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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Die Fernsehzeitung und die ultimative Gesundheit

Meine Fernsehzeitung ist – nein, nicht die, von der ich hier schreibe. Sie liegt der „Abonnierten“ bei und finanziert sich über meist ganzseitige Werbeanzeigen. Zu einem Teil wirbt man für Kreuzfahrten und Urlaubsreisen, an denen alle Beteiligten bekanntlich fürstlich verdienen. Die dabei verwendete Masche: Da wird ein Minimum-Preis angeboten, zu dem noch diese oder jene Leistung zugebucht werden muss. Sei es Trinkgeld, Anreise, Saisonzuschlag, spezielle Hotels, Räume oder Kabinen – und dann ist man ganz schnell bei dem anderthalbfachen, doppelten oder gar dreifachen annoncierten Preis.

Sensationelle Arzneimittel aus der Natur?

Zum anderen wirbt man für Arzneimittel, die auf besonderen Formeln basieren, auf die nie zu vor jemand gekommen ist, obwohl sie aus der Natur stammen. Natürlich ist es die Potenz, die den Mann bewegt, während sich Naturstoffe gegen Schwindelanfälle, Gelenkschmerzen, Depressionen, Unwohlsein und Übergewicht so gut wie ausschließlich an die Frau wenden. Dabei geht es selten oder nie um Direktvermarktung, sondern zumeist zählt noch der örtliche Apotheker zu den Gewinnern. Berät er allerdings kundenzentriert, so wird er möglicherweise zu einem Mittel raten, das ähnlich wirkungsreich ist, nur viel weniger kostet. Denn: Man wendet sich bewusst an Rentner, also Menschen, die oft nicht auf Rosen gebettet sind.

Nun versetzt der Glaube bekanntlich Berge – wohl weniger bei der Potenz, als bei den Pülverchen, Wässerchen und Pillen, die das durcheinandergeratene Wohlbefinden wieder glätten sollen. Meist heißt es im „Kleingedruckten“, dass es sich um ein homöopathisches Mittel handelt, und gelegentlich gibt man tatsächlich den Hauptwirkstoff an - manchmal vorsichtshalber auf Latein.

Alles "speziell" entwickelt

Ich stoße auf die Gesichtsrötungen, und gleich darunter dann noch eine Nachbildung der gesunden Darmflora, von der man ja weiß, dass sie höchst komplex ist. Doch in den ganzseitigen Werbeanzeigen, die viele alte Menschen gar nicht von reiner Produktwerbung unterscheiden können, ist alles sehr „speziell“. Speziell entwickelt, spezielle Mikrokulturen – da fiel dem Texter zwar nicht viel ein, aber es sind ja auch Produkte, die „ihresgleichen suchen“. Wer wollte da widerstehen?

Die einzigartigen Stoffe

Und wenn die Haut juckt? Dann braucht man einen „einzigartigen“ Stoff, den „Forscher jetzt entdeckt“ haben. Eine weitere "Sensation" ist eine Schutzkombination gegen die Wirkung der Sonnen auf die Haut. UVA und UVB. Da lesen wir doch mal bei Netdoktor nach: „Sonnenschutzmittel enthalten UVA/UVB-Breitbandfilter, die die UV-Strahlung absorbieren, streuen oder reflektieren.“. Aha. Und warum dann ein bestimmtes Mittel? Weil die Gefahren der UVA-Strahlen jahrelang unterschätz wurden, schreibt der Texter. Ach so, deswegen. Na klar, wer würde schon gerne in die „Sonneschutzfalle“ tappen? Fragt sich nur: welche Sonnenschutzfalle denn bitte? Gute Sonnenschutzmittel gibt’s auch in der Drogerie für gegen (oder unter) fünf Euro pro 100 Milliliter. Das wusste jedenfalls die „Stiftung Warentest“.

Ach, das wäre nicht alles – denn natürlich gibt es euch Mittel gegen Schwindel, Gelenkschmerzen, Depressionen, Harndrang, Impotenz und andere Leiden – alle homöopathisch, und alle „natürlich“. Die genaue Herkunft und Dosierung der Inhaltsstoffe und die Verfahren, mit denen sie gewonnen werden? Na, wer will denn so etwas wissen?

Und so geht s seitenlang … aber ja, zwischendurch erfahren wir auch etwas über die aktuellen Fernsehsendungen. Schönen Tag noch, Senioren.

New Orleans Revival

Die Hot and Blue Jazzband spielt auch mal Fats Waller und Jelly Roll Morton - und die gab's nur im Original
Zu Zeiten des „New Orleans Revivals“ spielten alte Männer so, wie sie glaubten, als junge Männer gespielt zu haben.

Dann spielten junge Männer dies nach - und sie spielten wie alte Männer, die das nachahmten, was sie als junge Männer gespielt hatten.

Die jungen Männer sind nun alte Männer, und sie spielen teilweise noch so, wie sie in der Jugend geglaubt haben, dass junge Männer spielen, die in Wirklichkeit alte Männer waren.

Nicht alle, freilich. Die Herren im Bild spielen auch schon mal Fats Waller oder Jelly Roll Morton – und die gab’s nur im Original.

Ach, Freunde – das ganze „New Orleans Revival“ war eine Mischung aus Werbetricks, Geschichtsklitterung und Sozialromantik.

Aber – schön war es doch. Und - schön ist es noch. Nur dass es nicht die Musik „von damals“ war.

Foto: Gebhard Roese. Band-Webseite (schwer zu finden): hot and blue jazz band.

Übrigens gibt es noch eine Aufnahme des Fernsehens der DDR: