Skip to content
Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Zeitgeschehen vom Rand aus betrachtet

Urlaub, so lerne ich gerade, ist die Erlaubnis, sich zeitweilig vom Arbeitsplatz zu entfernen.

Das habe ich mir nunmehr erlaubt. Und sehe die Dinge gelassener, aber nicht unkritischer.

Fußball? Ach, du liebes bisschen – das ist etwas, bei dem alle mitreden wollen. Und die meisten bilden dann Sätze mit „wenn … dann“. Ich bekenne offen: Keine Ahnung – am Ende wird irgendjemand gewinnen und sich „Weltmeister“ nennen. Na und?

Ach, dann war da noch der NSU-Prozess – Kommentarfutter für Spitznasen, die Recht mit Gerechtigkeit verwechseln. Hoffentlich werden wenigstens die Opfer angemessen entschädigt, wenngleich mir allein das Wort „Entschädigung“ gar nicht leicht über die Lippen kommt.

Die Eiseskälte, mit der manche Amateur-Kommentatoren jetzt über das nach ihrer Meinung richtige oder unrichtige Urteil reden, ist eine Schande. Menschen sind zu Tode gekommen – aus blindem Hass. Das ist der zentrale Punkt. Sie werden nicht wieder lebendig – aber man kann sie wenigstens Ehren.

Das Versagen

Ja klar, da gibt es diese Typen (auch Typinnen), die immer siegen. Hochnäsig und rotznasig erklären sie jedem, der es (meist nicht) wissen will, warum Sie so hoch hinauskamen. Doch kein ausgesprochen erfolgreicher Mensch, den ich kenne, redet so. Das Glück wirkt nicht ausschließlich dem Tüchtigen, und das Unglück trifft nicht immer die Unfähigen. Der Kaufmann alter Schule weiß, dass er täglich gewinnen und verlieren kann – und jeder andere sollte es auch wissen.

Das Versagen gehört zum Leben wie der Erfolg. Der Kampf um die schönste und sinnlichste Frau ist zumeist aussichtslos, und der bestbezahlte Job in der Firma winkt nicht dem, der sich am intensivsten darum bemüht.

Wer versagt, ist kein Versager. Die Geschichte der „Sieben Faulen“ lehrt, dass Menschen durchaus versagen dürfen, wenn sie dies nicht „demotiviert“, wie man heute sagt. Und viele andere neuere Geschichten von „Stehaufmännchen“ (und „Stehauffrauchen“) lehren uns, dass wir uns durchaus einmal irren dürfen, versagen dürfen und aussetzen dürfen.

Heute wird viel über Rasensport geredet werden, und wie werden viele Geschichten darüber hören, wer, wie und wann versagt hat.

Das ganze Reden wird nichts nützen. Und obgleich „die Nation“ nun den Kopf hängen lässt: vielleicht könnte sich Deutschland auch mal über etwas Sinnreicheres definieren als über Fußball.