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Dem liberalen Geist eine Stimme geben - das ist sehpferd

Der Klatsch der frühen Jahre

Und erinnerst du dich noch an „N“? Nein, denn erstens ist meine Erinnerung an Namen schwach, wenn ich sie nicht mit Gesichtern verbinden kann, und außerdem – ging mich dieser Name etwas an?

Nein, nicht wirklich.

Doch der ehemalige Schulkamerad will eine Geschichte erzählen – von N., der ihm einst seine Lockensammlung zeigte. Locken? Eine Locke von deinem Haar, wie im Kitschschlager? Ich hörte, dass sich die nämliche Lockensammlung auf einem Stücken Pappe in der Brieftasche des Besagten befand, und dass sie aus roten, blonden und dunklen Schamhaarlocken bestand. Solche Locken gab’s damals selbst bei höchster Aktivität nicht für Geld noch für gute Worte.

Die Sache sollte die Zuhörer – zwei Damen, zwei Herren und mich – offenbar faszinieren oder empören oder so etwas. Tat sie aber nicht. Zu lange her, zu fremd, zu befremdlich. Kein Interesse, keine Empörung – nicht einmal ein Erröten. Allenfalls ein leichtes Lächeln: Ach so etwas taten die Jungs damals? Wann eigentlich? Vor 50 Jahren? Rechnet bitte nicht nach, aber die Sache muss sich in den 1960ern abgespielt haben. Vielleicht gab’s die Locken doch für Geld?

Nicht nur die Wollust, auch das Leid und das Dahinsiechen klingen manchmal durch, wenn sich die älteren Herrschaften treffen. Die einst körperlich eher Schwachen trifft es wie die einstigen Sportskanonen. Es gibt keine Garantiescheine im Leben – auf gar nichts. Dieser erzählt von jenem, der Nächste weiß etwas über einen anderen. Natürlich will man gelegentlich wissen, was aus den „Mädchen und Jungs“ geworden ist. Aber manchmal denke ich, dass es nicht klug ist, Geschichten „über“ andere zu hören. Wir sollten sie von ihnen selbst hören, solange sie noch erzählen können, und von uns, wenn wir sie wirklich vermissen. Ich hoffe sehr, dass niemand über meine lustvollen Facetten spricht und ich würde jemanden dafür hassen, wenn er berichten würde, wie ich leide, falls dies eintreten sollte. Mir ist genau dies bewusst geworden: Mitleid mag hübsch klingen, aber eigentlich gehört das Private nicht in die Öffentlichkeit.

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