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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

In die Zukunft mit Freud und Jung?

Die Töchter der Bürger - ausgehfertig gegen 1912
Manchmal kommen in Foren Themen auf, die ich nicht einmal im Entferntesten für relevant halte. Zum Beispiel der Konflikt zwischen dem Herrn Freud, Sigmund, und dem Herrn Jung, Carl Gustav.

Meist glaubt jemand, einer von beiden habe etwas gesagt, was unglaublich wichtig wäre – und der jeweils andere habe es widerlegt.

Wenn wenigstens die Zuweisungen und Zitate stimmen würden – es ginge noch. Oftmals aber werden reine Annahmen zu religionsähnlichen Gebilden erhoben. Da Entstehen plötzlich Eisberge in unserer Persönlichkeit, die später hinzugefügt wurden – soweit zu Annahmen über Freud. Und die Persönlichkeit selber kann durch Test sicher kartografiert werden, so die entsprechenden Annahmen zu Jung.

Magier in einer völlig anderen Welt?

Könnten wir vielleicht damit beginnen, einmal einen Blick in die Zeit von Freud oder Jung oder jedem anderen frühen Psycho-Magier zu schauen? Kann man einer jungen Studentin oder einem jungen Studenten überhaupt noch klar machen, wie die bürgerliche Gesellschaft jener Zeit funktionierte? Wird darauf überhaupt noch Bezug genommen? Welche Annahmen beider (und vieler anderer) entstammen der Zeit, sind gar typisch für sie?

Waren nicht alle, Therapeuten wie auch Klienten, in ein Leben eingebunden, das für uns heute gar nicht mehr vorstellbar ist?

Versaute Wahrheiten - "Dating" als Tierschau und andere Ungereimtheiten

Irgendwie versauen viele Zeitungen und Zeitschriften, soziale Netzwerke und auch das Fernsehen alle Themen, indem sie diese auf eine „volkstümliche Unterhaltungsebene“ herunterbrechen.

Als Beispiel nehme ich gerne das Thema „Partnersuche“. Als es gegen die letzte Jahrhundertwende nur noch „Dating“ hieß. Importierte man so gut wie alle Ausprägungen und Inhalte aus den USA, und dazu gehörten auch all diese Dating-Tipps, die besser nur auf Toilettenpapier gedruckt worden wären – dann hätte sie vermutliche nicht jeder Schwachkopf (m/f/d) vom Vorgänger abgeschrieben. Bis heute funktioniert dieses Geschäft ganz vorzüglich, nur dass es jetzt um Dating-Trends geht, die von publicitygeilen Bloggern (m/f/d) in die Netzwerke und von dort in die Presse wandern.

All dies hat jenen geschadet, die nichts als einen Partner oder eine Partnerin wollten. Denn plötzlich gab es „Dating-Regeln“. Die Äußerlichen stammten ebenfalls aus den USA, die Innerlichen wurden alsbald von „Psychologen“ nachgereicht. Sie enthielten wenige Fakten, aber ein unendliches Potenzial an Geschwafel. Man tat so, als ob man etwas wisse. In Wahrheit wurden ein paar reichlich angejahrte Tests auf dem Gebiet der Personalrekrutierung (HR, Human Ressources) auf Paarbeziehungen angewandt. Damit wäre man kläglich gescheitert, wenn es nicht einen Trick gegeben hätte, den auch Nicht-Psychologen recht gut kennen. Sie empfehlen Menschen, es einmal mit ganz bestimmten, „handverlesenen“ Personen zu versuchen. Soweit das Online-Dating, das nach wie vor am erfolgreichsten ist. Dazu kamen noch ein paar Theorien, die deutlich haarsträubender waren – ich will euch nicht damit langweilen.

Vorgeführt werden wie die Zirkustiere?

Mittlerweile hatte auch das Fernsehen die Faszination des „kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht“ entdeckt. Immer schrägere Formate wechselten sich mit den eher betulichen „Dates“ der braven Bürger ab, die im Fernsehen „vorgeführt“ werden wie die Zirkustiere. Und es ist noch nicht vorbei. Immer wieder wird etwas neu aufgelegt, mal auf der Sexschiene, mal auf der Resterampe, mal auf spießbürgerlichen Grundlagen.

Ich frage heute mal: Wollen wir das wirklich? Sollen wir uns von diesen falschen Informationen, diesen dummen Sprüchen und gestelzten Dialogen, diesen Selbstdarsteller(innen) mit großer Schnauze oder „peinlichen Schweigern“, wirklich beeinflussen lassen?

Was dort genährt wird, ist die Vorstellung, es gäbe den perfekten Partner, man habe ihn nur noch gefunden. Oder die perfekte Partnerin.

Nein, das sollten wir nicht. Partnersuche ist in Wahrheit etwas völlig anderes – und etwas sehr Intimes, das durch jede neue „Datingshow“ abgewertet wird. Und die Regeln? Die machen wir uns selbst, denn eines steht fest: Nur nach unseren Regeln werden wir glücklich und erfolgreich sein. Und was uns dabei zur Verfügung steht, sind die Menschen, die es gibt. Und noch etwas: Ja, ich kann wirklich verstehen, wenn einige davon abgelehnt werden. Aber ich kann nicht verstehen, wie man sich für so großartig halten kann, es nicht wenigstens mit dem /der einen oder anderen zu versuchen.