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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Alternativen

Ein Mensch stellt eine Frage über eine bestimmte Lebensform. Das ist sein gutes Recht. Und es ist ebenfalls sein Recht, sich um diese Lebensform zu bemühen und sie selbst zu verwirklichen.

Die Frage, um die es ging, war:

Ist Polyamorie eine Alternative zu klassischen Zweierbeziehungen?


Die Antworten schwanken zwischen „ja“ und Nein“ - und auch das ist ganz normal, schließlich hat jeder das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Nur eines verwundert: Ein Großteil der Disputanten weiß offenbar nicht, was eine Alternative ist. Denn eine Alternative schließt alle anderen Möglichkeiten aus. Heißt: Wenn wir etwas als Alternative zu etwas anderem ansehen, dann sagen wir zugleich, dass wir die anderen Wege abwählen. Und es bedeutet in diesem Fall auch: Man verlässt das ökonomische System, in dem wir leben, das System bürgerlichen Rechts, das für eheschließende Personen Rechte und Pflichten vorsieht - und das soziale Sicherungssystem, so weit es Ehe und Familie betrifft.

Alternativen ohne Sinn

Das gilt auch für andere vorgebliche „Alternativen“. Wer auf sich gestellt ist und mit seinem Handeln niemandem schadet, kann Alternativen für sein Leben nach reinem Gusto auswählen.

Und politisch? Die Alternativen liegen bestenfalls im Handeln. Eine „Alternative für Deutschland“ gibt es nicht - sie könnte bestenfalls Alaska oder Südafrika sein. Wenn es eine „politische Alternative für Deutschland“ gäbe, so würde das heißen, von der Linie der gewachsenen und geschriebenen freiheitlichen und demokratischen Richtlinien abzuweichen. Freilich gibt es in der Wahl „Alternativen“, denn man kann (meist) nur eine Partei wählen.

Zumeist meinen die Menschen, die sich nicht recht auskennen, mit „Alternative“, eine „weitere Möglichkeit“, um ein Problem zu lösen oder um nach neuen Wegen dafür zu suchen.

Und da gilt wieder: Dazu hat jeder ein Recht. Es herrscht freie Meinungsäußerung.

Alternativlos - wie das Volk verdummt wird

Es mag sein, dass die Wissensbasis deutscher Hauptschüler, Realschüler und Gymnasiasten nicht ausreicht, um eine „Alternative“ zu definieren. Schließlich wird mit dem Wort herumgeschleudert, dass sich die Balken biegen. Also sagen wir mal, wie es ist: Eine Alternative ist ein Weg, der den anderen ausschließt. Oder so: Ihr könnt eure Ausbildung nicht zugleich bei Meyer und Müller beginnen, sondern nur bei Meyer oder Müller. Und ihr könnt nicht Mandy und Tina zugleich heiraten, sondern entweder Mandy oder Tina. Trotzdem war eure Wahl nicht alternativlos, denn ihr hättet ja Tina, Mandy oder gar Chantal heiraten können.

So viel zu euch. Und nun mal zu Politiker und Lobbyisten: Das wirklich Schlimme an ihnen ist, dass sie wissen (sollten?) was eine Alternative ist, aber sich dumm stellen, so, als wüssten sie es nicht.

Denn bei Alternativen geht es, wie bei Mandy und Chantal, um eine Entscheidung für diesen oder jenen Weg, und wäre Mandy die einzige Frau, die auf deiner Robinsoninsel lebt, dann wäre Mandy also „alternativlos“, falls es ums Heiraten geht. Und das stimmt eigentlich auch nicht, denn alternativ könntest du auch allein bleiben. Und jetzt erschrick nicht: Alternativlos ist nur der Tod, und zwar für alle.

Alles andere im Leben ist nicht alternativlos. Und, so sagte Wikipedia:

Alternativlos ist ein politisches Schlagwort in der Bedeutung „keine Alternativlösung zulassend, keine andere Möglichkeit bietend, ohne Alternative.


Womit wir die Schelme (und Schelminnen) eigentlich schon enttarnt haben, die das Wort verwenden: Sie wollen uns suggerieren, dass es sich gar nicht erst lohnt, nach Lösungen eines bestehenden Problems zu suchen, weil sie ja die Lösung längst „alternativlos“ gefunden haben. Das ist zwar nicht die Wahrheit, klingt aber so, als hätte man sich etwas dabei gedacht.

Dabei gibt es immer und überall Alternativen, wenn Probleme gelöst oder Entscheidungen gefällt werden müssen. Entweder, man hat das Problem nicht ausreichend analysiert (was für Deutsche offenbar immer problematisch ist) , oder man befürchtet Schwierigkeiten, wenn man zu einer der gefundenen Alternativen übergeht.

Eigentlich müsste es also heißen: „Ich habe mich so und so aus diesen und jenen Gründen für Mandy entschieden“ … wie bei Mandy und Chantal. Und nicht: Die Entscheidung für Mandy war alternativlos.

Meistens steht ohnehin dahinter: Wer „alternativlos“ sagt, meint „wie könnt ihr Laienwürstchen und ihr dummes Volk überhaupt wagen, die Großartigkeit meines Geistes und meiner Fähigkeiten anzuzweifeln?“ Es ist also elitär. Oder auch:

Das Wort suggeriert sachlich unangemessen, dass es bei einem Entscheidungsprozess von vornherein keine Alternativen und damit auch keine Notwendigkeit der Diskussion und Argumentation gebe.


Nun wird die Sache transparent, nicht wahr? „Alternativlos“ benutzen nur Leute, die uns über ihr Motive im Unklaren lassen wollen. Die anderen erklären, warum sie sich in der einen oder anderen Art entschieden haben.

Zitate aus Wikipedia.