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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Gehört der Hass zu Deutschland?

Überall in Deutschland begegnet man jetzt dem Hass auf Fremde. Selbst Menschen, die von sich glauben, ein wenig gebildet zu sein, reden von Subkulturen, die es zu zerschlagen gilt. Und nun kommt das neue Buch, das diesen Hass weiter schüren wird, gleich, ob es nun Hass schüren wollte oder nicht.

Es ist mal wieder Herr Sarazzin, der von sich reden macht. Über ihn schrieb ich 2010:

Meinungsfreiheit zu fordern ist die eine Seite, und dagegenzuhalten, ist eine andere. Bei gewissen Personen der Zeitgeschichte versagen Argumente und Gegenargumente, weil eine Seite bereits in die Ideologie abgeglitten ist – und dagegen sind Argumente bekanntlich machtlos.



Nun hat Herr Sarrazin (und sein neuer Verleger „Finanzbuchverlag“) wieder zugeschlagen – mit einem Machwerk, das „Feindliche Übernahme" betitelt ist. Deutschland ist nach Meinung des Autors weiterhin in Gefahr, und sie wird so langsam bedrohlich – meint Sarazzin. Der Feind ist nach wie vor der Muselmann, und dabei wird heftig an einem eingängigen Feindbild gestrickt. Natürlich ist Herr Sarazzin vorsichtig genug, seinen Hass nicht offenkundig werden zu lassen: Wohlgesetzte Worte verhindern die Absicht, den Islam zu verdammen – und mit ihm all seine Anhänger.

Fragt sich nur noch, warum wir immer Feindbilder brauchen, um uns zu echauffieren. Und warum lassen wir zu, dass gewisse Kreise das Christentum missbrauchen, um beispielsweise „Familienwerte“ durchzusetzen? Warum bekämpfen wir nicht den Radikalismus als Phänomen, der wesentlich mehr Polizisten bindet als die Suche nach möglichen Tätern?

Herr Sarrazin schreibt in einer Weise, in der sich halbwegs intelligente Menschen offenbar angesprochen fühlen: zunächst zurückhaltend, fast analytisch. Es ist so, als würde jemand sagen: „Oh, wissen Sie, ich habe das Alte Testament gelesen – das ist ja nichts als Egoismus, Unzucht, Mord und Totschlag. Und das beweise ich jetzt mal.“

Herr Sarrazin erweist Deutschland einen Bärendienst. Wir haben nämlich schon genug Hass, und es ist unklug, ihn noch zu schüren. Doch wen interessiert eigentlich noch, was klug ist und was unklug? Immerhin verdienen eine Menge Leute daran: der Autor, der Verleger und jeder einzelne Buchhändler.

Ich las das selbstherrliche Vorwort von Herrn S. und einige Artikel in Deutschen Zeitungen, Zum Beispiel in der Süddeutschen.

Gefühle

Neben Gedanken beherrschen vor allem Gefühle unser Leben. Gefühle sind natürlich, und wie alles Natürliche, sind sie innerhalb der Evolution entstanden. Psychologen haben sich ihrer bemächtigt und bezeichnen sie mit vielen Namen. Die Theorie spricht von fünf „Grundgefühlen“, aber in Wahrheit herrscht eine Invasion von Begriffen, die deutlich abstrakter sind, wie etwa das „Selbstwertgefühl.“ Das „Fühlen“ steht allerdings auch dafür, etwas zu befühlen, also sozusagen „sehr realistisch zu fühlen“.

Ein großer Teil unseres Fühlens wird von Neurotransmittern beherrscht. Das sind körpereigene Drogen, die auf Befehl des Gehirns erzeugt werden und weitgehend dafür zuständig sind, dass wir in irgendwelche „Zustände verfallen“, zum Beispiel, sozial zusammenzuhalten oder uns fortzupflanzen.

Denken und fühlen sind keine „Feinde“. Beide Elemente können sich gegenseitig beeinflussen, und vermutlich geschieht dies dauernd. Das heißt, sie können neutral koexistieren, einander „hochschaukeln“, also verstärken oder einander neutralisieren. Verstärken sie einander, so kann dies positive, negative oder gar keine Folgen haben. In den meisten Fällen bemerken wir solche Vorgänge aber intensiv. Wir verfallen dann in Euphorie oder Depression, die sich durch kybernetische Kreise (Auf- oder Abwärtsspiralen) zur Gefahr werden können.

Nahezu alle Schriftsteller haben Schwierigkeiten damit, Gefühle zu beschreiben. Manche retten sich, indem sie schreiben: „Ich bin beschämt, weil ich nicht die Wahrheit gesagt habe.“ Das ist so intelligent wie der Satz „Ich bin pleite, weil ich zu viel Geld ausgegeben habe.“ Andere schreiben: „Ich fühlte mich beschämt“ … was unwillkürlich zu der Frage führt: „Na, und was bedeutet das für dich?“

Auf einen Nenner gebracht: Wir „fühlen keine Gefühle“, sondern wir fühlen, was in uns vorgeht. Wenn wir dies wirklich beschreiben wollen, müssen wir schon viel Mühe aufwenden.

Es wurde beobachtet

Ich öffne mein E-Mail-Postfach und finde einen Satz vor, der mit „es wurde, beobachtet“ beginnt.

Wie beobachtet eigentlich „es“?
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Die Realität

„Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“, fragte der berühmte Paul Watzlawick in einem seiner weniger bekannten Werke. Oder um einen Schritt weiterzugehen: so etwas wie eine „Wirklichkeit“ existiert im zwischenmenschlichen Bereich nicht. Dort gibt es nur Sichtweisen, und wer wissen will, wie „wirklich die Wirklichkeit wirklich“ ist, muss über sie kommunizieren.

Als Beispiel können wir getrost mal die Ehe nehmen. Da kennen Sie sich alle aus, nicht wahr? Und schon geht’s los: Es gibt SEINE Realität, IHRE Realität und eine GEMEINSAME Realität, die nach und nach aus der Kommunikation beider aufgebaut wurde. Wer schon mal das Pech hatte, mit beiden befreundet zu sein, und dies nach einer Scheidung auch bleiben wollte, der weiß: Die gemeinsame Realität ist plötzlich wie vom Erdboden verschwunden, und ganz ander Realitäten treten nun hervor.

Manchmal erleben wir Diskussionen um „die Realität“ – gerade im politischen Bereich ist dies höchst aktuell. AfD-Anhänger sehen plötzlich „alternative“ Realitäten, und sie bezichtigen Journalisten, „die“ Realität nicht korrekt abzubilden. Das passiert jeden Tag vor unseren Nasen. Und dennoch machen wir uns keine Gedanken über die Realität selbst.

Eine der Königsklassen, in die Schriftsteller aufsteigen können, besteht darin, die Realität so mit der Fiktion zu vermischen, dass wir Leser davon fasziniert sind. Da kommen Personen der Zeitgeschichte vor, da stimmen die Stadtpläne, das sagen Menschen Sätze, die man tatsächlich zu diesen Zeiten gehört hat. Das lassen wir mal so stehen, nicht wahr?

Was mich sehr verwundert: Die Menschen, die am wenigsten wissen, was Realitäten sein könnten und wie man sie für sich selbst bewahrheiten kann, reden am meisten davon, was Realitäten sind. Von Links bis Rechts, von der Dummbacke bis zum Universitätsprofessor.

Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Solange wir uns nicht ernsthaft darum bemühen, können wir es nicht wissen.

National

Irgendwie sind gerade alle wuschig. Von rechts kennen wir das ja: Nationalisten von echtem Schrot und Korn, die zwar kaum Ausländer kennen, aber dennoch in jedem „Fremden“ den Feind sehen. Egal, ob seine Hautfarbe braun, gelb oder gar weiß ist. Es reicht, wenn man „irgendwie aussieht, als wäre man nicht von hier.

Und nun die Linken, die mit "Aufstehen" eine neue Masche auffahren. „Wird sind ja so deutsch, wir stolzen deutschen Arbeiter.“ Fehlt nur noch „… und Bauern“. Die Kommunisten werden eben nicht klug – die glauben immer noch, sie hätten einen großen Teil der Arbeiterschaft hinter sich. Gestern noch die „Internationale Solidarität“, heute deutsche Arbeitsplätze schützen. Wie albern.

Rechts? Links? Angeblich hat die „Mitte“ versäumt, „einen deutschen Nationalismus von innen“ aufzubauen. Ach ja? Haben die das? Wie, bitte schön, baut man den „einen Nationalismus von innen“ auf, wenn ein Land zwei Mal am Nationalismus gescheitert ist – und zwar restlos? Mit einer gescheiterten Nationalelf? Mit Kaiser und König, Goethe und Schiller?

Ach, höre ich immer, die Franzosen haben ihn doch, und die Briten … nicht zu vergessen, die Ungarn und Polen, die ständig ihren Nationalismus in den Vordergrund stellen. Na und? Niemand hindert einen Deutschen, zu den positiven Seiten seiner Geburtsstadt, seines Geburtslandes oder gar zu deutschen Bundesrepublik zu stehen. Jeder darf die guten und positiven Eigenschaften Deutschlands ins Ausland tragen. Und wirklich – jeder Deutsche darf sein Land und seine Kultur loben.

Ein neuer Nationalismus, der von innen kommt? Da lachen ja die Hühner.

Oder darf man mal fragen, wie das gehen soll?