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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Deutsche – Volk der Plappermäulchen ohne Kultur?

Haben Deutsche eine Kultur? Natürlich haben sie eine. Aber was sie nicht besitzen, und auch gar nicht erst erwerben wollen, ist eine Diskussionskultur.

Typisch: Links liest Links, liberal liest Liberal, und Rechts liest Rechts oder Boulevard – was manchmal auf eins herauskommt, und manchmal nicht.

Gut – und dann kommen die Leser, die gerne kommentieren. Nehmen Sie mir diesen Ausdruck übel oder nicht: Es ist oftmals ein elendes, selbstherrliches Schreibervolk, was dort diskutiert – teils mit hochwertigem Studienabschluss, was leider nicht vor Verrohung schützt.

Typisch mit Vorurteilen behaftet wird’s, wenn es um den Islam geht, um echte oder sogenannte Flüchtlinge, kurz: Um das, was der Deutsche liebt, weil’s ihm fremd ist oder hasst, weil’s ihm fremd ist. Und dann wird in Sekunden klar: anderer Meinung? Scheißkerl. Oder Scheißkerlin, falls es so etwas gibt. Wer private Rettungsdienste für unfreiwillige Handlanger von Schleppern hält, wie jüngst geschehen, der darf dieser Meinung sein, sie vertreten und dafür nicht verdammt werden. Der Leser hat das Recht, dagegen zu argumentieren, aber nicht das Recht, die Autoren wegen ihrer Meinung zu beschimpfen. Wer jeden illegal Einreisenden für einen „Flüchtling“ hält, darf das natürlich tun – doch er sollte auch beweisen können, dass dies zutrifft. Und wer – andererseits – Flüchtlinge für „Asyltouristen“ hält, der darf das sagen, muss sich aber ebenso den Argumenten stellen, die dagegen sprechen.

Die Diskussionskultur lebt davon, dass man einander respektiert. Und mit Verlaub – die meisten Menschen, die so heftig debattieren, sind vom Thema gar nicht betroffen. Sie meinen etwas, um etwas zu meinen. Und das ist nicht genug.

Mehr: STERN.
Ursprung: DIE ZEIT.