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Muttersprachler – arrogant gegenüber Fremden?

Deutsche Muttersprachler können ganz schön arrogant gegenüber Menschen sein, die die deutsche Sprache lernen und damit (noch) Schwierigkeiten haben.

So schreibt der Journalist Christoph Schäfer in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ mit kaum verholener Häme:

Die Integrationskurse sind – freundlich ausgedrückt – nicht sonderlich erfolgreich.


Fragt sich: was ist „erfolgreich“, wenn ein Deutschkurs ein halbes Jahr dauert? Deutsch ist – das wissen Bayern, Sachsen, Schwaben, Badener und noch einige Mundsprachler – eine sehr, sehr schwierige Sprache. Und wer wenig Gelegenheit hat, sie auch im Alltag zu nutzen, für den ist sie noch schwerer zu erlernen.

Also „Erfolg“. Ich habe in einem Artikel für eine andere Gruppierung von Menschen einmal festgestellt, dass „gegen 35 Prozent“ schon ein recht ordentlicher Erfolg ist, wenn man mit etwas beginnt, das zuvor völlig ungewohnt war. Und nun soll es ein „Misserfolg“ sein, wenn „nur“ 48,7 Prozent (gut die Hälfte) das mit recht anspruchsvollen Texten bestückte Zertifikat „B1“ erreichen?

Was ist denn überhaupt „B1“?

Da darf ich mal zitieren:

Ich kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit oder Ähnliches geht. Ich kann vielen Radio- oder Fernsehsendungen über aktuelle Ereignisse und über Themen aus meinem Berufs- oder Interessengebiet die Hauptinformation entnehmen, wenn relativ langsam und deutlich gesprochen wird.


Das Zertifikat entspricht, so lese ich, „sechs Jahren Schulenglisch“. Gut – englisch ist wesentlich leichter zu erlernen als deutsch – zumal für Deutsche.

Und was ist nun „Erfolg“?

Von denjenigen, die überhaupt am Sprachtest teilnahmen, erreichte nicht einmal jeder Zweite (48,7 Prozent) das Kursziel B1.Vier von zehn (40,8 Prozent) kamen lediglich auf das niedrigere Sprachniveau A2.

Ich denke, das ist ein ganz erheblicher, fast bewundernswerter Erfolg. Es ist ungefähr so, als würde Deutsche solche Zertifikate in exotischen Sprachen wie Ungarisch oder Zulu erreichen. Und Deutsche: Bitte immer schön ruhig bleiben, wenn es um die Sprache geht. Und vielleicht könntet ihr Bayern, Sachsen, Schwaben und Badener ja wenigstens versuchen, mit Ausländern verständliches Deutsch zu sprechen.