelalter konnten unverheiratete Frauen sich durchaus als Händlerin oder Handwerkerin den Lebensunterhalt selbst verdienen und Mitglied in den Gilden und Zünften werden. Davon wurden sie jedoch ab dem 16. Jahrhundert nach und nach ausgeschlossen.


Wobei wir mal wieder bei der schwierigen Suche nach der Wahrheit wären, die mit dem Vergleich von #MeToo und dem Hochmittelalter offenbar nicht so ganz präzis gelungen ist. Doch es gibt Hoffnung: Der Mensch ist lernfähig, denn der Buchautor sagte im Interview auch (1):

Zur Klugheit gehört auch, sich belehren zu lassen und nicht immer alles besser wissen zu wollen.


Guter Vorsatz, nicht wahr?

(1) Interview "Westfälische Rundschau".
(2) Leben der Frauen im Mittelalter.
(3) Planet Schule

Valentinstag und ein bisschen Sprachmanipulation

Ob Weihnachten oder bei den Heiligen – der katholische Zungenschlag im deutschen Wikipedia ist zwar minimal, aber deutlich spürbar.

So heißt es im deutschen Wikipedia-Lexikon:

Valentin von Terni ist ein Heiliger und Märtyrer der römisch-katholischen Kirche. Im 3. Jahrhundert nach Christus war er Bischof von Interamna, dem heutigen Terni. Valentin von Terni wird heutzutage als Patron der Liebenden verehrt, so dass auf ihn das Brauchtum des Valentinstags zurückgeht.“


Das würde bedeuten, dass dieses Brauchtum unmittelbar auf den Heiligen Valentin von Terni zurückgeht, und zwar offenbar erst seit Kurzem, nämlich „heutzutage“. Zudem wird behauptet, er sein ein „Patron“, also ein Schutzheiliger der Leibenden.

Und wie heißt es im englischen Wikipedia-Lexikon?

Sankt Valentin von Terni … ist ein weithin beachteter römischer Heiliger, an den am 14. Februar erinnert wird, und (sein Name ist) seit dem Hochmittelalter mit der Tradition der höfischen Minne verbunden.


Dieser Text ist neutraler – und am Ende der zutreffendere Text. Denn in er Tat ist es der englische Dichter Geoffrey Chaucer, der dem „Heiligen Valentin“ die Funktion eines Liebes- und Frühlingsbringers zuwies. Und er lebte von 1342 – 1400.

Der Text, aus dem dies hervorgeht, heißt sinngemäß so:

Willkommen Sommer, lass dich loben,
Die Winterstürme wirst du wehren,
Die dunklen Nächte bald vertreiben.
St. Valentin, du thronst dort oben,
Die Vögel singen zu deinen Ehren,
Willkommen Sommer, lass dich loben,
Die Winterstürme wirst du bekehren.


Das ganze Gedicht mit den Elementen der höfischen Liebe (Minne) kann man bei Librarius nachlesen.

http://www.librarius.com/parliamentfs.htm

Der Psalm und der Tukan

Niemand weiß, was der Tukan im Stundenbuch tut
Eigentlich rätseln alle: was tut der Tukan hier? Warum stört er das Paar? Und was tut das Paar überhaupt hier?

Der Text aus Psalm 87:

Ich will predigen lassen Rahab und Babel, daß sie mich kennen sollen. Siehe, die Philister und Tyrer samt den Mohren werden daselbst geboren.


Weiß es jemand? Ich nicht.

Bildquelle: Aus dem Stundebuch der Stundenbuch der Jeanne d’Evreux The Morgan Library.

Und im Bett sollst du ein Affe sein

Sensibel, lustig oder affenstark?

Wie der Geliebte sein soll:

Du sollst sein
Ob dem Tisch ein Adler
Auf dem Feld ein Bär (1)
Auf der Gassen ein Pfau
In der Kirchen ein Lamm
In dem Bett ein Aff.


Aus dem Liederbuch der Clara Hätzlerin, zitiert von Eduard Fuchs.

Oder im Original:

No‹ta›: du solt sein
Ob dem tisch ain Adler,
Vf dem veld ain leo,
Vf der gassen ain pfaw,
In der kirchen ain lamb,
In dem pett ain Aff!


(Aus dem Original Liederbuch)

(1) Eigentlich wohl ein Löwe.