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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Aufatmen über Frankreich

Etwas Aufatmen in der Zeit der Unruhe: Frankreich hat gewählt, und der zukünftige Präsident ist der bisherige Präsident.

Die Presse, auch die Deutsche, hatte viel zu bemeckern - und vergaß dabei ganz offensichtlich, dass mit Frau Le Pen der Rechtsextremismus in Europa „salonfähig“ geworden wäre. Hat man vergessen, wie sehr rechtsgerichtete Parteien Europa bereits geschadet haben? Wie sie versuchen, einen Keil in unser freiheitliches Europa zu treiben? Ein Europa, das nur unter dem Vorzeichen des drohenden Krieges wieder zusammenfindet, aber nicht im Frieden? Und was ist mit dem Vereinigten Königreich? Es wird zwar nichts rechtsextrem, aber es wird extrem konservativ regiert - und es ist aus Europa ausgeschert, um nationalistische Interessen durchzusetzen.

Loben wir also die Franzosen. loben wir Frankreich, und hoffen wir, dass der Spaltpilz, der dort von Rechten ebenso ausgeht wie von Sozialisten, endlich gestoppt werden kann.

Steuern uns die Medien? Können sie das überhaupt?

Kürzlich bekam ich eine dieser Fragen, die absolut ärgerlich sind. Es handelt sich um Behauptungen in Frageform, und diesmal hieß die Frage:

Werden wir von den Medien gesteuert?

Dem Unkundigen mag diese Frage als harmlos erscheinen. Aber sie unterstellt, dass „wir“ (also alle) von „den“ Medien (also ebenfalls allen) gelenkt werden könnten.

Wer sind "wir" und wie "lenken" Medien?

Nehmen wir als „Wir“ nun den aufgeklärten Bürger, Demokraten Liberalen oder auch nur den Menschen mit Medienkompetenz, dann sehen wir, dass diese Frage selbst „steuernd“ in unser Denken eingreift.

Denn wieso sollten „wir“ von „den Medien“ gesteuert werden? Wäre dies der Fall, müssten die Medien ein einheitliches Interesse daran haben, uns zu manipulieren. Das ist im liberalen Staat gar nicht möglich, weil die Informationsmöglichkeiten nahezu unbegrenzt sind.

Welche Medien sind eigentlich gemeint?

Interessanter wäre, von welchen Medien wir uns beeinflussen lassen. Wenn sie es schaffen sollen, uns zu „vereinseitigen“, müssen sie alle ähnlich falschen Fakten oder ähnliche Ansichten vertreten. Aber selbst das würde noch nicht reichen. Es müsste auch noch versucht werden, uns von der Möglichkeit fernzuhalten, die Wahrheit herauszufinden oder die Vielfalt zu genießen. Diktatoren und Despoten wissen sehr gut, wie man das macht – aber hier, in der Freiheit, ist es nicht so leicht.

Sieh mal in den Spiegel und guck, wen du erblickst

Kommen wir mal zur wichtigsten Person. Hast du einen Spiegel? Was dir da entgegenlacht oder griesgrämig anschaut, ist der Herr oder die Herrin deiner Sinne. Falls du dich als Mensch bezeichnest, hast du vermutlich die Fähigkeit, zu denken. Und falls du festgestellt hast, dass dir dies möglich ist, hast du sehr wahrscheinlich auch die Fähigkeit, zu entscheiden.

Und dann?

Dann bleibt die einzige Frage: Lässt du dich von Medien beeinflussen oder steuern? Von welchen Medien? Wie groß ist der Einfluss, den du für dich zulässt?

Es gäbe noch viele Fragen zu klären – aber ich fürchte, dass nur du Einfluss darauf nehmen kannst, wie viele Informationen von welcher Qualität in dich eindringen.

Die Hätten-Journalisten wissen alles besser

Jetzt werden sie wieder wach, die Besserwisser unter den Journalisten. Einige entpuppen sich als Feldherren und wirken in dieser Rolle eher lächerlich.

Andere aber wussten es schon immer: Zum Beispiel, dass Deutschland alles falsch gemacht hat. Töne dieser Art kommen nicht nur aus dem eigenen Land, sondern auch aus der Schweiz, wo man bekanntlich alles richtig macht, weil man stets versucht, wegzugucken, wenn es brenzlig wird.

Was steht hinter den "Man-hätte-Kolumnen?"

Erstens: Unkenntnis (oder jedenfalls Verdrängung) . Das Geschäft mit dem Gas zwischen der damaligen Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion wurde 1970 geschlossen. In Deutschland war Willy Brandt Kanzler, und in der Sowjetunion war Leonid Breschnew Generalsekretär des Zentralkomitees. Ich gebe zu, dies nachgesehen zu haben. Was man da alles anders „hätte“ machen können, liegt also 50 Jahre zurück. Da lagen die meisten der heutigen Heißsporne noch in den Windeln.

Zweitens: Überheblichkeit. Es war und ist unmöglich, politische Änderungen, Abweichungen und Auswüchse über 50 Jahre hinweg vorauszusehen. In der Rückschau ist es einfach - so verdammt einfach, dass wir den Menschen, die dies versuchen, niemals trauen sollten. Rückwärtsprognosen sind etwas für Blender, die ihre Fähigkeiten bei Weitem überschätzen.

Drittens: Kapitalismuskritik. Viele politische Journalisten glauben, Intellektuelle zu sein und sich deshalb links einordnen zu müssen. Und dort, wo sie sich dann befinden, herrscht die Ideologie. Sie sagt: Kapitalismus funktioniert niemals, Handel mit „Fremden“ ist sowieso ganz schlecht. Und sie schreiben, als seien sie selbst von der „kapitalistischen“ Wirtschaftsordnung nicht betroffen.

Der Wunsch

Umsicht, Weitsicht, Einsicht … das wären Eigenschaften guter Kolumnisten. Und ich hoffe inständig, dass es sie noch irgendwo gibt.